| Originaltitel: Appendage__ Herstellungsland: USA__ Erscheinungsjahr: 2021__ Regie: Anna Zlokovic__ Darsteller: Rachel Sennott & Eric Roberts |

Den Kurzfilm kann man sich (in der Originalfassung) hier anschauen!
Bei „Appendage“ handelt es sich um einen humorig-grotesken Horror-Fünfeinhalb-Minüter von Regisseurin und Drehbuch-Autorin Anna Zlokovic, welcher im Oktober 2021 im Rahmen der „20th Digital Studio“-Anthology-Serie „Bite Size Halloween“ bei dem US-Streaming-Dienst „Hulu“ debütierte – und zwar als Episode eins der zweiten Staffel – bevor der mit Rachel Sennott und Eric Roberts in den Hauptrollen aufwartende Short im Folgenden ebenfalls u.a. noch auf dem 2022er „Sundance Film Festival“ gescreent wurde…
Nervös betritt Ella – ihres Zeichens Protegé und Assistentin des erfahrenen Kreativ-Direktors Cristeàn – das Atelier ihres Chefs, um ihm den Entwurf eines Kleidchens für seine nächste Mode-Kollektion zu zeigen. Sie weiß, dass seine Ansprüche hoch sind – daher ihre Unsicherheit. Und tatsächlich sieht er in dem Design prompt Ähnlichkeiten mit Werken der Konkurrenz aus der vergangenen Season – weshalb er sie dazu auffordert, erneut zu Werke zu gehen und ihm morgen doch bitte Originelleres zu präsentieren…
Bereits vor dem Gespräch hatte ihr Magen unangenehm rumort und war eine merkwürdige Schwellung an ihrer Seite erkennbar gewesen – danach sogar ein Blutfleck im Stoff an jener Stelle. Als sie bis tief in die nächste Nacht hinein dann versucht, auf eine frische Idee zu kommen, setzen diese Symptome irgendwann erneut ein: Dieses Mal allerdings noch heftiger sowie mit der „Beule“ an ihrer Flanke stark anwachsend. Was sie daraufhin (beim Nachschauen) erblickt, resultiert bei ihr sogleich in Würgreiz und Bestürzung…
Aus ihr heraus – weiterhin mit ihr verbunden – hat sich der Oberkörper eines kleinen, deformiert-menschenähnlichen Geschöpfs gebildet – samt Kopf/Gesicht sowie Ärmchen mit jeweils vier Fingern – welches obendrein stracks zu reden anfängt! Es wiederholt Cristeàn’s Vorhaltungen, verspottet ihre „Inspirations-Blockade“ und gibt ihr zu verstehen, dass der Grund dafür, dass ihre Freundin sich nicht mehr bei ihr meldet, der wäre, dass jene sie nicht ausstehen können würde: „It’s called Ghosting, Bitch!“
In „Appendage“ geht es um Ella’s Selbstzweifel sowie innere Anspannung und Unruhe. Unter einem flauen Gefühl leidend, flüstert sie sich eingangs leise Mut zu – nur um wenig später – eines geglückten (oberflächlichen) Zusammenreißens sowie beschwingten Vortrags-Starts zum Trotz – von Cristeàn negatives Feedback zu bekommen. Seinen Standard und Zuspruch zu erreichen, ist generell schwierig – doch gesteht er ihr zumindest eine neue Chance zu, um ihm ihr Talent auf diesem Gebiet zu beweisen…
Diese 24-Stunden-Deadline erhöht den Druck auf sie allerdings nur noch zusätzlich – und im Einklang damit entwickelt sich auch ihr „Anhängsel“ zu etwas, das ihr postwendend exakt diese Dinge vorzuwerfen beginnt. Aussagen wie „You’re a Failure and no one will ever love you!“ oder „Quit your Job. Lose your Friends. Throw your stupid Blanket in the Bin – and then kill yourself!” raushauend, konfrontiert es sie unflätig-direkt mit ihren Sorgen, welche sie bis dato bloß innerlich beschäftigten und beeinflussten…
Ob diese Anxiety-Manifestation nun tatsächlich real existiert, oder ob Ella sie sich einfach nur einbildet, ist im Vorliegenden zweitrangig. Die Kreatur an sich wurde spaßig-trashy gestaltet: Mit einem nicht sonderlich hohen Budget gesegnet, ging man die practical-Route und schuf ein bizarres Wesen, das mich von seinem Gesicht (Augen und Mund) her leicht an Jabba the Hut aus „Star Wars“ denken ließ – sowie darüber hinaus an eine Kreuzung aus Belial (der „Basket Case“-Flicks) und Kuato aus dem 1990er „Total Recall“…
