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Die drei Musketiere (2011)

Originaltitel: The Three Musketeers__Herstellungsland: USA/Deutschland/Großbritannien/Frankreich__Erscheinungsjahr: 2011__Regie: Paul W.S. Anderson__Darsteller: Logan Lerman, Milla Jovovich, Matthew Macfadyen, Ray Stevenson, Luke Evans, Christoph Waltz, Mads Mikkelsen, Gabriella Wilde, James Corden, Juno Temple, Freddie Fox, Orlando Bloom, Til Schweiger u.a.
Die drei Musketiere

„Die drei Musketiere“ als überdrehtes Actionspektakel von Paul W.S. Anderson, mit Christoph Waltz, Milla Jovovich, Orlando Bloom und Mads Mikkelsen als illustren Schurken

Musketierfilme gibt es viele, anno 2011 versuchte sich Oberflächenfilmer Paul W.S. Anderson („Resident Evil: Retribution“) an dem Dumas-Stoff, produziert von Bernd Eichinger.

Wie die meisten Anderson-Filme ist auch „Die drei Musketiere“ laut, auf den Effekt ausgerichtet und uramerikanisch, selbst wenn es um französische Helden geht. Das amerikanische Kulturverständnis wird in der Auftaktszene nach Italien gebracht, in der die drei Musketiere Athos (Matthew Macfayden), Porthos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) zusammen mit Milady de Winter (Milla Jovovich) als eine Art Ninja-Spezialeinheit Baupläne Leonardo Da Vincis klauen. Wenn dann die Palastwache anrückt, dann sprengt man sich schon mal den Weg zu den Kanälen Venedigs frei und zerstört damit die restlichen Da-Vinci-Schriften, Hauptsache man hat die Pläne. Andrerseits bricht man bei dem Raub einer von Til Schweiger gespielten Figur die Nase, also kann es gar nicht so verkehrt sein.

Als Milady die Musketiere jedoch betäubt, nach England überläuft und die Luftschiff-Baupläne an den Duke von Buckingham (Orlando Bloom) übergibt, da ist die Kacke am Dampfen: Die Musketiergarde wird aufgelöst, das Trio vegetiert dahin, während Kardinal Richelieu (Christoph Waltz) starken Einfluss auf den kindlichen König nimmt. Als dann noch D’Artagnan (Logan Lerman) in die Stadt einreitet und innerhalb kürzester Zeit alle drei Musketiere zum Duell fordert wird klar: Trotz Luftschiffen und Spezialeinsätzen orientiert sich Anderson im Grunde doch an der weltbekannten Romanvorlage.

Also passiert, was auch dort passieren muss: Die drei Musketiere nehmen den Jungspund unter ihre Fittiche und müssen alsbald die Ehre der Königin gegen Intrigen Richelieus verteidigen, der einen Krieg mit England anzetteln will…

httpv://www.youtube.com/watch?v=Ky8wNtLEhj4

Die drei Musketiere

D’Artagnan (Logan Lerman) und die drei Musketiere Athos (Matthew Macfayden), Porthos (Ray Stevenson) und Aramis (Luke Evans) verteidigen sich gegen eine Übermacht

Andersons Krawallspektakel funktionieren mal mehr, mal weniger gut, vielleicht am besten bei seiner enthemmten Testosteron-Orgie „Death Race“, doch hier wäre es wohl besser gewesen die Dumas-Vorgaben über Bord zu schmeißen und kaum mehr als die Figuren zu übernehmen. „Die drei Musketiere“ wirkt wie ein Kompromiss, der zwar ein knalliger Adrenalinflash sein möchte, gleichzeitig aber seltsamerweise der Vorlage gerecht werden will und dabei in keinerlei Hinsicht funktioniert. Denn obwohl die Handlung sich in vielen Zügen an den Roman hält, so sind die Modernisierungen ebenso eklatant wie die Anpassungen an den Mainstream: Nicht jeder Musketier-Film muss sich so frivol geben die Lesters Filme aus den 1970ern, doch hier werden die Adligen beinahe samt und sonders als naive Unschuldslämmer dargestellt.

