Originaltitel: Ye Wen zhi Jiulong cheng zhai__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Fu Liwei__Darsteller: Michael Tong, Billy Lau, Lin Fengye, Zhao Lin, Zhang Tao, Chen Yuyong, Zheng Liuzhi, Li Peize, Shi Chenwei, Vina Zhang Weina u.a. |
Ip Man betreibt seit einiger Zeit seine Kampfsportschule in Hongkong und lebt ein zufriedenes Leben. Ab und an werden Meister bei ihm vorstellig, die sein Wing Chun auf die Probe stellen wollen. Doch der Kampfsportmeister schlägt sie alle. Eines Tages besiegt er ein Großmaul, das einen sehr mächtigen Cousin hat.
Dieser heißt Zheng Delong, ist eine echte Unterweltgröße und dementsprechend in äußerst zwielichtige Vorgänge verwickelt. So betreibt er einen florierenden Menschenhandel mit europäischen Partnern. Und Zheng sieht es gar nicht gerne, wenn jemand aus seiner Familie gedemütigt wird. Er schiebt ein Komplott an, an dessen Ende Ip Man als Mörder eines anderen Großmeisters da steht.
Ip Man landet im Knast und soll alleine aufgrund von Indizien schnellstmöglich erschossen werden. Doch ihm gelingt der Ausbruch aus dem Gefängnis und er setzt fortan alles daran, herauszufinden, wer ihn so gewaltig verladen hat.
Ein „Ip Man“-Trittbrettfahrer
Der Name Ip Man war zunächst vor allem Bruce-Lee-Fans bekannt. Erst aufgrund der extrem erfolgreichen „Ip Man“-Verfilmungen mit Donnie Yen wurde Lees-Lehrmeister auch international zum geläufigen Begriff. Die Chinesen erkannten das Potential der Figur sofort und schoben diverse Vehikel an, die sich an den Erfolg der Donnie-Yen-Kracher dranhängen sollten. Der 2019 parallel zum vierten Ip-Man-Film mit Donnie Yen veröffentlichte „Ip Man and the Four Kings“ ist ein solcher Vertreter.
Ein Vertreter, der seine Story überraschenderweise als Thriller aufzieht. In dem sorgen hinterhältige Winkelzüge und Intrigen für eine hübsche Grundspannung und machen die Lage für Ip Man immer verzweifelter. Außerdem führt der gut konstruierte Plot die zahlreichen, in Teilen leider overacteten Charaktere ordentlich ein und lässt sie durchaus lebendig wirken.
Leider scheinen Regie und Drehbuch von ihrer interessanten Herangehensweise selbst überfordert. Denn auf der Filmmitte verändert sich der Film. Plötzlich schwingt Ip Man aus dem Nichts kommend patriotische Reden. Und er begibt sich auf die Suche nach irgendwelchen Marken, die er den titelgebenden vier Königen abnehmen muss, um hinter die Lösung der Vorgänge zu kommen, wegen derer man ihn als Mörder sucht.
Das ist insofern seltsam, dass Ip Man zu dem Zeitpunkt längst weiß, wer ihn verladen hat. Er muss also eigentlich kein Geheimnis mehr lösen, sondern nur noch für Gerechtigkeit sorgen. Obendrein erweisen sich die Marken als sinnloses Gimmick, das es für den Plot tatsächlich gar nicht braucht. Zumindest sorgen sie für weitere Action, denn die vier Könige geben die Marken nicht kampflos her.
Dabei krankt der Film keineswegs an Action. Ganz im Gegenteil, geht sie doch in regelmäßigen Abständen auf den Zuschauer hernieder. Steigt beispielsweise mit einer großen Keilerei ein, in der Ip Man ein gutes Dutzend an Gegnern abräumt. Hier wird direkt deutlich, dass „Ip Man and the Four Kings“ sehr stilbewusst daherkommt. Zeitlupenstudien von fallenden Regentropfen oder aufspritzendem Wasser lockern die Action kurz auf. Erinnern gar an einen weiteren Ip-Man-Streifen: „The Grandmaster“.
