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Kalter Hauch

Originaltitel: The Mechanic__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1972__Regie: Michael Winner__Darsteller: Charles Bronson, Jan-Michael Vincent, Keenan Wynn, Jill Ireland, Linda Ridgeway, Frank DeKova, James Davidson, Lindsay Crosby, Steve Cory, Tak Kubota, Patrick O’Moore, Martin Gordon, Celeste Yarnall, Athena Lorde, Alison Rose, Howard Morton, Enzo Fiermonte u.a.

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Cover

Mediabook Cover A von „Kalter Hauch“.

Botschaften aus Fernsehern und Radios rauschen als Echo in die Stratosphäre; auch das Murmeln von Passanten und die Geräusche der Stadt sind zu vernehmen. Ansonsten herrscht Stille. Charles Bronson nimmt die Schleichwege um den lauten Strom des Alltags herum, bückt sich unter dem unvermeidlichen Schall hinweg, um auf seine Arbeit fokussiert zu bleiben, die minutiös in Etappen eingeteilt ist. Handgriff um Handgriff setzt sich die Realität zusammen, mechanisch, unkommentiert, unfragmentiert einen zusammenhängenden Strom bildend, an dessen Ende eine logische Pointe warten muss: Die Erfüllung eines Auftrags.

Obwohl Michael Winner mit den wortlosen ersten 15 Minuten von „Kalter Hauch“ die ersten Takte einer Sonate auf das Einzelgängertum anstimmt, kennt die Filmgeschichte etliche geistige Verwandte des Auftragskillers Arthur Bishop, die viel miteinander zu teilen hätten, wären sie nicht alle so wortkarg. Gerade mit den unergründlichen Protagonisten aus den eigenwilligen Werken Jean-Pierre Melvilles, wie Alain Delon in „Der eiskalte Engel“ (1967), verbindet Bishop so manches.

Oder auch mit einem Gene Hackman in der Rolle des Abhörspezialisten aus Francis Ford Coppolas Paranoia-Thriller „Der Dialog“ (1974). Diese Zeitgenossen eint der Blick auf das Umfeld durch Ferngläser und Zielfernrohre hindurch, sie brechen die bestehende Ordnung in Maßeinheiten auf und überschreiben Emotionales mit kalter Präzision. Was solche Grenzgänger aus dem blinden Fleck der öffentlichen Welt wohl antreiben mag, das ist die beißende Frage, die ihre Geschichten so zeitlos erscheinen lässt, dass sie immer noch in steter Regelmäßigkeit variiert werden – wie zuletzt erst wieder in David Finchers „The Killer“ (2023).

Auch nach der experimentellen Eröffnung bleibt die Handschrift gegen den Strich gerichtet, oder zumindest formell-unterkühlt, womit sie nicht zuletzt die Erwartungen an einen stringenten Bronson-Actionthriller untergräbt und zumindest einen Finger nach einem Arthaus-Publikum ausstreckt. Selbst der Unterschlupf des Protagonisten ist ein architektonischer Widerspruch: Einerseits durch Panoramafenster offen wie eine Zielscheibe, andererseits durch die dunklen Holztäfelungen und vielen Pflanzen sperrig und labyrinthisch, steckt er voller verräterischer Hinweise auf die Psychologie seines Bewohners und trägt letztlich doch bloß dazu bei, die Spuren in seine Gedankenwelt zu verwischen. Wenn Bronson mit Satin-Bademantel durch die Flure schlurft, Wein trinkt und Höllengemälde von Hieronymus Bosch studiert, lassen sich damit nur vage Anhaltspunkte über den Profi in Erfahrung bringen, der sich auch im weiteren Verlauf der Handlung wie ein Chamäleon seiner feindseligen Umgebung anpasst, als er moralische Grenzen überschreitet, um seine eigene Existenz zu rechtfertigen.

Der Mord als eine Form des Tötens, die sich vom Handeln der Politik und der Justiz lediglich durch die fehlende Lizenz unterscheidet, führt als Leitmotiv um die Eckpfeiler des Drehbuchs. Eine Umkehr des James-Bond-Credo „License to Kill“ also sorgt für den existenziellen Unterbau, der darin besteht, etwas Institutionalisiertes im Dasein des Killers aufzudecken, etwas, das sich womöglich sogar in einem sozialen Rahmen reflektieren ließe, irgendwo zwischen Sonntagszeitung und Morgenkaffee.

