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Lucky Day

Originaltitel: Lucky Day__ Herstellungsland: Frankreich-Kanada__ Erscheinungsjahr: 2019__ Regie: Roger Avary__ Darsteller: Luke Bracey, Crispin Glover, Nina Dobrev, Ella Ryan Quinn, Clé Bennett, Clifton Collins Jr., David Hewlett, Nadia Farès, Tomer Sisley, Mark Dacascos, Roberto Campanella, Gabrielle Graham, Josie Ho, Darrin Baker, Zion Forest Lee, Eric Stoltz, …
Lucky Day

Das französische Postermotiv von “Lucky Day”.

Zum Trailer (in der Originalfassung) geht´s hier!

Bei “Lucky Day” (2019) haben wir es mit einer überzogenen wie brutalen Crime-Komödie von Roger Avary zu tun – also von eben jenem Herrn, der 1995 gemeinsam mit seinem “Video Archives”-Buddy Quentin Tarantino einen “Oscar” für das Drehbuch zu “Pulp Fiction” gewann, nachdem beide zuvor auch schon bei “Reservoir Dogs” kollaboriert hatten. Als Regisseur schuf Avary im Laufe seiner Karriere u.a. die eigenwillige “Frankenstein”-Variante “Mr. Stich” sowie die fabelhafte Bret Easton Ellis Adaption “the Rules of Attraction” – während seine Writing Credits (neben anderen) überdies noch die Vorlagen zu Christophe Gans’ “Silent Hill” und Robert Zemeckis’ “Beowulf” (zusammen mit Neil Gaiman) umfassen. Im September 2009 wurde er wegen eines von ihm verursachten Unfalls zu 12 Monaten Haft verurteilt: Mit über 100 Meilen pro Stunde war er in angetrunkenem Zustand gegen einen Telefonmasten gerast. Ein sich gerade in seinen Flitterwochen befindender Freund von ihm (Andreas Zini) starb dabei – Avary´s Frau Gretchen wurde aus dem Wagen geschleudert und erlitt schwere Verletzungen. Das Skript zu diesem Film hier hatte er dann in seiner Zeit im Gefängnis geschrieben…

Mit dem Streifen hat Avery quasi eine “unkonkrete Fortsetzung” seines 1993er Regie-Debüts “Killing Zoe” geschaffen. Bereits im vergangenen Millennium hatte er angekündigt, dass falls es je ein Sequel zu jener Veröffentlichung geben sollte, sie exakt diesen Titel tragen würde. Damals verkörperte Eric Stoltz den “Safe-Knacker” Zed, der sich in Paris in eine junge Dame namens Zoe (Julie Delpy) verliebte. Im Vorliegenden heißt unser Haupt-Protagonist Red (Luke Bracey) – welcher ein Profi im Öffnen von Tresoren ist, seine jetzige Angetraute Chloe (Nina Dobrev) einst bei einem “Job” in Frankreich kennenlernte sowie von einem Killer gejagt wird, der ihn für den Tod seines Bruders verantwortlich macht. Diverser Ähnlichkeiten zum Trotz, unterscheiden sich die Werke jedoch klar voneinander: So z.B. ist das neuere merklich bunter, humorvoller und unrealistischer. Im sonnigen Los Angeles angesiedelt, entfaltet sich der knapp 95-minütige Verlauf innerhalb eines einzigen Tages, an dessen Morgen sowohl Red nach dem Verbüßen von zwei Jahren frisch aus dem Knast entlassen wird als auch der Psychopath Luc (Crispin Glover) von “Charles de Gaulle” her in der “City of Angels” eintrifft…

Nachdem Red und Chloe ordentlich Sex miteinander gehabt haben sowie er und sein Töchterchen Beatrice (Ella Ryan Quinn) sich allmählich wieder anzunähern beginnen – da seine Abwesenheit sie evident bekümmert hat – wendet sich Chloe den finalen Vorbereitungen für die Eröffnung ihrer ersten bedeutsamen Vernissage zu, bei der sie am Abend eine Auswahl ihrer neusten Kunst-Kreationen präsentiert: Jeweils karge graue Steinmauern mit vereinzelten “Kritzeleien” drauf – von Gefängniszellen-Wänden inspiriert. Obgleich er nicht unbedingt Lust hat, verspricht er ihr, dort pünktlich aufzukreuzen – worauf er im Folgenden zu seinem Kumpel und Ex-Komplizen Leroy (Clé Bennett) hin aufbricht, der für ihn noch seinen Anteil ihrer letzten Beute aufbewahrt: Ein Vermögen in Schuldverschreibungen – von denen weder Chloe noch die Behörden etwas wissen. Ihr Wiedersehen ist ein freudiges: U.a. rauchen sie Zigarren und unterhalten sich über solche Dinge wie ihre Zukunftspläne sowie Chloe´s Ausstellung. Nur kurz wird ihre Laune getrübt – und zwar als Red´s Bewährungshelfer Sanchez (Clifton Collins Jr.) plötzlich vor Ort auftaucht, welcher seine Schützlinge generell wohl ganz gern mal schikaniert…

