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Escape Room (2019)

Originaltitel: Escape Room__Herstellungsland: USA/Südafrika__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Adam Robitel__Darsteller: Taylor Russell, Logan Miller, Jay Ellis, Tyler Labine, Deborah Ann Woll, Nik Dodani, Yorick van Wageningen u.a.
Escape Room

In dem Horrorthriller „Escape Room“ müssen sechs Fremde um ihr Leben spielen

Dass das Phänomen Escape Room früher oder später die Filmwelt erreichen würde, war nur eine Frage der Zeit, dass sich das Horrorgenre dafür anbot, war ebenso offensichtlich. Nachdem 2017 gleich zwei Low-Budget-Schocker mit dem Titel „Escape Room“ für den Videomarkt erschienen, machte Adam Robitel („Insidious: The Last Key“) das Ganze unter dem gleichen Namen 2019 kinoreif.

Nach einer Auftaktschockerszene in einem tödlichen Escape Room, deren Bedeutung sich erst später erschließt, führt der Horrorthriller seine Hauptfiguren ein, zumindest drei davon. Zoey Davis (Taylor Russell) ist eine etwas verschlossene, aber hochintelligente Studentin, Ben Miller (Logan Miller) ist ein Versager in einem Niedriglohnjob, Jason Walker (Jay Ellis) ist ein energischer Macher in einem Konzern. Es hilft beim Einfühlen in die Charaktere, etabliert allerdings auch schon direkt eine Wichtigkeit innerhalb der Gruppe, denn nur diese drei sieht man in ihrem Alltag, in dem sie eine mysteriöse Puzzlebox erhalten. Wer das Rätsel löst, erhält eine Einladung zu einem exklusiven Escape Room der Firma Minos.

Vor Ort treffen die drei aufeinander und auf drei weitere Mitspieler: Den vom Leben gezeichneten Ex-Trucker Mike Noll (Tyler Labine), die Veteranin Amanda Harper (Deborah Ann Woll) und den hibbeligen Nerd Danny Khan (Nik Dodani). Die sechs Fremden müssen sich durch die Räume rätseln, die sich als potentiell mörderisch erweisen…

Schaut euch den Trailer zu „Escape Room“ an

Das offensichtliche Vorbild bzw. der offensichtliche Verwandte von „Escape Room“ ist natürlich „Saw“ mit seinem ähnlichen Todesfallenkonzept. Hier geht es nicht um den Fallenerschaffer als moralische Instanz, vielmehr handelt es sich bei Minos am Ende des Tages um eine jener Raubtierkapitalismusfirmen, die perverses Underground-Entertainment für ein dekadentes, zahlendes Publikum an den Bildschirmen bieten – im B-Actionfilm veranstalten deren Pendants ja gerne mal Menschenjagden oder Gladiatorenkämpfe. Immerhin ist es so etwas glaubwürdiger, was hier an riesigen Todesmaschinen zusammengebaut wurde, im Gegensatz zu manchen späteren „Saw“-Teilen. Die sechs Überlebenskämpfer verbindet hier dann noch ein kleines Geheimnis, das letzten Endes zwar ein netter Überraschungseffekt ist, aber wenig zum eigentlichen Plot beiträgt. Auch über Minos erfährt man nicht viel, das vertagt „Escape Room“ dann auf Fortsetzungen, die in den letzten Filmminuten dann auch überdeutlich angeteasert werden. Auch da haben Regisseur Robitel und seine Drehbuchautoren Bragi F. Schut („Samaritan“) und Maria Melnik („American Gods“) sich was von „Saw“ abgeschaut, der es ja auf zahlreiche Fortsetzungen brachte, wenngleich nicht im ersten Teil darauf anlegte.