Schaut in den Trailer zu „Kalter Hauch“

Anders als vergleichbare Werke, die ihre Hauptfigur mit zunehmendem Handlungsverlauf bis zur unvermeidlichen Eskalation isolieren, müht sich das Skript von „Kalter Hauch“ deswegen schon im Aufbau darum, diesen sozialen Aspekt zu betonen. Jan-Michael Vincent wird also zum Co-Star neben Bronson ernannt, so dass im weiteren Verlauf die Zusammenarbeit zweier Vertreter eines Berufsstands in die Wege geleitet werden kann, in dem normalerweise alleine operiert wird.

Während Autor Lewis John Carlino im Originalentwurf mit dem Aspekt der Homosexualität ein unzweifelhaftes Motiv für die ungewöhnliche Zusammenkunft anbietet, möchte sich die Verfilmung scheinbar in keinerlei Hinsicht festlegen. Nicht, dass Homoerotisches nicht trotzdem mitschwingen würde, was wohl einerseits an Jean-Michael Vincents preziösem Spiel im Kontrast zu Bronsons verhärteter Erscheinung liegt, andererseits aber vielleicht auch daran, dass es schlichtweg die beste Erklärung für das Handeln der Figuren zu sein scheint, welche ansonsten nicht genug Motivation liefern, um schlüssigere Interpretationen zu begünstigen. In das naheliegende Mentoren-Verhältnis wird nicht genug investiert, als dass es der Schlüssel zum Verständnis der Beziehung zwischen den Killern sein könnte; selbst an das Rache-und-Buße-Motiv, das in einer frühen Sequenz praktisch auf dem Silbertablett präsentiert wird, möchte man nicht so recht glauben, erschiene es doch zu simpel als Erklärung für etwas, das auf etwas weitaus Tieferes eingeschossen scheint.

Die Unentschlossenheit bei der Ausrichtung der Hauptfiguren hätte mit einem Plan im Hinterkopf die Spannung noch erhöhen können. Weil sie aber eher aus kommerziellem Kalkül geboren ist als aus der Inspiration des Autoren, rächt sich die Richtungslosigkeit spätestens im Mittelteil und in der Schwebe vor dem Finale. Obgleich eine gewisse Form des Suspense im stummen Aufbau des Klimax schlummert, versäumt es Winner nach der packenden ersten Viertelstunde, Scheite nachzulegen, um seine Figuren frühzeitig in eine bestimmte Richtung zu lenken und die Ereignisse gezielt anzutreiben. Die Handlung wird stattdessen mit redundant wirkenden Exkursen um Karatekurse, Schießübungen, Clubbesuche und ewig lange Momente des Wartens gestreckt. Salopp gesagt sieht man zwei Killer, die verschiedene Freizeitaktivitäten ausprobieren, um ihre Methodik einander anzugleichen. Der Ertrag dieser Sequenzen ist eher überschaubar; es handelt sich vielmehr um repetitive Manöver von dramaturgisch fragwürdigem Wert, die letztlich folgerichtig zu einem Durchhänger führen.

Handwerklich weiß „Kalter Hauch“ solche Mängel mit einigen Vorzügen auszugleichen. Bei der Exekution eines Opfers in den Dünen spielt die Kamera vorzüglich mit den minimalistischen Lichtverhältnissen und schöpft dabei Eindrücke wie aus dem Marlon-Brando-Entführungsthriller „Am Abend des folgenden Tages“ (1969) von Hubert Cornfield, der seine Stärken auch eher in der Fotografie ausspielte, weniger im Inhaltlichen.

Motorradstunts, Tauchgänge und ein Finale im mediterranen Ambiente von Neapel machen die impliziten Bond-Anleihen auch äußerlich spruchreif, und ein Abschnitt auf einer Landstraße scheint direkt an „Kalter Schweiß“ (1970) angelehnt zu sein; ein namentlicher Bezug, den der deutsche Verleih wohl auch nicht zufällig hergestellt hat. Und am Ende des Abends hat man auch so manches eindrucksvoll in die Luft fliegen sehen. Winner wird den ursprünglichen Erwartungen an einen geradlinigen Thriller letztlich doch noch in einigen Aspekten gerecht, bis hin zu zwei raschen Wendungen am Ende, die Effekt vor Substanz stellen und sich auf diese Weise doch mit einem lauten Knall aus der Affäre ziehen.

