Originaltitel: Bring him to me__Herstellungsland: Australien__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Luke Sparke__Darsteller: Barry Pepper, Jamie Costa, Sam Neill, Rachel Griffiths, Liam McIntyre, Zac Garred, Allison Frances Boyd, Harley Bronwyn, Jennings Brower u.a. |
Ein Mann, nennen wir ihn Driver, war als Fluchtwagenfahrer Teil eines Raubüberfalls auf einen Antiquitäten- / Kunsthändler. Der Bruch verlief seiner Wahrnehmung nach wie geplant, auch wenn gegen Ende die Kugeln flogen – Berufsrisiko. Doch als der Driver seine Auftraggeberin anruft, um zu klären, wo ihm sein Anteil übergeben werden soll, reagiert die unwirsch. Einer der Männer, die den eigentlichen Überfall durchführten, habe es total verkackt. Der Driver solle den Mann zu einem speziellen Treffpunkt bringen. Mache er das nicht, sei er seinen Anteil los.
Der Driver liest daraufhin seinen Passagier auf und versucht, herauszufinden, was dieser verbockt haben könnte. Doch der Passagier ist sich keiner Schuld bewusst. Stattdessen erfährt der Fahrer in langen Gesprächen weitaus mehr über seinen Fahrgast, als ihm lieb ist. Als ihm seine Auftraggeberin bei einem weiteren Telefonat unterbreitet, dass er den Anteil seines Passagieres bekomme, wenn er ihn bei ihr abliefere, schwant dem Fahrer, dass er seinen Passagier zum Schafott fährt.
Als er obendrein erfährt, was sein Fahrgast tatsächlich verbockt haben soll, bringt der Fahrer Strafe und Vergehen nicht überein. Er überlegt immer mehr, wie er seinen Fahrgast retten kann.
Atmosphärischer Road-Trip zum Schafott
Der australische Thriller von Regisseur Luke Sparke („Occupation“ und dessen Fortsetzung „Rainfall“) beginnt als eine Art Kammerspiel. Nur dass die Kammer in Form eines Muscle-Cars über nachtschwarze Highways dahinrast. In dem Auto zwei Männer. Der eine, der Fahrgast, ist ein Dampfplauderer, der sein Herz auf der Zunge trägt. Der andere, der Fahrer, ist ein in sich gekehrter, ultracooler Typ, der nicht bereit ist, viel von sich preiszugeben, geschweige denn mit Fremden derart tiefgehende Gespräche zu führen, wie sie ihm sein Fahrgast aufzwingt.
Doch der Fahrer muss diese Situation so hinnehmen. Denn nur so kann er erfahren, was sein Mitfahrer falsch gemacht hat. Darüber lernen sich die beiden richtig gut kennen. Als Ergebnis regt sich bei dem Fahrer Menschlichkeit und sein Moralempfinden. Die beiden starken Hauptdarsteller, Barry Pepper („Crawl“) als Fahrer und Jamie Costa („Scurry“) als Beifahrer, haben eine geniale Chemie und funktionieren als Pärchen absolut prächtig. Sie retten „Bring him to me“ sogar durch Momente echten Leerlaufes und halten den Zuschauer in der Erzählung.
Dabei ist der Zuschauer dem Fahrer immer ein wenig voraus. Denn wir bekommen anhand von parallel geschnittenen Szenen den eingehenden Überfall nach und nach vor Augen geführt. Wird dann endlich offenbart, was der Fahrgast getan haben soll, kommen dem Zuschauer die gleichen Gedanken wie dem Fahrer. Wie passen Tat und Bestrafung zusammen?
Zudem spürt man früh, dass es dem Fahrer widerstrebt, seinen Beifahrer ans Messer zu liefern. Das wird sich mit jedem weiteren Dialog noch potenzieren. Entsprechend bleiben da immer die spannenden Fragen: Was wird hier gespielt? Liefert der Fahrer seinen Fahrgast aus? Findet er einen Ausweg? Finden beide gemeinsam eine Lösung? Im Zusammenspiel mit den atmosphärischen Bildern des dahinrasenden Autos, der melancholischen Musik und den tollen Darstellerleistungen ist der langsame Film trotzdem sehr unterhaltsam und involvierend.
Rollt dann jedoch das letzte Drittel an, wird es etwas schwierig. Die Konfrontation mit der Auftraggeberin verläuft seltsam antiklimaktisch. Beinahe beiläufig nimmt diese Figuren aus dem Spiel. Was durchaus für lange Gesichter sorgt. Plötzlich twistet das Drehbuch von Debütautor Tom Evans und reißt moralische Fragen auf. Dreht die Wahrnehmung des Zuschauers in Bezug auf eine bestimmte Figur komplett. Das ist extrem reizvoll, macht den Film gar zu einer kleinen Moritat, findet aber leider kein rundes Ende.
Läuft nämlich der Abspann mit einem tollen Abspannsong, fühlt sich vieles zu offen an. Man hätte sich einen richtigen Showdown gewünscht, der die Fronten eindrücklicher klärt. Kurzum: Der Bauch verlangt nach mehr, als „Bring him to me“ zu liefern bereit ist. Und das schadet dem Film in seiner Wirkung.
Zumal der Regisseur mit seinen „Occupation“-Filmen gezeigt hat, dass er weiß, wie Action geht. Und auch in „Bring him to me“ lässt er das kurz durchscheinen, wenn er Bildern um dahinrasenden Karren und Motorrädern richtig Druck mitgibt. Eine mehrminütige Verfolgungsjagd mit amtlich Blechschäden aus diesen Händen hätte dem Film perfekt gestanden. Stattdessen liefert Luke Sparke nur kurze Intermezzos, in denen mal gekeilt und auch mal geballert wird, zu einem Actionthriller macht das den Streifen aber nie. Hässliche Treffereffekte in einer Szene erweisen sich als zusätzliche Stinker.
Neben den bereits erwähnten Pepper und Costa wartet „Bring him to me“ in den Nebenrollen mit ein paar bekannten Gesichtern auf. Sam Neill („Assassin Club“) gibt den anfänglich überfallenen Kunsthändler. Rachel Griffiths („Hacksaw Ridge“) ist als Auftraggeberin des Drivers dabei. Und ihre wirklich vorwärtsdrängende, brachiale rechte Hand wird von dem Serien-Spartacus Liam McIntyre („Security“) zum Leben erweckt. Sie alle überzeugen in ihren Rollen, müssen aber mit wenig Screentime auskommen und wirken nicht sonderlich ausgefeilt. Sie werten den Film aber trotzdem auf.
„Bring him to me“: Solide Genre-Kost, die nicht vollends zündet
Die ersten 60 konzentriert erzählten, enorm atmosphärischen Minuten sind die größte Stärke von „Bring him to me“. Die Schauspieler liefern ab, die Dialoge sitzen und die Grundsituation ist zwar kein Ausbund an Spannung, zieht aber ausreichend in den Film hinein. Wenige Stopps während des Road-Trips sorgen für kleine Adrenalin-Einspritzungen und interessante Entwicklungen.
Leider hat das Drehbuch ausgerechnet bei seinem Ende Probleme. Nach einem interessanten Twist klingt der Film nicht wirklich befriedigend aus und lässt den Zuschauer enttäuscht zurück. Der wünscht sich förmlich die eingehenden 60 Minuten zurück und würde gerne noch länger mit den beiden Hauptcharakteren durch die Nacht cruisen.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 12. Dezember 2024 von Dolphin Medien. Der Film hat ungekürzt eine Freigabe ab 16 erhalten und kann freilich auch gestreamt werden.
In diesem Sinne:
freeman
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