Red aufzuspüren versuchend, hinterlässt Luc derweil so manche Leiche. Bei ihm handelt es sich um eine schräge “Karikatur” mit einem cartoonish-miesen, unweigerlich an Pepé le Pew erinnernden französischen Akzent – von dem man munkelt, dass er nicht einmal sein echter sei! Er ist ein legendärer, gefürchteter, erbarmungsloser und ziemlich irrer Killer. Auf die Frage am Flughafen, ob der Grund seiner Einreise denn Business oder Pleasure wäre, antwortet er: “A little bit of both. I take pleasure in my business.” Ein paar Minuten später erwischt ihn ein Mann (Zion Forest Lee) im Parkhaus beim Stehlen seines Wagens und bezeichnet ihn als einen Autodieb. “I am not a car thief”, entgegnet Luc echauffiert – wonach er ihm prompt mit seinem “Slim Jim” die Kehle (samt Hipster-Bart) durchschneidet sowie ihn anschließend dann noch zweimal überfährt: “I am much worse!” Bei einem illegalen Waffenhändler (Tomer Sisley) testet er ein ihm angebotenes Gewehr spontan, indem er einem Unschuldigen (einige Blocks entfernt am Straßenrand stehend) in den Kopf schießt – bevor er zusätzlich zu allerlei gewählten Knarren (plus Granaten und C4!) ebenfalls noch die Freundin des Verkäufers (Gabrielle Graham) “mit dazu” verlangt…

Avary´s Art von Humor bei “Lucky Day” ist beileibe nicht sonderlich geschmackvoller oder feinfühliger Natur. Die gerade beschriebe Szene z.B. geht wie folgt weiter: Luc und Sabine treiben es lautstark auf dem Klo – was Jean-Jacques und seine Buddys Louis (Mark Dacascos) und Pierre (Roberto Campanella) eingeschüchtert-angewidert mit anhören müssen. Als er fertig ist, tötet Luc Sabine – da er keine Lust auf das unausweichlich-übliche postkoitale Gerede hat – kommt raus, wirft Jean-Jacques sein benutztes Kondom zu und beleidigt dessen Kumpel, indem er sie abwertend als mit Sicherheit schwul (in anderen, nicht so “neutralen” Worten) tituliert. Viele der Ideen und Gags erzeugen den Eindruck, als wären sie in den Neunzigern entstanden – wobei der Streifen mitunter unverkennbar sexistische, homophobe, misogyne und rassistische Elemente (Dialog-Zeilen und Gegebenheiten) aufweist. Ab und an ertappt man sich beim Schmunzeln – in erster Linie in Anbetracht der Absurdität von irgendetwas – doch wahrhaftige Freude dürfte im Prinzip bloß nur bei denen aufkommen, die sich schon über Namen wie Gavin McAnus oder den Anblick einer Person mit Hitler-Bärtchen amüsieren…

Die einzigen “gewöhnlich” gezeichneten Charaktere sind Chloe, Leroy und Red. Letzterer will seine wiedererlangte Freiheit genießen: Für seine Frau und Tochter da sein sowie Ärger nach Möglichkeit vermeiden – es sei denn, jemand feindet seine Familie an. Von Sanchez wird er inmitten Leroy´s Laden zur Abgabe einer Urin-Probe aufgefordert – an der jener stracks mal eben schnüffelt, als er sie ausgehändigt erhält – Beatrice beharrt darauf, im Beisein ihres Vaters kein Englisch zu sprechen – trotz dessen, dass er nahezu kein Französisch beherrscht – und Chloe ist überaus nervös wegen ihrer Vernissage. Jene findet in der Galerie Derrek Blarneys (David Hewlett) statt – welcher ihr ausgerechnet an exakt dem Tag seine “Begierde” für sie gesteht sowie ihr postwendend damit droht, ihr Leben zu ruinieren, als sie seine Avancen ausschlägt. Er ist ein übergriffiger, seine Macht-Position missbrauchender flamboyanter Typ – und das inklusive eines schwarzen “Cartoon-Moustaches”, den ihm seine Assistentin sorgsam aufmalt und mit dem er auch öffentlich herumläuft. Widerlichkeiten – egal ob Taten oder Eigenschaften – werden dem Publikum hier durch die Bank weg “zur Belustigung” dargereicht…