Unter den Bronson-Vehikeln gehört „Kalter Hauch“ unter dem Strich sogar zu den besonders memorablen Einträgen. An stylischen Posen und lässigen Auftreten mangelt es dem Hauptdarsteller jedenfalls nicht, zumal Winner immer mit einem Auge so inszeniert, als befänden wir uns in einem Spaghettiwestern, der sich über lange Distanzen definiert. Ergänzt um einen Jan-Michael Vincent, den man nicht einmal ignorieren könnte, wenn man wollte, hätte „Kalter Hauch“ durchaus das Zeug zum Klassiker gehabt… wären doch nur einige inhaltliche Aspekte noch konsequenter und mutiger ausgespielt und die nervöse Anspannung der stummen Einleitung über die gesamte Laufzeit konserviert geblieben.

6 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von „Kalter Hauch“

Limited Collector’s Edition #84

Über so manchen Actionthriller der frühen 70er weht längst schon der kalte Hauch des Vergessens, aber ausgerechnet bei „Kalter Hauch“ könnte der Hauch kaum weniger kalt sein. Soll heißen: Auch wenn es Bronson-Winner-Kollaborationen gegeben hat, die sogar noch mehr in Erinnerung geblieben sind, ihre zweite Zusammenarbeit nach „Chatos Land“ war im Grunde immer prominent positioniert in der Filmlandschaft. Dem Kinostart folgten VHS-Kassetten von Warner, begleitet von unzähligen TV-Ausstrahlungen, MGM sorgte für etliche DVD-Auflagen, mal solo, mal im Paket, bis vor vierzehn Jahren schon über EuroVideo eine Blu-ray erschien. Das geschah wohl nicht von ungefähr im Jahr 2011, da zu dem Zeitpunkt nämlich auch das Remake mit Jason Statham in die Kinos kam, das fünf Jahre später sogar noch fortgesetzt wurde. Streamen könnt ihr den Streifen freilich auch!

Dass Wicked Vision den Dauerbrenner trotzdem noch einmal in die „Limited Collector’s Edition“-Reihe aufnimmt, wird vor allem mit der taufrischen 2K-Restauration vom 35mm-Positiv begründet und beworben. Letztlich steht dahinter aber natürlich wieder ein Paket, das darauf abzielt, alle vorherigen Veröffentlichungen möglichst in allen Kategorien zu schlagen.

Die Verpackung

Nicht zuletzt in Sachen Cover-Vielfalt. Man muss schon bis „E“ buchstabieren können, um sämtliche Optionen durchzuzählen. Fünf Motive wurden aus dem MGM-Archiv somit zu Tage gefördert, wobei über die Limitierung der einzelnen Ausgaben nichts bekannt ist, sondern nur, dass die Gesamtauflage bei 1500 Stück liegen soll.

Cover A ist nicht nur das Originalposter, sondern auch ein direkter Link zum Originalposter des Melonen-Splatter-Spektakels „Das Gesetz bin ich“, das ja im Jahr 2018 bereits als elfter Titel der Mediabook-Reihe veröffentlicht wurde. Die markant nachgezogene Kontur von Bronsons Silhouette, diesmal passend zum Titel in Eisblau statt in Rot-Gelb, ordnet beide Titel derselben Entstehungszeit zu. Als Motiv dient eine Sequenz aus dem Film, in der Bronson seinem alten Freund hinter einer Düne auflauert. Im klassischen Sinne schön ist das nicht, aber dafür bekommt man hier die volle Dosis Retro-Power.

Cover B reitet zweifellos die Bond-Welle, insofern es mit den drei abenteuerlichen Szenarien zu Motorrad, im Boot und unter Wasser Exotik, Thrill und globales Spektakel verspricht. Bronson scheint rechts daneben in breitbeiniger Pose mit seinem Namen dafür zu bürgen, dass man hier bekommt, was man bestellt hat. Die prominent platzierte Tagline („Er tötet auf Bestellung – leise und erbarmungslos“) und die ebenfalls auffälligen Credits sorgen für eine gewisse Schaukasten-Ästhetik. Das durchdringende Blau, das sich beim schwarzen Cover A in den Akzenten ablegt, sorgt hier für die Füllung des Hintergrunds.

Kalter Hauch

„Kalter Hauch“ erscheint in fünf verschiedenen Mediabooks.

