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Saw X

Originaltitel: Saw X__Herstellungsland: USA, Mexiko, Kanada__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Kevin Greutert__Darsteller: Tobin Bell, Shawnee Smith, Steven Brand, Synnøve Macody Lund, Michael Beach, Renata Vaca, David Alfano, Paulette Hernandez, Octavio Hinojosa u.a.
"Saw X" platziert sich zwischen Teil 1 und 2. Kinoposter

Jigsaw ist zurück und hat diverse fiese Apparate mitgebracht.

Das „Saw“-Franchise hatte zuletzt deutlich geschwächelt. „Jigsaw“ war meiner Meinung nach komplett misslungen, „Saw: Spiral“ ging mir zwar gut runter, stieß aber in der Allgemeinheit auf wenig Gegenliebe. Es war einfach unklar, wo man mit dem Franchise hin wollte. Ziellosigkeit leuchtete überall durch. Da kam überraschenderweise die Nachricht, dass „Saw X“ alle Filme nach dem großartigen Franchisestart im Jahre 2004 weitgehend ausblenden wolle, um eine Story zwischen „Saw“ und „Saw 2“ zu erzählen. Und die geht nun so:

John Kramer ist unheilbar an Krebs erkrankt. Ein Gehirntumor wuchert in seinem Hirn vor sich hin. Seine Ärzte geben ihm nur noch Monate. Da lernt er in einer Selbsthilfegruppe Henry Kessler kennen. Der laboriert ebenfalls an einer tödlichen Krebserkrankung und ist wie John sichtlich von der Krankheit gezeichnet. Monate später treffen sich die Männer wieder.

Während John Krämer noch weiter abgebaut hat, sieht Henry aus wie das blühende Leben. Ein riskanter Eingriff eines Mediziners namens Pederson habe ihn gerettet. Neugierig und hoffnungsvoll wendet sich John an die Pederson-Group. Die lädt ihn nach Mexiko ein. Hier seien die Mediziner untergekommen, weil die großen Pharmakonzerne sie aufgrund ihrer riskanten, aber erfolgreichen Behandlungsmethoden behindern würden.

In Mexiko angekommen, lernt John die Ärztin Cecilia Pederson kennen. Die Tochter des Erfinders einer Methode, die die Krebszellen im Körper der Patienten sozusagen „ausschaltet“, erklärt John alles, was auf ihn zukommt. Bereit, weitere Jahre gesund leben zu können, willigt John in die Operation und die anschließende Behandlung ein. Als er nach dem Eingriff wieder erwacht, kommt ihm einiges spanisch vor. Er muss merken, dass bei dem Eingriff etwas nicht mit rechten Dingen zuging und er beschließt, seinen vermeintlichen Rettern Respekt vor dem Leben zu lehren.

Schaut in den Horrorfilm ein

Jigsaw wirft wieder die Todesmaschinen an

Es gibt immer mal wieder Momente, da verflucht man sich selbst, einen Trailer zu einem Film angeschaut zu haben. „Saw X“ ist definitiv so ein Fall. Während man einerseits freilich frohlockte, als man erfahren durfte, dass Jigsaw alias John Kramer wieder leibhaftig am Start sein würde, konnte man andererseits im Strahl kotzen, dass der Trailer zugleich die erste große, alles andere als unwesentliche Wendung im Film aufs Geratewohl preisgab.

Denn Regisseur Kevin Greutert, der bereits bei „Saw VI“ und „Saw 3D – Vollendung“ Regie geführt hatte und bei den Teilen eins bis fünf und bei „Jigsaw“ den Schnitt verantwortete, arbeitet sich mit seinen Drehbuchautoren Pete Goldfinger und Josh Stolberg sehr konzentriert zu dem ersten großen Turning Point vor. Rückt ins Zentrum, wie sehr John Kramer tatsächlich am Leben hängt, und macht deutlich, wieso genau das zu seinem alles antreibenden Motiv werden soll.

Zudem spielt Tobin Bell („Kick Fire“) den von der Krankheit versehrten Hauptcharakter absolut on point. Wenige Blicke aus den trüben, traurigen Augen treffen mitten ins Mark. Kleine und kleinste Gesten sitzen absolut. So nah war man Jigsaw noch nie. Noch nie konnte man so mit ihm fühlen. Auch die Etablierung der Bösewichte, die zunächst als positive Identifikationsfiguren eingeführt werden, funktioniert prächtig. Man denkt wie John Kramer, dass diese Menschen ihn retten wollen.

Tobin Bell als John Kramer / Jigsaw in "Saw X"

John Kramer ist schwer an Krebs erkrankt.

Dank des blöden Trailers weiß man aber, dass es eben nicht so ist. Ärgerlich. Entsprechend haut diese Wendung auch nicht wirklich rein. Man nimmt sie schulterzuckend zur Kenntnis. Und so hat der Umschwung in Richtung des nun folgenden Gemetzels leider nicht den Impact, den er hätte haben können. Schade.

Unbewusst (da sie ja von dem Trailer noch nichts wissen konnten) machen Greutert und Co. aber auch jetzt alles richtig. Denn Greutert entwickelt unvermutetes Interesse an den Bösewichten seiner finsteren Mär. Zeichnet sie so menschlich, dass man sich bei den wüst blutigen Einsätzen der Apparaturen Jigsaws häufiger dabei erwischt, dass man denkt, die darin Gefangenen haben diesen rüden Umgang gar nicht wirklich verdient. Spätestens hier merkt man, dass man unvermutet gut in den Streifen und seine Story involviert ist. Und dass man wie in den besseren Teilen des Franchises Jigsaws Moral und seine Methoden hinterfragt und deren Ambivalenz schätzt.

