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Sisu – Road to Revenge

In „Sisu – Road to Revenge“ kehrt Jorma Tommila als Mann, der einfach nicht sterben will, zurück. In der Nachkriegszeit des Jahres 1946 will er einfach nur die Reste seines Hauses aus sowjetisch besetztem Gebiet abholen und anderswo aufbauen. Doch eine Horde russischer Soldaten unter der Führung Stephen Lang will mit der finnischen Weltkriegslegende noch ein Hühnchen rupfen, was zu gewohnt splattriger Action führt.

Originaltitel: Sisu 2__Herstellungsland: Finnland/USA__Erscheinungsjahr: 2025__Regie: Jalmari Helander__Darsteller: Jorma Tommila, Stephen Lang, Richard Brake, Sandy E. Scott, Einar Haraldsson, Jaakko Hutchings u.a.
Sisu - Road to Revenge

Im Sequel „Sisu – Road to Revenge“ bekommt Held Jorma Tommila es dieses Mal mit Russen unter der Führung von Stephen Lang zu tun

Mit seinem dritten Spielfilm „Sisu“ hatte Jalmari Helander („Big Game“) anno 2022 seinen größten kommerziellen Erfolg vorgelegt, der noch dazu bei der Kritik gut ankam und einen gewissen Kultfaktor entwickelte. Grund genug mit „Sisu – Road to Revenge“ drei Jahre später ein Sequel auf die Leinwand zu bringen.

Die Geschichte des Erstlings wird nicht groß rekapituliert, auch wenn dessen Kenntnis zusätzliches Vergnügen bringt. Am Anfang steht wieder eine kurze Erklärung des finnischen Wortes „Sisu“: Das Durchsetzungsvermögen und der Wille nicht aufzugeben, um jeden Preis. Aatami Korpi (Jorma Tommila) ist, wie alle Kenner des Erstlings wissen, eine Verkörperung des Begriffs. 1946, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und seinem Kampf gegen Nazi-Truppe im Erstling, sind Teile Finnlands an die Sowjetunion gefallen, darunter auch Korpis frühere Heimat. Er kehrt dorthin zurück, baut sein altes Haus ab und findet Bilder seiner getöteten Familie. Erinnerungsstücke wie Fotos oder ein einsam im verlassenen Bett liegendes Stofftier sollen schon mal die Emotionen etwas anheizen, weiß man doch aus Erzählungen in den beiden „Sisu“-Filmen, dass Korpi nach der Tötung seiner Familie zum gefürchteten Russenkiller wurde, der über 300 Rotarmisten auf dem Gewissen hat.

Die Legende hat sich jedoch auch in der Sowjetunion gehalten, wo man über Korpis Einreise in das neugewonnene Staatsgebiet informiert wird. Natürlich will der Führungsstab den Mythos des Mannes, der nicht sterben will, nicht länger tolerieren, weshalb ein KGB-Offizier (Richard Brake) sich in ein Militärgefängnis begibt, um dem Kriegsverbrecher Igor Draganov (Stephen Lang) für diese Aufgabe zu reaktivieren. Dabei handelt es sich um den Mörder von Korpis Familie, womit das Sequel es nochmal eine Spur persönlicher werden lässt, wobei der Film aus dieser Idee erschreckend wenig macht.

So verlädt Korpi sein Haus Balken für einen Balken auf einen LKW und ist schon auf dem Heimweg gen Finnland, als ihm Draganov und dessen Häscher auflauern. Doch im Überlebenskampf beweist der Ex-Soldat erneut, dass er einfach nicht totzukriegen ist…

Schaut euch den Trailer zu „Sisu – Road to Revenge“ an

Rotarmisten statt Nazis als Gegner, das zerlegte Haus statt eines Goldschatzes als Objekt, das der Held beschützen will – mit diesen kosmetischen Veränderungen legt „Sisu – Road to Revenge“ das Rezept des Vorgängers noch einmal auf. Wieder dezimiert Korpi seine Verfolgerschar, wieder überlebt er jede noch so absurde Situation, wieder ist das Ganze fein säuberlich in Kapitel unterteilt, wobei letzteres wieder nur wie eine unmotivierte „Inglorious Basterds“-Kopie ausschaut, die nichts zum Film beiträgt. Wieder sind die Gegner bis auf Draganov reine Metzelmasse, die im Abspann meist noch nicht mal namentlich erwähnt wird. Draganov als Schlächter ist immerhin ein ganz brauchbarer Antagonist, der aber erst spät ein bisschen von der Leine gelassen wird. Zumal „Sisu – Road to Revenge“ wenig aus der persönlichen Feindschaft von Held und Schurke macht, diesen Absatz an einer Stelle sogar ab absurdum führt: Da hat Korpi, der mit allen anderen Gegnern kurzen Prozess macht, zu Beginn die Chance Draganov auszuknipsen, lässt ihn aber aus unerfindlichen Gründen am Leben, nur damit dieser dann den Endboss mimen kann. Dass Korpi wieder einen Hund dabeihat, ist auch so eine unmotivierte Anlehnung an den Erstling, denn eigentlich könnte man das Tier problemlos aus dem Film schreiben, da es null Bewandtnis besitzt.

