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Stephen Kings „Menschenjagd“ versus Schwarzeneggers „Running Man“

Stephen King schrieb als Richard Bachmann "Menschenjagd"

Ursprünglich schrieb Stephen King „Menschenjagd“ unter seinem Pseudonym Richard Bachmann. Copyright: Heyne Verlag

Stephen King veröffentlichte 1982 unter seinem Pseudonym Richard Bachmann den Roman „The Running Man“. Es war das vierte Buch, das Stephen King unter dem Pseudonym geschrieben hatte. Und er hatte zum Verfassen des Thrillers gerade einmal eine Woche gebraucht! Nachdem kurz nach der Veröffentlichung von Bachmanns fünftem Roman („Thinner“, 1984) die wahre Identität des Autors enthüllt wurde, veröffentlichte man „The Running Man“ auch in unseren Breiten. Dann unter dem deutschen Titel „Menschenjagd“ und mit dem zugkräftigeren Stephen-King-Credit.

Einen enormen Bekanntheitsschub erhielt das Werk, als der damalige Superstar Arnold Schwarzenegger bekanntgab, in der Verfilmung zum Buch mitzuspielen. Der 1987 veröffentlichte „Running Man“ ist jedoch eine Interpretation, die mit der Vorlage kaum mehr als den Titel gemein hat. Wir stellen euch das Buch vor und beleuchten, welche Elemente aus dem Buch es in den Menschenjagd-Klassiker geschafft haben.

Menschenjagd in einem dystopischen Amerika

2025 ist Amerika komplett am Ende. Arbeitslosigkeit und Armut halten das Land im eisernen Griff. Ben Richards ist einer der richtig armen Schlucker. Seine kleine Tochter ist schwer erkrankt und er kann sich nicht einmal die nötigsten Medikamente leisten. Doch Richards sieht für sich einen Ausweg.

Um die Massen ruhig zu halten, sind in dem zukünftigen Amerika Drogen leicht zugänglich und die Massenmedien lullen die Menschen ein. In zynischen Spielshows riskieren Menschen für die Aussicht auf etwas Glück alles. Andere wollen an ihrem Glück partizipieren und wetten auf sie. Präsentiert wird all das im Free-Vee (Amazon, anyone???), einem allgegenwärtigen Network.

Hier wird Ben Richards vorstellig, um als Teil einer der Shows genug Geld für die Behandlung seiner Tochter zu verdienen. Das läuft weitaus besser als gedacht und Ben wird auserkoren, in der erfolgreichsten, höchst dotierten und tödlichsten Show mitzuwirken: Der Menschenjagd. Er erhalte für jede Stunde, die er in Freiheit zubringe, eine Entlohnung. Überlebt er das „Spiel“ 30 Tage, winken eine Milliarde Neudollar.

Ben nimmt an der Show teil und er zeigt den Verantwortlichen auf, wie weit ein verzweifelter Mann zu gehen bereit ist.

Stephen Kings „Menschenjagd“ ist ein echter Page-Turner

Der Roman von Stephen King umfasst gerade einmal knapp 400 Seiten. Diese sind auf unglaubliche 100 Kapitel verteilt. Infolgedessen haben die kürzesten Kapitel eine halbe Seite Text, die längsten erstrecken sich über maximal acht Seiten. Dabei sind die Kapitel durchgehend auf das Wesentliche eingedampft. Ein ultrakurzer Hauptsatz reiht sich an den nächsten. Die Folge ist das Gefühl, förmlich durch die Story zu rasen. „Menschenjagd“ hat keine Seite, keine Zeile zu viel auf den Rippen.

Entsprechend flott snackt man den Roman weg. Das gilt sogar für die einleitenden knapp 100 Seiten, die eigentlich nur die Vorbereitung auf die große Spielshow umschreiben. Doch selbst wie Ben Richards sich durch die Checks vor der Spielshow schraubt, ist extrem rasant und vor allem spannend. Nebenbei erlaubt King Einblicke in seinen Zukunftsentwurf. Eindrücklich beschreibt er die ärmlichen Verhältnisse, in denen der Großteil der Amerikaner 2025 lebt.