Auch und vor allem, weil nicht nur Tobin Bell sondern auch seine Co-Stars weiterhin brutal gut abliefern. Vor allem die norwegische Schauspielerin Synnøve Macody Lund („Verschwörung“) ist als Cecilia Pederson schlichtweg brillant. Von fürsorglich bis eiskalt reicht hier die Palette. Und obschon man sie von Herzen zu hassen lernt, muss man auch immer wieder festhalten, wie intelligent ihre Figur anmutet. Cecilia Pederson ist eine saustarke Gegnerin für Jigsaw. Eine Gegnerin, die ihm ab und an gar überlegen scheint. Klasse.

Synnøve Macody Lund in Saw X

Wundervoll fies: Synnøve Macody Lund als Jigsaws Gegenspielerin.

Und obschon es hieß, dass die Teile zwei bis neun ignoriert würden, hält „Saw X“ immer wieder auch Easter Eggs für die Fans des Franchises bereit: Seien es Darsteller / Charaktere oder für das Franchise ikonische Gegenstände (Masken, Puppen, …). Das wird die Fans ebenso freuen, wie die Tatsache, dass die Fallen von „Jigsaw“ diesmal wieder richtig weh tun. Mehr als einmal zieht man Luft durch die Zähne, windet sich im Kinosessel und hat durchaus auch Momente, bei denen man „Gut nu’“ denkt.

Highlight ist dabei eine wahrlich sadistisch breit ausgespielte Szene um ein abgeschnittenes Bein, die von Anfang bis Ende einfach nur vollkommen derb geraten ist. Im Videothekenzeitalter hätte diese Szene alleine für eine Beschlagnahme gereicht. Heute erkennt man kopfnickend an, dass diese Einlage absolut in der Tradition der fiesesten Fallen Jigsaws steht und die Apparaturen der Teile acht und neun wie Kindergeburtstage aussehen lässt.

Tötungsapparat

Einmal drin, muss man viel Anstrengungen aufbringen, um Jigsaws Fallen zu entgehen.

Doch auch die anderen Gewalteinlagen sitzen. Säuren verätzen Körper, Strahlung verbrennt Gesichter, ein Charakter muss sich selbst Hirnmasse entnehmen und ein anderer zerschmettert sich zur eigenen Rettung die Gliedmaßen mit einem Hammer. Das alles wird an handgemachten, widerlich anzusehenden Effekten gereicht und im üblichen „Saw“-Duktus inszeniert. Wenngleich die Stakkatoschnitte diesmal ein wenig zurückgenommen wirken. Greutert seine „Highlights“ also auch mal atmen und richtig wirken lässt.

Darunter hämmert der gewohnt treibende Sound von Charlie Clouser. Und natürlich ertönt auch das altbekannte Jigsaw-Thema, das einem direkt Gänsehaut verpasst. Optisch ist „Saw X“ leider der gritty Look schon vor einigen Teilen abhanden gekommen. Trotz seiner Grimmigkeit und Brutalität fühlt er sich nie so verkommen an wie die ersten Teile – und dabei vor allem „Saw 1 bis 3“. Der digitale Look bügelt da nach wie vor einiges arg glatt. Auch der Schauplatz des Geschehens ist leider arg belanglos und langweilig geraten.

Back to the roots mit „Saw X“

Das Besinnen auf alte Tugenden tut „Saw X“ wirklich gut. Dabei vor allem die Fokussierung auf Jigsaw / John Kramer, der von Tobin Bell sensationell gut gespielt wird. Ein weiteres Highlight ist Synnøve Macody Lund als Gegenspielerin John Kramers. Einen so wundervoll fies intelligenten Gegner hatte Jigsaw noch nie. Zudem überrascht Greuters geradezu feinfühliger Einstieg in das Gekröse, der vor allem Jigsaws Motive noch einmal etwas greifbarer macht. Und auch die Art und Weise, wie Drehbuch und Regie die „Bösewichte“ zeichnen, überrascht.

Entsprechend fiebert man mit einigen Figuren auch wirklich mit. Und durchleidet zudem ein paar wirklich fiese Prüfungen, die endlich mal wieder auch dem Zuschauer weh tun! Kurzum: „Saw X“ funktioniert prächtig und verpasst dem in den hohen Teilen durchaus verbraucht und abgenutzt wirkenden Franchise ein paar nette Adrenalinschübe. Der etwas traurige, viel zu glatte Look, der in Mexiko freilich auch auf das unvermeidliche Sepiafarbenspiel setzt, kostet den Film ebenso Punkte wie das leider verschenkt wirkende Finish zwischen Jigsaw und Cecilia Pederson. Irgendwie lässt einen ebenjenes etwas unbefriedigt zurück.

7 von 10

Der Film ist seit dem 30. November 2023 in den deutschen Kinos zu sehen. Studiocanal hat ihn uncut und mit einer Freigabe ab 18 in die Kinos gestemmt. Wobei freilich nicht ausgeschlossen ist, dass hier rund um den Heimkinostart wie beinahe gewohnt härteres Unrated-Material auf den Fan wartet.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Studiocanal / Lionsgate / Alexandro Bolaños Escamilla__Freigabe: FSK 18__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 30.11.2023 im Kino

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