Sisu - Road to Revenge

Aatami Korpi (Jorma Tommila) macht wieder alle platt, die ihm im Weg stehen

Ansonsten hat „Sisu – Road to Revenge“ ähnliche Stärken und Schwächen wie sein Vorgänger, was leider auch bedeutet, dass Helander wenig aus dem Erstling gelernt hat. Wieder ist das Ganze eine Funsplatter-Sause mit viel Härte und wenig Realismus, die vor allem auf den nächsten Exzess und den nächsten What-the-Fuck-Moment ausgelegt ist, wobei sich das Publikum inzwischen daran gewöhnt hat. Das ist bisweilen schwarzhumorig und als Partyfilm angelegt, aber wie schon beim Vorgänger übertreibt Helander es irgendwann zu sehr. Spätestens bei einer Einlage in der Filmmitte (Stichwort: Panzer) wähnt man sich eher in einem Roadrunner-Cartoon als in einem Actionfilm, was einen dann doch eher rausreißt. All der Grit, den „Sisu – Road to Revenge“ mit seinen derben Gewalteinlagen und der Familien-Rachestory simulieren will, geht da schnell wieder verloren, wenn der Film so dermaßen jede Bodenhaftung verliert. Viele Witze kommen zudem mit Ansage (etwa der Schlussgag um den Wiederaufbau des Hauses), der Plot ist simpel und eher Füllmaterial zwischen den Metzel- und Spektakelszenen, aber mit etwas weniger als 90 Minuten Laufzeit ist „Sisu – Road to Revenge“ immerhin so flott, dass dies nicht allzu störend auffällt.

Die Action ist dann eher auf Shoot-Outs, Stunts und Splatter aufgelegt, denn auf ausgefeilte Nahkampfchoreographie, gerade mit Blick auf das Alter des Helden. Vermutlich wirkt der Final Fight der beiden alten Männer auch deshalb etwas unterwältigend, aber wie im Vorgänger zündet Helander die eigentlichen Actionhighlights in der ersten Hälfte. Herausragend ist die Auseinandersetzung zwischen Korpi in seinem LKW und einer Horde kugelsicherer Russen-Biker, die sich von „Mad Max 2“ und „Mad Max: Fury Road“ inspiriert zeigt, tolle Vehikelstunts und einige kreativen Todesarten bietet. Direkt im Anschluss gibt es eine ähnlich einfallsreiche, fast genauso gute LKW-contra-Jagdflieger-Einlage. Danach folgt die Panzerszene, die nichts weiter als alberner Quatsch ist, beim Schlussakt auf einem Zug wechseln sich Licht und Schatten ab. Der Held bleibt unzerstörbar, die Kreativität liegt dann eher darin, welches Maß an Verletzungen man ihm noch zufügen kann. Wenn John McClane in „Stirb langsam“ über Glasscherben laufen muss, dann wird der Schmerz fühlbar, wenn Aatami Korpi hier durch Scherben laufen und kriechen muss, dann ist das einfach nur ein weiterer Splattergag.

Sisu - Road to Revenge

Igor Draganov (Stephen Lang) hat den Rest von Korpis Familie auf dem Gewissen und will sein Werk vollenden

Helanders Schwager und Dauerschauspieler Jorma Tommila („Rare Exports“) bekam mit „Sisu“ eine späte Paraderolle auf den Leib geschrieben, die er auch im Sequel mit Präsenz und reduziert-charismatischem Spiel ausfüllt. Dieses Mal sagt der Mann, der nicht sterben will, sogar kein einziges Wort, während er einen Knilch nach dem anderen durch den Wolf dreht und eine Todesfalle nach der anderen überlebt. Stephen Lang ist ja von „Auf die harte Tour“ über „Don’t Breathe“ bis zu „Avatar 2“ ein gefragter Schurke und füllt diesen Part auch hier ziemlich stark aus, auch wenn das Drehbuch ihm quasi null Hintergrund gibt. Er ist halt der böse Schlächter, dem für das Ausschalten des Helden die Freiheit und Reichtum winken und der für diese Ziele über Leichen geht – auch die seiner eigenen Leute. Alle anderen Darsteller sind quasi ausschließlich bessere Statisten, wobei Richard Brake („Good Day for It“) immerhin seine Charakterfresse vorweisen kann, aber auch nur wenige Szenen hat.

„Sisu – Road to Revenge“ ist eine ziemliche Kopie des Vorgängers, mit kleinen Änderungen und ähnlichen Stärken wie Schwächen: Ein Funsplatter-Party-Actionfilm mit Bierdeckelplot, großer Härte und weniger Realismus als „Phantom Kommando“. Die Metzeleinlagen und What-the-Fuck-Momente sind die Highlights, dazwischen ist das Treiben egal. Die Action bietet vor allem in der ersten Hälfte einige tolle Ideen, in der zweiten Hälfte allerdings auch einigen Blödsinn ohne irgendeine Bodenhaftung, der auch aus einem Cartoon stammen könnte. Kann man als Metzelfest für die niederen Unterhaltungsinstinkte wieder machen, ist im zweiten Anlauf aber noch weniger originell als im ersten.

Sony bringt „Sisu – Road to Revenge” am 20. November 2025 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sony __FSK Freigabe: ab 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 20.11.2025 in den deutschen Kinos

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