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Old Guy – Alter Hund mit neuen Tricks

Originaltitel: Old Guy__Herstellungsland: Großbritannien / USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Simon West__Darsteller: Christoph Waltz, Lucy Liu, Cooper Hoffman, Desmond Edwards, Kate Katzman, Ann Akinjirin, Ryan McParland, Jason Done, Conor Mullen, Charlie Hamblett, Tony Hirst u.a.
Old Guy

Christoph Waltz, Lucy Liu und Cooper Hoffman spielen die Hauptrollen in „Old Guy“ von Simon West

Der Brite Simon West machte sich mit Videoclips in den Namen, war mit Filmen wie „Con Air“ und „Tomb Raider“ eine Nummer in Hollywood, muss aber wie viele große Actionregisseure der 1980er und 1990er heutzutage eher kleine Brötchen backen. Kleine Brötchen wie „Old Guy“, der ihn wieder in die alte Heimat verschlägt.

Vielleicht haben die Actionregisseure von einst ähnliche Angst irgendwann zum alten Eisen zu gehören wie Danny Dolinski (Christoph Waltz). Der ist als Auftragskiller eine kleine Legende in London und feiert in Clubs immer noch mit jungen Party-Chicks als sei er Mitte 20, doch seinen Körper kann er nicht betrügen. An der rechten Hand muss er wegen Arthritis eine Schiene tragen, die Ärztin rät ihm die Gelenke zu schonen – doof, dass dort sein Abzugsfinger sitzt. Ein Hitman, der aus körperlichen Gründen nicht mehr so einfach töten kann, der Angst vor einem Generationenwechsel hat, das ist also die Grundlage dieser Komödie.

So reagiert Danny ausgesprochen allergisch, als seine Bosse ihm Wihlborg (Cooper Hoffman) aufs Auge drücken, der eine Mission in Belfast ausführen soll. Danny soll nur als Mentor agieren, was dem altgedienten Auftragsmörder so gar nicht schmeckt. Aus drehbuchtechnisch unerfindlichen Gründen nimmt Danny auch noch eine alte Freundin, Anata (Lucy Liu), mit, die als Puffmutter arbeitet. Es ist von Anfang durchsichtig, dass das Script Anata nur einbaut, um Danny ein Love Interest und eine Seelenverwandte zuzuschustern, die ähnlich wie er mit den Konsequenzen des eigenen Alterns konfrontiert ist. Bei Anata ist dies in einer späteren Szene der Fall, als ihr Lover ihr gesteht, dass er jetzt in einer ernsthaften Beziehung ist und sie ihre Affäre beenden müssen – sie also nicht mehr so begehrenswert wie früher ist.

Den Auftrag will Danny noch auf eigene Faust erledigen, verkackt diesen aufgrund der Arthritis in seiner Hand allerdings beinahe, ehe Wihlborg die Kohlen aus dem Feuer holt, was Dannys Ego nicht gerade zuträglich ist. Zu allem Überfluss erfährt er im Anschluss, dass es noch weitere Zielpersonen gibt und er weiter mit Wihlborg zusammenarbeiten muss…

Schaut euch den Trailer zu „Old Guy“ an

„Old Guy“ ist nach dem B-Western „The Last Son“ erst das zweite verfilmte Drehbuch von Greg Johnson und zeugt leider nicht von großen schreiberischen Qualitäten. Der Plot mäandert ziel- und energielos zwischen Generationenkonflikt, einer halbgaren Figurenzeichnung von Danny als Killer mit Kodex und einer uninspirierten Gangster-Konflikt-Geschichte herum, die schon dadurch vollkommen egal ist, dass der Film sich noch nicht einmal die Mühe macht alle Parteien und deren Motivation so richtig vorzustellen.

Dementsprechend verpuffen die zwei, drei müden Plottwists gegen Ende, egal sind die Figuren, die in dem ganzen Treiben ihr Leben lassen müssen, und spannend ist das keine Sekunde. Auch in Sachen Charakterentwicklung überzeugt das Script nicht – warum Danny nach langer Ablehnung quasi von jetzt auf gleich eine Verbindung zu Wihlborg fühlt, versteht man zu keiner Sekunde und kauft es dem Film dementsprechend auch nicht ab. Besser funktioniert da die Annäherung zwischen Danny und Anata, die aber in erster Linie ein uralter Genrestandard ist, der hier ohne viel Elan abgespult wird.

