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Megalomaniac

Originaltitel: Megalomaniac__Herstellungsland: Belgien__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Karim Ouelhaj__Darsteller: Eline Schumacher, Wim Willaert, Benjamin Ramon, Pierre Nisse, Raphaëlle Lubansu, Olivier Picard, Catherine Jandrain u.a.
Megalomaniac ist finsterer Psychohorror aus Belgien

“Megalomaniac” bietet düsteren Psychohorror aus Belgien.

Zu Beginn des belgischen Horrortrips „Megalomaniac“ wird Martha von einer von Kopf bis Fuß blutverschmierten Frau in eine Welt des Leidens hinein geboren. In Empfang genommen wird sie von Felix. Zwanzig Jahre später leben Martha und Felix wie Geschwister gemeinsam in einem gewaltigen Anwesen. Felix setzt das Vermächtnis des gemeinsamen Vaters fort. Der war ein nie gefangener Serienmörder, der die Gegend in Angst und Schrecken versetzte.

Martha wird von ihrem „Bruder“ gebeten, den Anschein der Normalität aufrecht zu erhalten. Also nimmt sie einen öden Job als Putzkraft an. Die junge Frau, die von Felix beständig manipuliert wird und an Depressionen leidet, besitzt keinerlei Selbstwertgefühl. Das nutzen ihre perversen Kollegen aus und vergewaltigen sie über Monate hinweg. Um den schönen Schein zu wahren, konfrontiert Martha weder ihren „Bruder“ noch ihren Vorgesetzten mit dem regelmäßigen Missbrauch.

Sie flüchtet sich stattdessen in die Wunschvorstellung, wie Felix über Leben und Tod anderer Menschen entscheiden zu können. Eines Tages erfüllt ihr Felix den Wunsch und überlässt ihr eine Frau.

Schaut in den Film hinein

Schwere Kost aus Belgien

„Megalomaniac“ setzt auf den realen Ereignissen um den „Schlächter von Mons“ auf. Der war ein nie gefasster belgischer Serienmörder, der zwischen 1996 und 1997 fünf Menschen ermordet haben soll. Der Film fokussiert allerdings nicht auf den Schlächter, sondern auf dessen fiktive Kinder Felix und Martha, deren Mütter der Serienkiller vergewaltigt und nach der Geburt getötet hat. Das schwere Erbe der beiden Kinder wird nun zum Hauptantrieb des Filmes.

Das Ergebnis ist ein Film der finsteren Bilder und einer immer wieder basslastig und unablässig dröhnenden Tonspur. Daraus resultiert eine beklemmende, eine dunkle Atmosphäre, die für keine Sekunde aufgebrochen wird. Der Horrorfilm bleibt immer nah an seiner Hauptfigur Martha und macht sie zum Spielball der toxischen Männlichkeit, die sie auf Arbeit, daheim und auf der Straße unterdrückt, beleidigt und beschimpft.

Eline Schumacher als Martha in "Megalomaniac"

Eline Schumacher als Martha in “Megalomaniac”

Eline Schumacher glänzt dabei mit einer mutigen Performance, die den Zuschauer vereinnahmt und in das psychologisch belastende Treiben des Filmes hinein zerrt. Der hat gar nicht viel zu erzählen. Pendelt immer wieder zwischen den Morden von Felix und der psychisch immer mehr abdriftenden Martha. Es gibt kurze Spannungsspitzen, in denen das Treiben der Geschwister auffliegen könnte. Reizvoll ist zudem, wenn das Drehbuch Martha zur Täterin macht, die gegenüber dem ihr von Felix geschenkten Opfer mal düster bedrohlich, mal freundlich und mal einfach nur irre agiert.

Dazu gesellen sich Momente, in denen eine klare Schizophrenie bei Martha durchschlägt, die einen direkt das bisher Gesehene noch einmal überdenken lässt. Und das Verhältnis zwischen Martha und Felix ist undurchsichtiger als das dichteste Gestrüpp. Eine weitere große Frage ist, warum Martha sich nicht vom einzigen positiv besetzten Charakter, einer Sozialhelferin, helfen lässt.