Den Figuren angepasst, sind die Performances relativ “temperamentvoller” Beschaffenheit – allen voran natürlich die Crispin Glovers als Luc. Bekanntlich ist er gut darin, exzentrische Parts zu spielen – die Sache ist halt nur, dass es inzwischen (nach “Charlie´s Angels”, “Willard”, “the Wizzard of Gore” etc.) zu seinem “Schtick” geworden ist und deshalb nicht mehr unbedingt “frisch” anmutet. Luke Bracey (“Interceptor“), Clé Bennett (“Jigsaw“) und die sympathische Nina Dobrev (“xXx: Return of Xander Cage“) agieren allesamt in Ordnung – können aber leider keine bleibende Impression hinterlassen (was mit dem Skript zuzuschreiben ist). Clifton Collins Jr. (“Running with the Devil“) tritt kompetent in einer Rolle in Erscheinung, welche in der zweiten Hälfte eine unerwartete “andere Seite” von sich preisgibt, als Beatrice hatte ich an der jungen Ella Ryan Quinn (“Abby and the Infinite”) absolut nichts auszusetzen, als ihre mexikanische Nanny stellt die in Marokko geborene Nadia Farès (“On the Line“) ein nettes Maß an Charme sowie auch (Beatrice beschützend) Toughness zur Schau und als Derrek hat David Hewlett (“Nightmare Alley“) zumindest genau das abgeliefert, was Avary von ihm verlangte…

Des Weiteren sind in “Lucky Day” u.a. noch Tomer Sisley (“Don´t look up“), Gabrielle Graham (“Possessor“), Mark Dacascos (“John Wick: Chapter 3“) und Josie Ho (“Exiled“) mit von der Partie. Ein gewichtiges Problem in diesem Bereich ist, dass es den verfassten Persönlichkeiten an “Mehrdimensionalität” sowie den Mimen an einem ähnlichen Charisma wie z.B. das bestimmter derer in “Pulp Fiction” oder “Killing Zoe” mangelt. Regelmäßig erwecken Anspielungen und “Querverbindungen” Gedanken und Erinnerungen – etwa wenn Red Chloe Honeybun nennt, ein Shop mit der Beschilderung “Quentin´s Dupe System” zu erspähen ist oder Leroy´s Antwort auf Red´s Frage, warum er ihn denn nie im Knast besucht hätte, nahezu 1:1 der von Laurence Fishburne´s Jimmy Jump gegenüber Christopher Walken´s Frank White in “King of New York” gleicht. Zudem trägt Chloe dieselbe Frisur wie Uma Thurman damals als Mia Wallace sowie Beatrice die von Natalie Portman in “Léon: The Professional”, hat Avary ja an der Vorlage zu “Crying Freeman” mitgeschrieben sowie “Boogie Boy” mitproduziert (beide mit Dacascos) und kann man Eric Stoltz als “the Voice of Authority” über die Gefängnis-Sprechanlage hören…

Ständig hat man das Gefühl, Avary hätte ein altes Skript aus den ’90ern – also aus der “Hoch-Zeit der Tarantino-Wannabes” – bloß minimal geupdatet. Trotz Ansiedlung in der Gegenwart besitzt bspw. niemand ein modernes Handy – sondern nur Modelle von vor rund zwanzig Jahren – wobei der Festnetz-Apparat in Chloe´s Wohnung vermutlich gar noch älter ist. In Kombination mit der stilisierten Farbgebung, Inszenierungsweise und Kamera-Arbeit Brendan Steacys (“the Last Exorcism, Part 2“) sowie einigen netten Soundtrack-Songs und dem soliden Score Tomandandys – welcher am Anfang zweifelsfrei an ein markantes Stück aus “True Romance” angelehnt wurde (im Übrigen ebenfalls ein Streifen, an dem Avary als “uncredited Writer” beteiligt war) – sind solche Details nicht ohne Reiz – und dennoch vermag all das die Summe der “Misstöne und Unzulänglichkeiten” insgesamt einfach nicht genügend zu kaschieren. Bei den überwiegend auf quirky-schräg und/oder lässig-cool getrimmten Charaktere und Dialoge vermisst man mehrheitlich einen echten “inspirierten Funken” – während die Handlung ziemlich “dünn” geartet ist sowie sich gradlinig von einer Situation zur nächsten auf einen absehbaren Punkt hinzubewegt…