Hier blitzt auch immer wieder Sozialkritik durch. Es ist das alte Thema von der Schere zwischen Arm und Reich, die immer weiter aufgeht. Doch auch die Massenmedien bekommen viel Kritik ab. Vor allem deren Möglichkeiten zur Manipulation und zur Lenkung der Massen. Dabei kommen sämtliche Formen der Kritik wenig subtil daher. Wie die eigentliche Story um die Menschenjagd wird sie frontal und mit Schmackes gereicht.

Läuft dann die Menschenjagd, kann man den Roman nicht mehr aus der Hand legen. Stephen King generiert immer wieder hübsche Cliffhanger, die großartig funktionieren. Ein interessanter Clou ist der zu Beginn extrem unsympathisch und direkt gezeichnete Ben Richards, bei dem man jedoch schnell merkt, dass er sich aus ganz bestimmten Gründen genauso gibt. Zwar wird er im Laufe der Jagd etwas nahbarer, aber er darf seine Ecken und Kanten behalten. Wird nicht zum Schmuse-Hero. Und er erlebt im Verlauf der Story ein paar herbe Rückschläge.

Kurz vorm Showdown gibt es einige nette Wendungen, die für weitere Spannung sorgen und in ein absolut befriedigendes Finale münden. Ein Happy End im eigentlichen Sinne bekommt man allerdings nicht. Eher eines, dass zum fiesen Grundton des Buches wie Arsch auf Eimer passt.

Der Roman wird zum Film

Running Man Mediabook Cover

Arnold Schwarzenegger war nie Fan von „Running Man“. Copyright: Capelight Pictures

In seiner Autobiografie „Total Recall – Die wahre Geschichte meines Lebens“ bezeichnet Arnold Schwarzenegger das Konzept hinter seinem Actioner „Running Man“ als ausgezeichnet. Mit dem Film selbst ist er aber wenig zufrieden. Seiner Meinung nach wurde die Abwärtsspirale eingeleitet, als man den als Regisseur vorgesehenen Andrew Davis („Alarmstufe Rot“), der sich tiefgehend mit der Vorlage Kings auseinandergesetzt habe, nach einer Woche Dreharbeiten geschasst und durch den Fernseh-Regisseur Paul Michael Glaser ersetzt habe.

Der sei schlichtweg verfügbar gewesen, sei den Film aus Gewohnheit wie einen Fernsehfilm angegangen und habe dann mehr oder weniger das gedreht, was ihm aufgetragen wurde. Entsprechend sei Glaser nie in die Vorlage eingetaucht, habe die tieferen Nuancen nie gehoben und am Ende stand der Film, den wir heute kennen.

Kings „The Running Man“ ist nicht Schwarzeneggers „Running Man“

Wie einleitend angedeutet, haben Roman und Film nicht viel gemeinsam. Das grundlegende Konzept um eine Menschenjagd und ein paar Namen stimmen überein. Das Setting um ein verarmtes, von den Massenmedien kontrolliertes Land findet sich in Roman und Film. Und die Idee von menschenverachtenden Spielshows zur Belustigung der Massen, denen das Leben anderer Menschen längst scheißegal ist, ist beiden Werken inhärent. Damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon.

Es gibt keine Röhrensysteme durch die man mit Raketenschlitten in die Spielarena rast, keinen superfiesen, omnipräsenten Spielleiter, keine ikonisch überdrehten, kunterbunten Jäger im Auftrag der Show, keine Sidekicks für den Helden und erst recht keine manipulierte, ehrenhafte Vergangenheit für den strahlenden Helden Ben Richards. Auch der Brutalitätsgrad im Film findet im Buch keinerlei Entsprechung.