Benjamin Ramon spielt Felix in Megalomaniac

Benjamin Ramon tut als Felix, was Killer so tun…

Die Folge ist die flirrende Ungewissheit, wo „Megalomaniac“ eigentlich hin will. Genau daraus zieht der betont langsam erzählte Film eine starke unterschwellige Spannung. Und der Film legt sich schwer auf das Gemüt. Die weitgehend unsympathischen Figuren und ihre Taten lassen einen an der Gattung Mensch zweifeln.

Auch der Schauplatz, ein runtergerocktes, gewaltig dimensioniertes Haus irgendwo im Nirgendwo, trägt viel zu der ausweglosen Stimmung des Filmes bei. Nicht einmal angeschaltete Lampen bringen hier Licht in das Dunkel. Harte Schatten beherrschen jede Szenerie. Immer wieder starrt man angestrengt wie Martha in die Dunkelheit und versucht, irgendetwas zu erkennen.

Unheimliches geht im Anwesen von Felix und Martha vor

Unheimliches geht im Anwesen von Felix und Martha vor…

Kurzum: „Megalomaniac“ ist ein düsterer Trip. Der auch in Sachen Gewalt kein Erbarmen kennt. Wobei hier nicht die grafische Gewalt per se im Vordergrund steht. Denn „Megalomaniac“ ist kein Splatterfest. Es geht mehr darum, was sich in der Psyche abspielt, wenn man hört, wie Messer Fleisch durchschneiden, schwere Gegenstände auf weiches Gewebe knallen und Geschrei zu undefinierbarem, blutersticktem Geröchel wird.

In Richtung Finale wird „Megalomaniac“ ein wenig zeigefreudiger. Eine extrem wackelige Kameraarbeit enthält dem Zuschauer aber die drastischen Details vor, sorgt zugleich gemeinsam mit dem Sounddesign und der Industrial-angehauchten, noisy Musik jedoch für eine extreme Intensität, die mehr nachwirkt als jede Schlachtplatte.

„Megalomaniac“ ist ein intensiver Horrortrip

Was am Ende bleibt, ist eine intensive Reise in die finstersten Abgründe menschlicher Seelen. Rauschhafte Bilder und Klänge, kunstvoll arrangierte, irritierend morbid-schöne Bildkompositionen, zerdehnte Zeitlupen, eine jedwede Orientierung nehmende Kameraarbeit, die Abstinenz von Licht und Hoffnung und eine Entwicklung für die Heldin, die nihilistischer kaum ausfallen könnte, schnüren einem immer mehr die Kehle zu. Zumindest gegen Ende bekommen Heldin und Zuschauer etwas Genugtuung zugestanden, menschenfreundlicher wird „Megalomaniac“ aber zu keiner Sekunde.

Dementsprechend kann man Regisseur und Drehbuchautor Karim Ouelhaj nur zu dem rauen, verstörenden Ergebnis gratulieren, das eigentlich nur in seinem Mittelteil etwas an Wirkung verliert. Dieser wirkt tatsächlich zu entschleunigt und hätte gerne kompakter ausfallen dürfen. Infolgedessen mutet „Megalomaniac“ knapp 15 Minuten zu lang an. Ein paar arg irrationale Verhaltensweisen mancher Charaktere fallen außerdem negativ auf. Trotzdem ist der belgische Psychohorror ein fieses und herausforderndes Ding.

7 von 10

„Megalomaniac“ ist ab dem 16. November 2023 in den deutschen Kinos zu sehen. Indeed Film hat den Film ungeschnitten und mit einer Freigabe ab 18 durch die FSK bekommen.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Indeed Film / Pascal Bernaerts__Freigabe: FSK 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 16.11.2023 im Kino

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