Avary´s im Vorliegenden präsentiertes Faible dafür, Brutalitäten over-the-Top-grotesk-humorvoll darzubieten – á la als Luc einem Mann in einer Bar den Kopf wegschießt und dessen Blut-sprudelnder Körper zuckend und schwankend noch diverse Schritte über die Tanzfläche stolpert; und das zum Klang von Charles Aznavour´s “Les Comédiens” sowie direkt vor einer einsamen, das überhaupt nicht wahrnehmenden Betrunkenen – wirkt sich nur bedingt ersprießlich auf den umfassenden Unterhaltungsgrad aus: Mit Sicherheit polarisierend – je nach Laune sowie des individuellen Geschmacks des Betrachters, würde ich sagen. Schmunzeln musste ich, als Luc ein Lowrider-Jumpcar stiehlt, nicht mit dem Hydraulik-System zurechtkommt sowie im Folgenden (mit einem Rad in der Luft) ziemlich schief geneigt durch die Gegend fährt, bis ihn die Cops deswegen anhalten: Der Anblick war deutlich amüsanter als der “Gag” danach, dass er den wild hüpfenden Wagen kurzerhand dazu einsetzt, einen der Beamten auf eben jenem Wege “plattzumachen”. Es ist diese “boshafte Ader” – gepaart mit fehlender Finesse sowie der Zahl an unsympathischen Figuren – die mich unzufrieden gestimmt, mitunter gar verärgert hat…

Alles läuft auf die Konfrontation zwischen Luc und Red hinaus – erwartungsgemäß samt seiner Liebsten inmitten der Gefahr. Ein Shootout in der Galerie mit vielen Toten führt dazu, dass die schlichten Kunstwerke Chloes plötzlich wie Jackson Pollock Gemälde ausschauen – nur halt mit dem Blut der Anwesenden anstelle von Farbe. Vorher noch zu einem Flop deklariert, finden sie später (nach dem Showdown) so auf einmal reißenden, lukrativen Absatz: “With the blood of your critics!”, frohlockt Derrek, als er Chloe die frohe Kunde überbringt. Avary dagegen hatte (im übertragenen Sinne) kein vergleichbares Glück: Sein Film wurde verrissen (aktuell 9% bei “RT”) und erwirtschaftete weltweit weniger als $223.000 an den Kino-Kassen. Nunja. Und wer sich im Zuge des Ansehens wundert, wie zur Hölle sich Beatrice auf Wunsch unsichtbar zu machen in der Lage ist oder Luc in einer Szene scheinbar jemanden mit seinem (wie zu einer Pistole gehaltenen) Finger erschießen kann, der sollte auf jeden Fall bis zum Ende der Schluss-Credits dranbleiben – denn da wird einem dann noch ein entsprechender “Spekulations-Ansatz” offeriert, welcher das (verknüpft mit einer früheren Aussage Reds) tatsächlich erklären würde…

Fazit: “Lucky Day” hätte durchaus ebenso eine frankophile Mischung aus einem gritty Crime-Flick und einer düster-humorigen Farce wie “Killing Zoe” werden können – doch stattdessen hat sich Roger Avary leider für eine überdrehte Ausrichtung mit eigenwilligem Witz, cartoonishen Widerlingen und comichafter Gewalt entschieden sowie diese obendrein nicht sonderlich “beseelt” ausgestaltet…

gute7 von 10

Hierzulande ist “Lucky Day” auf DVD und BluRay erhältlich.

Stefan SeidlLucky Day

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Lucky Day

 

Copyright der “Lucky Day” Cover-/Postermotive und Pics: Davis-Films / Avary International Pictures / Don Carmody Prod. / Namaste Film Prod. / Téléfilm Canada / FilmNation Ent. / Film & TV House / GEM Ent. / Lionsgate (US)__ Infos zur VÖ: Freigabe: FSK-16__ DVD/BluRay: ja/ja

 

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