Dann wäre da noch Cover C, dessen eierschalenfarbene Grundierung an die spröden Hitman-Thriller der frühen 70er gemahnt, wobei das Zielscheibenmuster und das überdimensionale Scharfschützengewehr dabei durchaus hilfreich sind. Auch dieses Motiv mag nicht auf das Unterwasserszenario verzichten, auch wenn es etwas verloren als bunter Schaukasten in die insgesamt eher dezente Rahmenkomposition eingearbeitet ist.

Cover D setzt auf überhöhten Portrait-Realismus und liefert eine Büste des Hauptdarstellers mit angelegter Waffe, umschmeichelt von einem dezenten Halo-Effekt. Das Motiv mit seinem schwarzen Hintergrund ist minimalistisch und genügsam, die an alte Schreibmaschinen erinnernde Schriftart von Titel und Hauptdarsteller sind perfekt an den Hintergrund angepasst, auch wenn man bei der Machart im Gesamten eher an Mid-Budget-Thriller der späten 80er oder frühen 90er denken muss.

Cover E zuletzt variiert die Bond-Collage von Cover B mit weißen Hintergründen, goldenem Rahmen und dem englischen Titel samt englischer Tagline „The call him The Mechanic – He has 100 ways to kill…and they all work!“. Am Motiv selber wurde nicht viel geändert, daher hängt die Auswahl davon ab, welche Farbmuster man bevorzugt und ob es eher der englische oder der deutsche Titel sein soll.

Das Booklet

Im Inneren wird es – trotz des schwarzweißen Innendrucks hinter den Trays – ziemlich bunt. Blu-ray (mit einer Abbildung Bronsons beim Anvisieren durch das Zielfernrohr seines Scharfschützengewehrs) und DVD (mit Motorradjagd an der Steinklippe) irritieren zunächst einmal mit gelben Hintergründen, die sich mit der wilden Foto-Collage des von Weiß, Blau, Rot und Hautfarben dominierten Booklet-Covers zu einer ziemlich überladenen Angelegenheit verbinden. Aufgeräumter wird es erst im Inneren mit Christoph N. Kellerbachs Essay „Zwei Profikiller und eine tragische Liebe – Charles Bronson, Michael Winner und ‚Kalter Hauch’“.

Der Autor vollzieht hier seine gewohnte Routine, indem er bei den jungen Jahren der wichtigsten Figuren in der Produktion, in diesem Fall Regisseur Michael Winner und Charles Bronson, ansetzt, um anschließend eine Brotkrumenspur Richtung Dreharbeiten zu legen und mit Veröffentlichung, Rezeption und einem kleinen persönlichen Fazit abzuschließen. Das ist formell eher Malen nach Zahlen, erfüllt aber gerade im informativen Sinne immer wieder seinen Zweck, denn gerade von den vielen Details wird die Entstehungszeit des Films wieder lebendig.

Fast beiläufig wird dabei auch stets der Film selbst in seiner Gesamtwirkung beschrieben. Sogar eine gewisse Form verschrobenen Humors kann man Kellerbach wohl nicht absprechen („Am Ende stimmte Winkler Bronsons Forderungen zu und fragte ihn sogar, ob er noch weitere Wünsche hätte. Aber nein, das war alles.“), so dass es sich alles in allem wieder wie Butter durch die Seiten liest. Der Text führt durch das gesamte 24-Seiten-Booklet, wird allerdings immer wieder von großzügigen Abdrucken teilweise sogar ganzseitigen Stills unterbrochen.

Das Bild

Und damit sind wir beim Herzstück einer jeden Edition angelangt: Dem Hauptfilm. Wie bereits einleitend angemerkt, liegt dieser in einer neuen 2K-Restauration vor und unterscheidet sich somit von dem alten Master der EuroVideo-Blu-ray. Grundsätzlich variieren die Bildeigenschaften je nach Szene stark. Im dunkel ausgeleuchteten Apartment Bronsons und in Szenen bei Nacht krabbelt immer noch eine satte Lage Filmkorn über das Bild. Es gibt auch Einstellungen, in denen der Bildschirm zur Tanzfläche für Schmutzpartikel wird.

