Originaltitel: The Virgin Suicides__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1999__Regie: Sofia Coppola__Darsteller: James Woods, Kathleen Turner, Kirsten Dunst, Josh Hartnett, Michael Paré, Scott Glenn, Danny DeVito, A.J. Cook, Hanna Hall, Leslie Hayman, Chelse Swain, Hayden Christensen u.a. |
Als Schauspielerin wurde Sofia Coppola, die Tochter von Francis Ford, scharf kritisiert, begann schließlich jedoch eine Karriere im Regiefach, bei der sie als ersten Kinospielfilm „The Virgin Suicides“ in die Lichtspielhäuser brachte.
Angesiedelt in den 1970ern erzählt „The Virgin Suicides“ die Geschichte der Libson-Schwestern, Therese (Leslie Hayman), Mary (A.J. Cook), Bonnie (Chelse Swain), Lux (Kirsten Dunst) und Cecilia (Hanna Hall), alle jeweils ein Jahr auseinander geboren, die älteste 17, die jüngste 13. Die Eltern, Sara (Kathleen Turner) und Ronald (James Woods), sind streng gläubig und puritanisch, passen auf ihre Töchter wie auf ihre Augäpfel auf. Das macht sie als mehr oder weniger entrückte Wesen umso interessanter für die Nachbarschaftsjungen, von denen einer als Off-Erzähler fungiert.
Als Cecilia einen Selbstmordversuch unternimmt, versuchen die Eltern ihre Erziehungsmethoden zu ändern, offener zu werden. Doch es entwickelt sich eine Dynamik zwischen rebellischen Trieben bei Lux und Repression von Seiten der Eltern, die schlimme Auswirkungen haben wird…
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Die schlimmen Konsequenzen werden, der Filmtitel sagt es bereits und der Erzähler bestätigt dies sehr für, natürlich die Selbstmorde der Schwestern sein. „The Virgin Suicides“ zeichnet einen kurzen Lebens-, aber langen Leidensweg nach, der jedoch daran krankt, dass der Film krampfhaft die Erzählperspektive der Jungen einnehmen will, aus derer die Romanvorlage erzählt ist. Jedoch muss der Film auch das Leben und Schicksal der Schwestern bebildern, auch wenn er die Jungen immer wieder bei der Suche nach Informationen zeigt, sodass er seltsam gespalten bleibt: Die Jungen sind einerseits als Randerscheinungen zu prominent und als Charaktere zu blass, während man andrerseits nie genug über die Mädchen erfährt, von denen gleich drei regelrecht austauschbar erscheinen, eine bald ausscheidet und man so nur Lux als wirklich ausgereifte Figur präsentiert bekommt. Dass die Mädchen als blonde Unschuldsengel angesehen werden und in den Augen ihrer Umwelt kaum Profil gewinnen, eben von der lebenslustigen Regelbrecherin Lux abgesehen, mag durchaus Programm des Films sein, es hilft aber nicht bei der emotionalen Anteilnahme des Zuschauers und genau die braucht ein Drama.
So folgt man dem Treiben eher ernüchtert bis zum von vornherein feststehenden Ausgang, dessen Metaphorik (Stichwort: Baum) manchmal etwas dick aufgetragen ist. Auch das Ende erscheint auf unergiebige Weise ambivalent: Konkret wird „Das Geheimnis ihres Todes“, so der deutsche TV-Titel von „The Virgin Suicides“, nicht aufgeklärt, andrerseits erscheinen die naheliegenden Auflösungen banal, der Selbstmord als einziger Ausweg aus einem repressiven Elternhaus als wahrscheinlichste Interpretation des Suizids.
Immerhin kann Sophia Coppola auf einen Pool talentierter Schauspieler zurückgreifen. Kirsten Dunst („Spider-Man“) sollte kurz nach „The Virgin Suicides“ karrieremäßig so richtig durchstarten und kann als gleichzeitig rebellische wie verletzliche Lux als zentrale Figur den Film tragen. Ganz famos ist James Woods („John Carpenters Vampire“) als ineffektiver Lehrer, der die Probleme seiner Familie weniger versteht als die Feinheiten des Modellflugzeugbaus, dem er sich widmet, während Kathleen Turner („Nurse 3D“) als Giftspritze eine weniger nuancierte Rolle bekommen hat, aber auch diese mit Leben zu füllen weiß. Ganz gut, aber vom Drehbuch unterfordert sind Leslie Hayman, A.J. Cook („Wer – Das Biest in dir“), Chelse Swain („The Mangler 2“) und Hanna Hall („Forrest Gump“) als weitere Lisbon-Schwestern, während in Nebenrollen Danny DeVito („Be Cool“) als Therapeut und Scott Glenn („Extreme Justice“) als Pfarrer pointierte Auftritte haben. Josh Hartnett („Black Hawk Down“) legt eine durchaus facettenreiche Performance als Highschool-Idol Trip Fontaine hin: Einerseits ein humorvoller Organisator, der sich um Lux und ihre Schwestern müht, ihnen einen kurzfristigen Ausbruch verschafft, andrerseits aber auch ein Aufreißer, der durch seinen Egoismus mit Schuld am Schicksal der Lisbon-Schwestern trägt. Wenn Michael Paré („Gone“) den erwachsenen Trip als heruntergekommenen Loser in einem kurz eingeschnittenen Interview-Insert spielt, dann mag das als bissiger Kommentar zu seiner Situation durchgehen: In den 1980ern, zu Zeiten von Werken wie „Straßen in Flammen“, noch als Jungstar und potentieller Star wie Trip Fontaine gehandelt, folgte für Paré irgendwann der Absturz in das Reich der Videoproduktionen.
Die Einführung des jungen Trip zu den Klängen von Hearts „Magic Man“ gehört zu den pointiertesten Szenen des Films, die trotz ihrer Komik überraschend gut funktioniert. Tatsächlich kann Coppola inszenatorisch immer wieder Einiges aus dem Stoff herausholen, den Geist der 1970er, in denen in der US-Gesellschaft Liberales auf Repressives traf, visuell heraufzubeschwören und mit einem eingängigen Soundtrack, vor allem mit Tracks der Band Air, zu versehen. Doch diese kleinen Schlaglichter können eben nicht verhehlen, dass die Regisseurin Sofia Coppola mehr drauf hat als die Drehbuchautorin Sofia Coppola.
Insofern ist „The Virgin Suicides“ toll besetzt und meist ebenso gut gespielt, stimmig in Szene gesetzt, aber durch die fehlende Involvierung des Zuschauers auch etwas enttäuschend: Zu wenig holt Coppola aus dem krassen Stoff, dem Selbstmord mehrerer Teenager heraus, zu sehr lässt sie den Zuschauer außen vor als dass „The Virgin Suicides“ wirklich packen könnte.
Die neueren DVD-Auflagen des Films, sowohl als Single Disc als auch als Special Edition, sind bei Capelight erschienen. Schon die Einzel-DVD ist gut mit Bonusmaterial ausgestattet, nämlich einem Making Of, einer Fotogallerei und Musikvideos; bei der Special Edition ist noch die Romanvorlage als Hörbuch auf der zweiten Disc dabei.
© Nils Bothmann (McClane)
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