Mag sein, dass manchen das so nicht zusagt – wobei ich selbst gestehen muss, dass ich mich ebenfalls erst im Zuge eines Rewatchs besser damit anzufreunden vermochte, da ich ursprünglich ernsteres erwartet hatte – doch ist der Humor keineswegs unfreiwilliger Natur und trägt das alles mit zu einem netten cheesy B-Movie-Vibe bei; genauso wie eine kleine sich-in-der-Wohnung-belauern-und-bekämpfen-Phase, nachdem sich Ella diesen bissig-fiesen „Fortsatz“ kurzerhand mit einem Messer vom Körper schneidet…
Auf seine individuelle Weise erzählt „Appendage“ eine solide Geschichte über menschliche Unsicherheiten und wie sich solche belastenden Gedanken auf den Seelenzustand auswirken – nur dass das hier abgedreht über eine entsprechende „Stimme im Kopf“ hinausreicht. Man muss sich diesen Empfindungen widmen, ehe sie einen vereinnahmen – darf sich nicht unterkriegen lassen; muss an seinem Selbstvertrauen arbeiten. Meist ist es (so wie bei Ella) jedoch nicht möglich, sich dem schnell und simpel zu entledigen…
Häufig ist es notwendig, eigenständig entschlossen aktiv zu werden – es als Herausforderung anzusehen, damit umzugehen lernen sowie daraus persönliche Stärke zu generieren – denn niemand wird von derartigen Situationen verschont. Dies veranschaulicht die finale Szene schön treffend. Nicht jeder kommt mit dem Stress gewisser Sachlagen oder Berufe zurecht – doch an Talent mangelt es Ella nicht. Für ihre Karriere und zum Wohle ihrer Psyche muss sie halt bloß nur das überwinden, was sie hemmt bzw. zurückhält…
Mit „Shiva Baby“ zuvor zwar schon erschienen, „Bodies Bodies Bodies“, „Bottoms“ und Co. allerdings noch nicht, war Rachel Sennott damals noch nicht der Star, der sie heute ist. Ihren Part meistert sie gewohnt prima – die emotionale Verfassung und den Character-Arc ihrer Figur transportiert sie glaubwürdig. Gut aufgelegt tritt derweil auch Eric Roberts („Final Analysis“) als sarkastischer, Ella aber nicht irgendwie furchtbar behandelnder Mode-Schöpfer in Erscheinung – Brille, Rolli und auffälliger Ohrring inklusive…
Von Anna Zlokovic’s („V/H/S Halloween: Coochie Coochie Coo“) Regie, Powell Robinson’s („the Red Mask“) Kamera-Führung und Nick Chuba’s (TV’s „Dr. Death“) Score her ragt dieser Short nicht wirklich aus der Masse ähnlicher Werke heraus. Hinsichtlich Suspense und Atmosphäre hätte ich mir einen Zacken mehr erhofft – allerdings ist das Sound-Design definitiv positiv zu erwähnen; speziell anfangs bei den Merkmalen von Ella’s Nervosität sowie im Rahmen einer Szene im Zusammenhang mit einer Klo-Spülung…
Alles in allem ist „Appendage“ ein passabler Kurzfilm, der sich im Bereich seiner grotesken Body-Horror-Komponente nicht gerade ernst nimmt – dabei aber trotzdem eine löbliche Botschaft rüberbringt sowie zwei ansprechende Leads Schrägstrich Performances zu bieten hat. Seiner Veröffentlichung folgend, erhielt Zlokovic sogar rasch die Gelegenheit, die Materie auf rund 90 Minuten Lauflänge zu erweitern – worauf jener Streifen dann schließlich auf dem 2023er „SXSW“-Festival seine Premiere feierte…
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Stefan Seidl

(© 20th Digital Studio & Hulu)
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| Copyright des „Appendage“ Postermotivs und der Screenshots: 20th Digital Studio / Capture / Neon Pig / Hulu__ Freigabe: Not Rated__ DVD/BluRay: nein/nein |