Dann wiederum gibt es Momente, in denen Weichzeichner die Kulisse kuschelweich machen. In wieder anderen Passagen, insbesondere solchen bei offenem Tageslicht, hat man dagegen völlig klare Sicht auf eine Fülle an Details. Man könnte sagen, dass die Restauration all diese Eigenschaften herausarbeitet und dadurch erst sichtbar macht. Hervorgehoben wird vom Label übrigens, dass die „Day for Night“-Sequenz, sprich, die Szene, in der Bronson seinem Freund im Dunkeln am Strand auflauert, weltweit erstmals in authentischer Kolorierung präsentiert wird. Im vorliegenden Transfer führt die Technik (bei Tag gedrehte Szene, die mit Farbfiltern zur Nacht gemacht wird) jedenfalls zu einem atmosphärischen Highlight des Films.

Alternative Restauration

Wer die Errungenschaften der Restauration noch mehr zu schätzen wissen möchte, hat im Bonusmaterial der Blu-ray übrigens Zugriff auf eine „alternative Restauration“. Allzu stark unterscheiden sich die Fassungen nicht voneinander, gerade in dunklen Szenen ist aber bei der Bonusfassung ein noch deutlich stärkeres Rauschen zu spüren, auch die Schärfe scheint bei der Hauptfassung etwas ausgefeilter zu sein. Laufzeit und sogar Ton- und Untertiteloptionen entsprechen dabei der Hauptfassung.

Der Ton

Was den deutschen Ton angeht, so liegt dieser zumindest auf der Blu-ray gleich in doppelter Ausführung vor, nämlich in gefilterter und ungefilterter Form. Das ursprünglich angelieferte Rohmaterial litt unter matschigen Klangeigenschaften und einer verfälschten Tonhöhe, die den Stimmen mitunter einen Valium-Effekt verliehen. Hier wurde noch einmal intensiv Hand angelegt. Nicht nur wurde die Tonhöhe dabei korrigiert, sondern auch dafür gesorgt, dass Stimmen, Musik und Effekte wesentlich plastischer wirken. Der Preis für diese Verbesserung kommt in Form eines konstanten Grundrauschens, das aber aufgrund der gleichbleibenden Dynamik im laufenden Betrieb schnell in Vergessenheit gerät.

Mit den beiden Tonspuren hat man die Wahl, ob man den Rauscheffekt lieber etwas minimiert haben möchte und leichte Einbußen im akustischen Detail in Kauf nimmt oder andersherum. Bei der englischen Tonspur ist von einem Rauschen hingegen nichts zu spüren, auch sonst überzeugt der O-Ton mit ausbalancierter Dynamik im Rahmen der Möglichkeiten einer Mono-Quelle. Die Musik klingt voluminös, Explosionen wuchtig.

Aber die Sprachoptionen mal beiseite geschoben… was wäre eine Wicked-Vision-Limited-Collector’s-Edition ohne Audiokommentare?

Die Audiokommentare

Exklusiv für diese Veröffentlichung wurde der deutsche Kommentar mit Dr. Gerd Naumann, Matthias Künnecke und Christopher Klaese aufgenommen. Dass die drei Herrschaften hinter ihrem filmwissenschaftlichen Gestus ziemlich viel Humor haben, machen sie gleich in den ersten Minuten deutlich. Der MGM-Löwe brüllt tonlos, das United Artists-Logo setzt sich still zusammen, die erste Szene öffnet sich, aber es ist einfach kein Ton zu hören. Nach einer halben Minute Stille klärt Klaese die Hörer dann darüber auf, dass man sich ja eigentlich einen Spaß machen wollte, indem man wie Bronson die ersten 16 Minuten einfach schweigt.

Das wäre mal echte Kommentatoren-Avantgarde gewesen. So aber beginnt nun mit leichter Verzögerung die übliche Diskussionsrunde über Bronson, das amerikanische Thriller-Kino der 70er und die zugehörige Welt. Die homoerotische Komponente der Vorlage wird ebenso analysiert wie der für männliche Härte stehende Hauptdarsteller, „Get Carter“ wird zum Vergleich herangezogen und an diesem Beispiel der Einfluss des britischen auf das amerkanische Kino erörtert. Von der jeweils gerade laufenden Szene befreit sich die Unterhaltung schnell, nimmt den Film als Ganzes aber natürlich als Zentrum und Ausgangspunkt und zieht daraus Schlüsse zum damaligen Status Quo der gesamten Branche.