Hernach wechseln sich locker-leichte und deutlich härtere Martial-Arts-Einlagen ab. Denn während Ip Man seine Gegner zunächst eher spielerisch besiegt, lassen die Antagonisten durchaus das Blut spritzen, wenn sie mit Hand und Fuß sowie gewaltigen Messern auf ihre Gegner einwirken. Legt sich Ip Man mit den vier Königen an, wird dann deutlich mehr an den Seilzügen gezogen. Hier darf dann auch kurz mal geflogen werden und kommen physikalisch unmögliche Moves zum Einsatz. Das sorgt im Vergleich zu den anderen Fights im Film für Abwechslung und wird nicht überstrapaziert oder zu fantastisch.
Final wartet ein hübscher Showdown, in dem Ip Man zunächst zahlreiche Handlanger des Oberfieswichtes und dann dessen kampfsporttechnisch sehr versierte rechte Hand umprügeln darf. Das hat alles eine hübsche Laufzeit und ist ordentlich choreographiert. Hier und da wirkt jedoch die Montage in den Actioneinlagen ein wenig schludrig.
Und vor allem rund um Ip-Man-Darsteller Michael Tong („Man of Tai Chi“) wird doch erstaunlich viel geschnitten und recht nah an die Kombattanten herangegangen. So sieht man von Ip Man vor allem viel „Handarbeit“, bei Totalen wird dann sehr darauf geachtet, das Gesicht von Michael Tong nicht zu zeigen. Etwa wenn die Kamera die Fighter aus der Vertikalen / in der Draufsicht filmt. Das lässt schon vermuten, dass der Mime, der vor allem Donnie Yens Handhaltung und Grundstellung teils frappierend exakt kopiert, häufiger mal gedoubelt wird.
Abseits der Action kommen ebenfalls zahlreiche Stilmittel zum Einsatz. Reißschwenks, Fast-Forward-Sequenzen und Colour-Key-Momente sowie eine stylische Split-Screen-Sequenz bezeugen den teilweise ein wenig gewollt wirkenden Stilwillen von Regisseur Liwei Fu, der davor und danach keine weiteren Filme inszenieren durfte.
Schauspielerisch macht Michael Tong als Ip Man eigentlich eine gute Figur. Leider wirkt der Ip Man dieses Filmes in seiner Anlage immer ein wenig zu zögerlich, was ihn ab und an seltsam naiv wirken lässt. Das schlägt freilich auch auf den Darsteller durch, der so wenig glücklich rüberkommt. Die restlichen Darsteller bekleckern sich nicht zwingend mit Ruhm. Einige gehen absolut okay, andere flüchten sich ins Overacting, das dem Film und seiner grundsätzlichen Thriller-Ausrichtung nicht gut steht.
„Ip Man and the Four Kings“ bietet solide Unterhaltung
Ip Man als Teil eines Thriller-Komplotts im Stile eines Unterweltkrimis zu sehen, ist eine hübsche Herangehensweise an den Charakter. Zumal der Thriller-Part gut funktioniert und für ausreichend Spannung sorgt, um dranzubleiben. In der zweiten Hälfte schwenkt „Ip Man and the Four Kings“ aber zu sehr in den Erzählduktus von Wuxia-Filmen um. Bislang komplett egale, unbesiegbare Kämpfer müssen dementsprechend bezwungen werden, um irgendeine absolut irrelevante Queste zu erfüllen.
Es wirkt fast, als habe man zwei verschiedene Episoden einer Ip-Man-Serie aneinander gepappt, so verschieden gerät die Tonalität. Zumal sich das Drehbuch auch keine wirkliche Mühe gibt, die beiden Filmhälften richtig miteinander zu verschmelzen. Die ordentlich umgesetzte Action lenkt von derartigen Problemstellen aber genug ab, um von den insgesamt 75 Nettofilmminuten durchaus kurzweilig unterhalten zu werden. Freilich sollte man aber unbedingt davon absehen, diesen Film irgendwie mit den Donnie-Yen-Filmen zu vergleichen. Das kann nur in Frust enden.
Knappe:
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt am 12. Dezember 2024 von dem Label Dolphin Medien und ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten. Der Film wartet mit einer sehr gelungenen Synchronisation auf und hat beispielsweise Donnie Yens deutsche Stimme für die Hauptfigur verpflichtet. Ihr könnt den Film natürlich auch streamen.
In diesem Sinne:
freeman
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Dolphin Medien__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja |