Originaltitel: Collide__Herstellungsland: USA/Deutschland/Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Eran Creevy__Produktion: Joel Silver u.a.__Darsteller: Nicholas Hoult, Felicity Jones, Anthony Hopkins, Ben Kingsley, Clemens Schick, Marwan Kenzari, Christian Rubeck, Lindsey Elizabeth, Sandra Steinbach, Joachim Król, Cherin West, Aleksandar Jovanovic u.a. |
Als internationale Co-Produktion zwischen den USA und Deutschland mit einem britischen Regisseur wollte „Collide“, ursprünglich „Autobahn“ betitelt, von der deutschen Filmförderung profitieren, bekam danach aber massive Probleme: Die Insolvenz der Verleihfirma Relativity Media und der anschließende Verkauf der Rechte an „Collide“ sorgte für diverse Verschiebungen und wenig Marketing.
Dafür darf man im Vor- und Abspann die Nennung mehrerer beteiligter Firmen und von noch mehr Produzenten, zu denen auch Actionmogul Joel Silver („The Nice Guys“) gehört, bewundern, ehe der Film mit einem verzweifelten Helden, dem Amerikaner Casey (Nicholas Hoult), startet. Danach spult der Film zurück, zu den Ursprüngen von Caseys Dilemma. Der Autodieb kam nach Deutschland, weil ihm das Pflaster in der Heimat zu heiß wurde. In Köln malocht er als Drogendealer für den türkischen Mittelsmann Geran (Ben Kingsley), aber wendet sich ehrlicher Arbeit zu, als er die ebenfalls aus Amerika stammende Barkeeperin Juliette (Felicity Jones) kennen- und lieben lernt.
Das Pärchen lebt eine ganze Weile glücklich, bis Juliette eines Tages umkippt. Casey bringt sie ins Krankenhaus, wo man ihr eine schwere Nierenerkrankung diagnostiziert, die mit einer Transplantation behandelt werden muss. Da Juliette aber keine Krankenversicherung hat, wäre diese unglaublich teuer, weshalb Casey wieder zu Geran zurückkehrt, gegen den Willen Juliettes. Das kommt Geran sehr gelegen, da er sich mit seinem Boss, dem deutsch-englischen Geschäftsmann Hagen Kahl (Anthony Hopkins), verkracht hat. Casey wird von Geran immer noch als Burt Reynolds bezeichnet, als Hommage an den Star PS-starker Autoactionfilme wie „Ein ausgekochtes Schlitzohr“ und als Teaser auf Kommendes.
Zusammen mit einem Kumpel soll Casey den Laster stehlen, mit dem Kahl das importierte Kokain nach Köln schafft und an Geran liefern. Doch der Plan läuft nicht so ganz rund und bald hat Casey nicht nur Ärger, sondern auch diverse Verfolger am Hals…
httpv://www.youtube.com/watch?v=I2pin78Nef0
Von den Fördergeldern der Film- und Medienstiftung NRW profitierten in den letzten Jahren öfter US-Co-Produktionen wie beispielsweise „Only Lovers Left Alive“ oder „Rush“, doch oft doubelten die Drehorte andere Städte. „Collide“ kann hingegen voll und ganz auf den Regionaleffekt setzen, denn hier suchen sowohl die Filmcrew als auch die Handlung Orte wie Köln und Monschau auf. Das hat, gerade für den Ortskundigen, einige Wiedererkennungseffekte, hin und wieder allerdings auch mit leichter Belustigung verbunden, etwa wenn am Mediatower ein mit CGI angefertigtes Logo von Hagen Kahls Firma erstrahlt, bei einer romantischen Umarmung im Kornfeld ausgerechnet der soziale Brennpunkt der Hochhaussiedlung Kölnberg zu sehen ist oder eine Verfolgungsjagd durch die Innenstadt für eine komplette sinnfreie Einstellung am Kölner Dom (inklusive vorbeifliegendem, mäßig animiertem CGI-Hubschrauber) herhalten darf. Doch unverbrauchten Charme hat, bietet Abwechslung im Actiongenre und zeigt, dass auch deutsche Drehorte abseits von Berlin was hermachen können.
