Originaltitel: Replicas__Herstellungsland: Kanada__Erscheinungsjahr: 2012__ Regie: Jeremy Power Regimbal__Darsteller: Selma Blair, Joshua Close, James D’Arcy, Rachel Miner, Quinn Lord, Alex Ferris, Matt Bellefleur, Terence Kelly, Leanne Adachi, Brett Delaney u.a. |

“In their Skin” dreht sich um mehr als konsequente Mietnomaden…
In Zeiten, in denen Filmposter immer generischer werden und sich im Grunde nur aufgrund der abgebildeten Stars unterscheiden, ist man über jedes Poster oder DVD-Cover, das von den bekannten Schemas abweicht, mehr als nur dankbar. „In their Skin“ gehört zu dieser Gruppe von Filmen. Aufgemacht ist das Artwork wie ein Polaroidfoto. Das untere Drittel dominiert eine große weiße Fläche, auf der der Filmtitel prangt. Darüber, weiß eingerahmt, das eigentliche Motiv. Dieses präsentiert auf den ersten flüchtigen Blick eine glückliche Familie. Doch man nimmt sofort wahr, dass mit dem Bild etwas nicht stimmt. Man erkennt weitere Konturen. Als sei das Bild verwackelt. Schaut man genauer hin, scheint es fast, als sei das Foto doppelt belichtet wurden. Denn unter der glücklichen Familie scheint eine weitere glückliche Familie durch. Erstaunlicherweise ähneln sich die jeweiligen Familienmitglieder durchaus. Nimmt man nun noch den Titel „In their Skin“ und den Untertitel „Sie wollen dein Leben“ hinzu, wird mit diesem Motiv eigentlich der gesamte Film bzw. seine Grundidee vollkommen auserzählt. Doch keine Angst, der Film hat noch einiges mehr zu bieten als ein nettes Artwork…
Familie Houston muss einen schrecklichen Verlust verdauen. Die kleine Tochter starb bei einem verheerenden Unfall. Um sich abzulenken, reist die verbliebene Familie in ein familieneigenes Ferienhaus. Doch mit Ruhe und Erholung wird es nichts, denn schon bald tauchen vermeintlich neue Nachbarn auf. Diese laden sich für den kommenden Nachmittag mal eben zum Essen ein. Vollkommen überrumpelt sagen die Houstons zu und schlittern in ein mehr als eigenartiges Aufeinandertreffen. Denn die neuen Nachbarn horchen die Houstons nach Strich und Faden aus. Ahmen sogar Verhaltensweisen und Stimmen der jungen Familie nach! Sie selbst geben allerdings gar nichts von sich preis, reagieren auf Nachfragen sogar eher pampig. Als es zu einem Eklat kommt, verweist Vater Houston die Gäste äußerst schroff des Hauses.
Doch die denken gar nicht daran, zu verschwinden. In der Nacht steigen sie in das Haus der Houstons ein und nehmen die gesamte Familie als Geisel. Es beginnt eine Zeit des puren Nerventerrors…
httpv://www.youtube.com/watch?v=i9QmFwJxUx8
„In their Skin“ bedient sich des durchaus beliebten und immer wieder wirksamen Home-Invasion-Motives. Denn was ist gruseliger, als die Gegenwart des Bösen in der vermeintlich letzten Bastion des Menschen – seiner Wohnung/seinem Haus? Daraus zieht auch „In their Skin“ eine ordentliche Menge an Spannungsmomenten, funktioniert im Vergleich zu vielen aktuellen Vertretern aber eher auf einer psychischen denn auf einer physischen Ebene. Dementsprechend braucht man sich hier keine Folterungen oder einen wild ansteigenden Bodycount erwarten. „In their Skin“ setzt mehr auf die Unberechenbarkeit seiner Übelwichte und die Ohnmacht ihrer Opfer.

Familie Houston erlebt den ultimativen Albtraum…
Das funktioniert vor allem deshalb so gut, weil die wichtigsten Figuren des Filmes (die Erwachsenen) mehr als ordentlich funktionieren und sie durchaus lebensnah und realistisch gezeichnet wirken. Selbst die Bösewichter werden eher subtil in eine bedrohliche Richtung gelenkt. Es braucht eine ganze Weile, bis die Fassade der Freundlichkeit und Normalität in eine psychisch labile und unberechenbare Richtung kippt. Vor allem James D’Arcy („Jupiter Ascending“) macht dabei als Bobby einen Heidenspaß – auf eine beängstigende Art und Weise. Leider fallen Rachel Miner als seine „Frau“ (etwas) und Alex Ferris als sein „Sohn“ (deutlich) ab. Frau Miner bringt zwar einiges an Weirdness in den Film, dennoch hätte „In their Skin“ sie gerne noch mehr durchdrehen lassen dürfen.
Auf der anderen Seite geben Selma Blair und Josh Close der Normalität ein nettes, glattes und zunächst langweiliges Profil. Beide dürfen dann im Terrorteil intensiver aufspielen, was ihnen sehr gut und vor allem einnehmend gelingt. Selma Blair überrascht den geneigten Filmfan im Übrigen mit unvermuteter Freizügigkeit. Keinerlei Überraschungen hält derweil Quinn Lord als ihr Sohn bereit. Der wirkt den ganzen Film über einfach nur komplett überfordert. Wie auch die deutsche Synchronisation. Die erweist sich leider als totaler Atmosphärekiller und erdet das souveräne Spiel der Darsteller, die vollkommen unmotiviert und gelangweilt klingen. Glücklicherweise hat die deutsche VÖ auch den O-Ton und eine deutsche Untertitelspur an Bord.
Auf technischer Seite gibt es keinen Grund zur Klage. Der Film wurde im Nachhinein sichtlich farbkorrigiert. Die verbliebenen kalten Farben lassen ein konstantes Gefühl der Ungemütlichkeit aufkommen. Das Haus der Houstons bleibt der einzige Schauplatz des Filmes und wird dank gelungener Einstellungen und schlau gewählter Perspektiven (Spiegel!) nie langweilig. Der Score bleibt unauffällig im Hintergrund und drängt nur in wenigen Szenen nach vorne. Genau dann geht er aber grandiose Symbiosen mit den Bildern ein und sorgt für ein erstklassiges Terrorgefühl.

Bobby dreht richtig auf…
Leider stellt sich selbiges nicht allzu häufig ein. Denn obwohl der Film eine durchaus gelungene Spannungskurve aufzuweisen hat, fehlt irgendwie immer der letzte Kick. Man vermisst ein paar fiese Jump Scares, etwas mehr Zugkraft (gerne auch in Actionform), Konsequenz und vor allem echte Nägelkau-Momente. Ist die Bedrohung einmal etabliert, wird kaum noch mit ihr gespielt. Im Vergleich ist der Terrorakt auch deutlich kürzer als die teilweise zu lange Hinleitung. Auch der Showdown ist erstaunlich unspektakulär geraten und wird im Eiltempo abgehakt. Dennoch bietet „In their Skin“ spannende, technisch saubere und teilweise grandios gespielte Unterhaltung mit einer netten, wenngleich nicht vollkommen neuen Grundidee im Home-Invasion-Genre: Die Bösewichter haben tatsächlich mal ein echtes Motiv für ihr Tun.
Die deutsche DVD/Blu-ray von „In their Skin“ erscheint von Donau Film am 2. Oktober 2015 auf DVD und Blu-ray und ist mit einer überzogen wirkenden FSK 18 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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