Man kann sich auch darüber streiten, ob „Old Guy“ nun eine Actionkomödie oder eine Komödie mit etwas Action ist – die Schauwerte sind jedenfalls wenige und noch dazu alles andere als spektakulär. Die meisten Mordopfer werden eher hingerichtet als im Kampf besiegt, ein kleiner Autocrash zu Beginn des letzten Drittels ist auch nur begrenzt aufregend und nur im Finale gibt es dann ein ausladenderes Feuergefecht, das aber auch kaum mehr als solide Pflichterfüllung ist und noch dazu im Halbdunkel stattfindet. Das ist für Simon-West-Verhältnisse schon sehr ernüchternd, allerdings scheinen den Regisseur auch oft eher die britischen und irischen Naturpanoramen interessiert zu haben, die er bei Autofahrten und anderen Gelegenheiten so formschön einfängt, als wolle er sich als Marketing-Manager für das Fremdenverkehrsamt bewerben.

Vor allem aber versagt „Old Guy“ in der Hauptdisziplin einer Komödie – nämlich lustig zu sein. Die Beschreibung des Generationenkonflikts läuft darauf hinaus, dass der eine Lebemann mit Hang zum Alkohol und Partys ist, der andere ein Gen-Z-Vertreter, der sich die Fingernägel schwarz lackiert und seinen Körper als Tempel betrachtet, den es komplett ohne Alkohol und mit nicht zu vielen Kohlenhydraten zu versorgen gilt. Über diese Kleinigkeiten kommt der Film nicht hinaus, gute Oneliner oder pointierte Sprüche gibt es keine, die Situationskomik ist bestenfalls zum Schmunzeln, etwa wenn der selbstherrliche Danny den Auftrag vergeigt, weil die Zielperson ihm etwas gegen den kaputten Arm wirft.

Noch dazu wird „Old Guy“ in einigen Szenen, die so gar nicht zum Rest des Films passen wollen, unerwartet ernst, etwa wenn ein Kind im Haus einer Zielperson ist und der Film mit der Frage spielt, ob der für Kollateralschäden bekannte Wihlborg es vielleicht auch umbringen wird, oder wenn Danny einem todgeweihten Handlanger gut zuredet, obwohl der Auftragsmörder und das Publikum schon wissen, wie die Szene enden wird. Diese Szenen stehen aber einfach so neben eher albernen Momenten, beispielsweise den Discoszenen, in denen Danny im Vollrausch tanzt, um morgens neben mindestens zwei jungen Damen aufzuwachen, sodass „Old Guy“ einfach keinen kohärenten Tonfall findet.

Die Verpflichtung von Christoph Waltz („Dead for a Dollar“) für die Hauptrolle dürfte dann der große Coup dieser Low-Budget-Produktion sein und der Mann hat schon Spaß an dem Part als Party Animal mit Schnauzbart und Ehrenkodex, kann das dürftige Script aber kaum ausgleichen. Lucy Liu („Red One“) als zweiter großer Name auf der Besetzungsliste geht es ähnlich: Zwar durchaus engagiert dabei, aber auch sie kann nicht vergessen machen wie unnötig ihr Part eigentlich ist. Cooper Hoffman („Licorice Pizza“) mit seiner vollkommen egalen Performance beweist derweil, dass schauspielerisches Talent nicht unbedingt mit den Genen vererbt wird.

Regie und Besetzung mögen bei „Old Guy“ zwar hoffen lassen, der Film an sich bringt aber schnell Ernüchterung: Ereignis-, höhepunkt- und schauwertarm plätschert die mäßig geschriebene Komödie dahin, die Gags haben Seltenheitswert und die finale Ballerei ist auch nur semiaufregend. Immerhin kompetent gemacht, aber eben nur ein kompetent gemachter Langweiler.

„Old Guy“ erscheint bei Leonine am 14. März 2025 auf DVD und Blu-Ray, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben. Aktuell kann man ihn bereits bei Plattformen wie Amazon, GooglePlay usw. kostenpflichtig streamen.

© Nils Bothmann (McClane)

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