Escape Room

Zoey Davis (Taylor Russell) ist schüchtern, aber ein Schlaukopf

Auch in einem positiven Sinne haben die „Escape Room“-Macher von den formelhaften „Saw“-Sequels gelernt. Auch dort mussten oft Zwangsgemeinschaften einen Parcours der Todesfallen überstehen (z.B. kurz vor „Escape Room“ in „Jigsaw“), wobei meist immer genau eine Person pro Raum draufging, um den besagten Mechanismus in Action zu präsentieren. Bei „Escape Room“ gibt es dagegen Räume, in denen niemand stirbt, aber auch Räume, in denen gleich mehrere Personen aus dem Spiel genommen werden, was das Ganze wieder etwas interessanter macht. Bei der Reihenfolge des Ablebens gibt es kleine Überraschungen, wenngleich einige Figuren deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten und somit deutlich eher als Überlebende in Frage kommen als andere. Immerhin sind die Sympathien nicht ganz eindeutig verteilt, es gibt nicht nur entbehrliche Arschkrampen, hilflose Opfer und gutherzige Survivor-Typen, denn die Figuren liegen meist dazwischen. Der eine oder andere zeigt im Überlebenskampf erst sein wahres Gesicht, was die Gruppendynamik deutlich spannender macht als in vielen ähnlich gelagerten Filmen.

Dazu trägt auch der Cast bei, in dem man zwar das eine oder andere bekannte Gesicht, aber keine klaren Stars findet, was das Zehn-kleine-Jägermeister-Spiel etwas spannender gestaltet. Mit Deborah Ann Woll aus der „Daredevil“-Serie und Tyler Labine („Planet der Affen: Prevolution“) sind die bekannteren Gesichter sogar in den Rollen zu finden, die nicht direkt als mögliche Hauptfiguren anzunehmen sind. Alle sechs Hauptdarsteller legen sich gut ins Zeug, wobei gerade das Trio vom Anfang seinen Figuren mehrere Facetten abgewinnt: Taylor Russell („Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie“) gibt Zoey nicht einfach nur als verhuschte Maus, Jay Ellis („Top Gun: Maverick“) zeigt die Risse in Jasons Businessman-Fassade und Logan Miller („Night Moves“) legt nach und nach die Gründe für Bens aneckendes Verhalten offen. Vielleicht hätten ein paar der entfallenen Szenen, die man auf der DVD findet, hier sogar noch drin bleiben können, da sie nicht zu lang sind, vor allem Ben und Jason aber noch mehr Tiefe geben.

Escape Room

Zu sechst müssen die Fremden sich aus Räumen voller Todesfallen rätseln

Der größte Star ist freilich das Produktionsdesign, denn die Szenenbildner und Setgestalter legen hier eine wahrhaft kreative Leistung vor. Zu den Highlights gehört sicherlich die auf dem Kopf stehende Billardbar, deren Boden bzw. Decke (je nachdem, wie man es definiert) wegbricht, aber auch der hitzige Auftaktraum hat es in sich. Das riesige Hochhaus bietet Platz für einige coole Räume, etwa eine Schneelandschaft im Inneren, auch wenn die Zimmer im Schlussakkord etwas stiefmütterlich behandelt werden (etwa der OP-Raum oder das Drogenrauschzimmer). Manches davon sorgt für kleinere Actioneinlage, einiges für dezente Härten, aber angesichts des PG-13-Ratings in den USA aber nicht allzu derbe ausfallen. Kreativ sind die Todesfallen dennoch, die Anbindung an die Charaktere und deren Hintergrundgeschichten ist ein netter Bonus – und die einzelnen Räume sind bei einem Film mit diesem Titel ja auch das, was am meisten interessiert.

Den Surivalhorror mag „Escape Room“ nicht neu erfinden, dafür ist die Inspiration durch „Saw“ doch ein wenig zu deutlich zu sehen, aber der Crew um Adam Robitel ist ein kurzweiliger Horrorthriller gelungen, der sogar besser als die meisten „Saw“-Sequels ist. Das Raumdesign ist kreativ, die Figuren im Genrekontext recht gut geschrieben und das formelhafte Ein-Opfer-pro-Raum-Schema wird auch vermieden. Einige Figuren sind vielleicht etwas zu deutlich als Hauptcharaktere gekennzeichnet, aber dafür hat die Angelegenheit erfreulich Tempo und ein starkes Produktionsdesign, was mehr sticht als die leicht formelhafte Story.

Sony hat „Escape Room“ in Deutschland auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. Als Bonusmaterial gibt es entfallene und alternative Szenen sowie mehrere Featurettes.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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