Ebenfalls was her macht auch die Action, für die Hermann Johas Produktionsfirma action concept, deren „Alarm für Cobra 11“ regelmäßig Auszeichnungen bei den Taurus World Stunt Awards einfährt, verantwortlich zeichnet. Neben kurzen Schusswechseln und kleinen Nahkämpfen geht es hier natürlich um Verfolgungsjagden zu Fuß und mit verschiedenen Vehikeln, wobei für Casey fast stets ein schneller Sportwagen bereitsteht. Da erkennt man die Kompetenzen der Firma schnell, denn die dynamisch gefilmten Actionszenen sorgen zwischendrin für Laune und auch der eine oder andere bemerkenswerte Stunt, etwa ein Auto, das sich nach einer Kollision unzählige Male überschlägt, findet sich ebenfalls. Außerdem gibt es eine Szene, in der eine andere Karre auf dem Monschauer Marktplatz in – was sollte es hierzulande auch anderes sein – eine Bratwurstbude kracht.
Obwohl das Drehbuch von Regisseur Eran Creevy („Welcome to the Punch“) und F. Scott Frazier („The Numbers Station“) geschrieben wurde, liegt es dann allerdings auf einem ähnlichen Niveau wie diverse action-concept-Produktionen, die ja abseits der Schauwerte meist merklich hinken. Die simple Handlung von „Collide“ ist da eigentlich kein Stolperstein, dass allerdings zu wenig Action für zu viel fußlahmen Restfilm da ist, dagegen schon. Dazwischen darf man viel Poserei seitens aller Beteiligter beiwohnen und diverse eher konstruierte Spannungsmomente ertragen, in denen Casey sich den Gangster gegenüber sieht und wieder herauskommen muss – in einer Szene mit Hilfe eines Jägers, den ein vollkommen verschenkter Joachim Król („Der bewegte Mann“) in einer Gastrolle gibt.
Die großen Namen sind hier eh die Amerikaner, vor allem die Darsteller der beiden Gangsterbosse. Da wäre zum einen Anthony Hopkins („Solace – Die Vorsehung“), dessen Hagen Kahl in jedem seiner endlosen Monologe Unmengen von Zitate von Shakespeare und Co. unterbringt, dabei aber trotzdem nicht weltgewandt, sondern nur wie ein Schwafelkopf wirkt. Immerhin, Stil und Bedrohlichkeit kann Hopkins noch ansatzweise aufbauen, was man über Ben Kingsley nicht sagen kann. Seit Rollen in Filmen wie „BloodRayne“ und „A Sound of Thunder“ lautet dessen Credo anscheinend eh öfters „Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt es sich recht ungeniert“. Also overactet er hier hemmungslos als dauernd zugedröhnter, paranoider Prollogangster im Turnanzug, weshalb man sich bei seinen Auftritten nie sicher ist, ob man darüber lachen oder sich lieber fremdschämen soll. Nicholas Hoult („Mad Max: Fury Road“) ist als Actionheld okay (und kriegt sogar die im Genre fast schon obligatorische Oberkörper-frei-Szene spendiert), ebenso Felicity Jones („The Amazing Spider-Man 2“) als seine Holde, doch zu Begeisterungsstürmen reißen beide nicht hin. Aleksandar Jovanovic („Schutzengel“) und Clemens Schick („Point Break“) als Henchmen des fiesen Hagen Kahl hingegen können ein paar Akzente setzen.
Das exaltierte Spiel von Hopkins und Kingsley zeigt leider auf, wie oft „Collide“ sich auf das Terrain der unfreiwilligen Komik begibt – die Szene, in der Casey den von lauter Nutten umgebenen Geran auf dem Wohnwagenstrich besucht, spricht da schon Bände. Vielleicht sind es auch Aufnahmen aus Kingsleys Trailer während der Drehpause, wer weiß das so genau. Noch dazu kann Regisseur Eran Creevy auch optisch nicht an seinen vorigen Film, den stilvollen Actionthriller „Welcome to the Punch“, anschließen: Ein paar visuell gelungene Momente (etwa der Rave zu Beginn des Films) gibt es zu bestaunen, der Rest ist eher Hausmannskost, die das Drehbuch abfilmt, dessen Schwächen aber selten zu kaschieren weiß.
Insofern mag „Collide“ als Visitenkarte der Actionverantwortlichen für Hollywood durchaus taugen, denn die gebotenen Verfolgungsjagden und Stunts brauchen sich vor amerikanischer Standardware nicht zu verstecken. Diese allerdings in deutsch co-produzierter Standardware zu verstecken, die durch das Overacting diverser Beteiligter, eher farblose Figuren und krude Dialoge in den Bereich des Unterdurchschnittlichen absinkt, ist allerdings nicht von Vorteil.
Hierzulande wird der Film von Universum/24 Bilder am 4. August 2016 in die deutschen Kinos gebracht.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Universum/24 Bilder__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 4.8.2016 in den deutschen Kinos |