Der wesentlichste Unterschied: Während im Film eine Spielarena für die Menschenjagd der Show „Running Man“ herhalten muss, wird die Jagd im Roman auf ganz Amerika ausgeweitet. Während die Beschränkung auf die Filmarena für den Film durchaus Sinn macht und ihm beim Verdichten hilft, sorgt die Ausweitung auf ganz Amerika im Roman für viel Spannung.

Denn freilich hat Ben Richards keine Ahnung, wem er vertrauen kann. Jeder, der ihn im Roman verpfeift, erhält Kohle. Wer ihn ermordet, erst recht. Wer ihm hilft, gefährdet im Umkehrschluss gar sein eigenes Leben. Entsprechend finden einige hilfsbereite Figuren im Roman den Tod, weil sie Richards Unterschlupf gewährten oder ihm neue Ausweispapiere besorgten.

Und als Jäger fungiert landesweit die ganz normale Polizei, die Ben Richards wie einen Schwerverbrecher jagt. Der Roman führt nur einen Jäger Richards etwas ausführlicher ein, der hat aber mit Dynamo und Fireball aus dem Film wirklich gar nichts gemeinsam. Ist stattdessen vermutlich selbst mal Gejagter gewesen und nutzt sein Wissen aus dieser Jagd, um andere Gejagte zu stellen.

Und wie in der Inhaltsangabe angedeutet, ist auch der dargestellte Zeitraum in Roman und Verfilmung vollkommen unterschiedlich. Während Schwarzeneggers Werk innerhalb einer Zeitspanne stattfindet, die einer üblichen Familienshow im TV entspricht, zieht sich die Jagd im Roman über Tage hin. Was rund um Richards passiert, wird nicht live verfolgt, sondern in kleinen Häppchen in Nachrichtenshows und so weiter präsentiert. Dazu sendet Richards sogar selbst gedrehte Schnippsel aus dem Alltag seiner Flucht an das Network. Würde er das nicht tun, würde er kein Geld erhalten.

Eine neue Verfilmung

Als zuletzt angekündigt wurde, dass Edgar Wright („Baby Driver“) einen neuen „Running Man“-Film plane, konnte man durchaus hellhörig werden. Denn, wie auch der erste Trailer zur Neuinterpretation andeutet, wird sich Wright deutlich mehr an die Romanvorlage halten. Entsprechend sollte ein komplett anderer Film herauskommen und ganz sicher nicht nur eine saft- und kraftlose Neuverwurstung des Schwarzenegger-Spaßes.

„Menschenjagd“ oder „Running Man“? Beides!

Ich bin ein großer Fan von Schwarzeneggers „Running Man“ und kann mir den Menschenjagd-Streifen immer und immer wieder anschauen. Ich liebe die zynische Story, den Gewaltgrad, die Oneliner, das Tempo – einfach alles. Nach dem späten Genuss des komplett anders aufgezogenen Romanes von Stephen King blieb zumindest bei mir kein Gefühl von „das Buch ist besser oder schlechter“, sondern es war da eher das Gefühl, dass das Buch auf seine ganz eigene Weise genauso stark ist wie der Film! Entsprechend kann ich sowohl den Film als auch den Roman einfach nur rundweg empfehlen.

Es wird sicherlich spannend, zu sehen, wie der neue „Running Man“-Film in einem Vergleich abschneiden wird. Denn der wird sich viel mehr an dem Buch messen lassen müssen. Und geht man nach dem Trailer, wird etwa Glenn Powells Interpretation von Ben Richards sichtlich von der Vorlage abweichen.

Informationen zur Veröffentlichung des Romans „Menschenjagd“

Menschenjagd – Running Man
Autor: Stephen King, Übersetzung: Nora Jensen, Jochen Stremmel
Verlag: Heyne Verlag; Leseprobe
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 384 Seiten
ISBN-13: 978-3453435803

Den Roman hier bestellen

In diesem Sinne:
freeman

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