Besonders ekelhaft ist die Anbiederung an der „Twilight“-Publikum jedoch in der Figur D’Artagnans, der immer aussieht als käme er gerade aus dem nächsten Clearasil-Werbespot angeritten, dessen (vollkommen keusche) Romanze mit Constance (Gabriella Wilde) noch mit ein paar Pseudo-Screwball-Wortgefechten aufgepeppt wird. Dass Take That den Endsong singen, wird einem im deutschen Kino noch vorm Film per Anmoderation aufs Brot geschmiert, dabei betätigt sich Anderson ja meist abseits des Teeniefilms und das merkt auch seinen Musketieren an: Seinem Heroentrio mangelt es an Tiefgang, sieht man von der Athos-Milady-Geschichte ab (die man aber auch schon besser dargestellt gesehen hat), besitzt jedoch prolligen Charme und bei der Bösewichtsgestaltung geht „Die drei Musketiere“ tatsächlich in die Vollen, hat mit Richelieu, Buckingham, Milady und Rochefort (Mads Mikkelsen) ein schillerndes Fieslingsquartett, das teilweise noch gegeneinander intrigiert.

Natürlich fährt Anderson gewohnte Spektakelqualitäten auf, wie bei „Resident Evil: Afterlife““ in 3D, und tatsächlich ist die Bombastaction sauber inszeniert, in ihrer cartoonartigen Überzogenheit mit Luftschiffgefechten (inkl. Einsatz von Kanonen und Flammenwerfern), Martial Arts in Zeitlupe und extravaganten Fechtszenen auf Hausdächern tatsächlich frischer Wind im Mantel-und-Degen-Genre. Natürlich alles jugendfrei und oft mit Hilfe von Kollege Computer inszeniert, aber trotz fehlender Nachhaltigkeit schick anzuschauen.

Die drei Musketiere

Küss die Hand, gnä’ Mann: Milady de Winter (Milla Jovovich) mit Kardinal Richelieu (Christoph Waltz)

Weniger rühmlich dagegen die Geschichte rund um die Actionszenen herum, deren Vorhersehbarkeit man angesichts des Bekanntheitsgrades der Dumas-Vorlage kaum bemängeln möchte. Jedoch fehlt es an wirklichem Interesse an der Geschichte, Intrigen, gebrochene Herzen und politische Ränkespiele werden nie brisant genug dargestellt und die Logik hat auch öfter Kaffeepause, aber letzteres war bei Anderson fast schon zu erwarten. *SPOILER* Dennoch ist es wirklich extrem, wenn Milady nach ihrem Sturz aus dem Luftschiff fast unversehrt aus dem Wasser gefischt wird. *SPOILER ENDE*

Für die Generation „Twilight“ hampeln Logan Lerman („Herz aus Stahl“) und Gabriella Wilde („Endless Love“) dann auch pathetisch wie pseudoemotional durch die Gegend, obwohl zumindest Lerman schon bewiesen hat, dass er mehr drauf hat. Unter den Musketieren fällt vor allem Ray Stevenson („Big Game“) als Charismakopf auf, Matthew Macfayden („Grindhouse“) weiß ebenfalls zu gefallen, während Luke Evans („Dracula Untold“) etwas abfällt. Ultranervig: Freddie Fox („Victor Frankenstein“) als kindlicher König. Christoph Waltz („Spectre“) hingegen schaukelt das Kind mal wieder im Hans-Landa-Modus, Orlando Bloom („Fluch der Karibik“) hat sichtlich Spaß daran mal nicht den ehrenhaften Schönling spielen zu müssen, Mads Mikkelsen („Doctor Strange“) ist goldig als Schurke und auch Milla Jovovich („Survivor“) kann fast mit ihren drei Fieslingskollegen mithalten.

Als kurzweilige Abendunterhaltung zum Abschalten und Besser-Nicht-Hinterfragen ist Andersons Film durchaus geeignet, denn dank genug Krawumm und famoser Schurken macht „Die drei Musketiere“ durchaus Laune. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich vom Dumas-Plot zu trennen und mit den Figuren eine ganz eigene, freie Actionshow aufzuziehen – denn mit dem Kompromiss werden weder die Spektakelfreunde noch die Buchpuristen zufrieden sein, da Anderson keine seiner Zielgruppen so recht zu bedienen weiß.

Constantin Film hat den Film hierzulande auf DVD, Blu-Ray und 3D-Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Die DVD bietet einen Audiokommentar, ein Musikvideo und ein Making Of, die Blu-Ray zusätzlich noch entfallene und erweiterte Szenen.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Constantin Film__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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