Schon etwas älter ist der englische Kommentar mit Nick Redman und Kameramann Richard Kline, der bereits 2014 auf der US-Blu-ray von Twilight Time zu hören war. Logisch, dass er sich im technischen Sinne vor allem auf die Kameraarbeit konzentriert. Das ergibt schon Sinn, denn „Kalter Hauch“ ist ein Film, der zu nicht unerheblichen Anteilen von diesem Aspekt profitiert. Obwohl das alleine schon erschöpfend wäre, um einen Kommentar zu füllen, gehen Fragen und Antworten teilweise auch über das Technische hinaus, wird Kline doch auch über seine persönlichen Erfahrungen beim Dreh und seine Beziehung zu Bronson befragt, den er als Freund aus alten Tagen bezeichnet.

Die Extras

Kalter Hauch

Bronson-Spezialist Dwayne Epstein in der Featurette „American Samurai“.

Unter den Video-Extras heben sich vor allem zwei Featurettes hervor. „American Samurai“ ist nicht nur der Titel eines 1992er-Actionstreifens mit David Bradley und Mark Dacascos, sondern auch ein 2017 produziertes halbstündiges Interview mit Journalist Dwayne Epstein, der Bronson mit diesem Begriff belegte, als er eine Biografie über den Actionstar plante. Er geht vor allem auf die Kompatibilität zwischen Bronson und Winner bezüglich der bevorzugten Arbeitsmethodik ein, greift aber auch die Besetzungsgeschichte auf (Richard Dreyfuss statt Jan-Michael Vincent) und beleuchtet das problematische Verhältnis zwischen Bronson und seinem Co-Star Vincent am Set, um schließlich die Persona Bronson und ihre Ausstrahlung als Typus zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu diskutieren. Epstein pflegt ganz offensichtlich eine persönliche Begeisterung für den charismatischen Darsteller und das Kino, für das er steht, so dass sich sein Enthusiasmus auf den Zuschauer überträgt.

Der 2021 verstorbene Monte Hellman, der ursprünglich für die Regie von „Kalter Hauch“ vorgesehen war, ist in einem zweiten Interview zu sehen, das 2015 in seinem Haus in Los Angeles aufgenommen wurde. Hellman, dessen bekannteste Regiearbeit wohl der inzwischen zum Kultfilm gereifte „Asphaltrennen“ (1971) sein dürfte, müht sich darum, sich an seine Arbeit am Film zurückzuerinnern, hat sie aber aufgrund des für ihn unerfreulichen Ausgangs des Projekts weitestgehend verdrängt, was das gesamte Interview ein wenig müßig erscheinen lässt. Der Versuch ehrt ihn allerdings, und immerhin schafft das Gespräch ein Bewusstsein für all die Arbeit Filmschaffender, die vielleicht nie mit einem fertigen Film belohnt wird, nichtsdestotrotz aber Tage, Wochen und Monate an Zeit verschlungen hat.

Während die alternative Fassung und die beiden Featurettes auf der beigelegten DVD fehlen, sind zumindest die englischen Trailer (einer unter dem Titel „The Mechanic“, einer als „Killer of Killers“), der deutsche Trailer sowie eine großzügige Bildergalerie (15 Minuten, mit voluminösem Stereo-Soundtrack unterlegt) mit satten 188 Seiten voller Poster, Lobby Cards, Pressematerial, Stills und Mediencovern auf beiden Medien abgespeichert.

Damit wäre „Kalter Hauch“ dann auch bis auf Weiteres warmgehalten und erfreut sich nun in einer hübschen und gut ausgestatteten Sammleredition seines neuen Daseins als 2K-Remaster. Das sollte erst einmal wieder für ein paar Jahre reichen, den Titel in wohliger Erinnerung zu halten… bis jemand auf die Idee kommt, das Statham-Remake zu remaken…

Bildergalerie

Kalter Hauch

Bei Bronsons Kochkünsten brennt’s immer zweimal.

Kalter Hauch

Wenn sich zwei streiten, freut sich der Bronson.

Kalter Hauch

Junge, such dir mal einen Job! Hier, wie wär’s damit: Profi-Killer in Teilzeit gesucht.

Kalter Hauch

Der Moment des Films, der für das deutsche Poster Pate stand.

Kalter Hauch

Da war Karate Tiger noch ein einsamer Schwimmer in Jean-Claude Van Dammes Suspensorium.

Kalter Hauch

Ob an Steilklippen oder an Swimmingpool-Rändern: In „Kalter Hauch“ fahren sie viel mit Motorrädern.

Kalter Hauch

Am Ende lässt es das stille Wasser doch noch ziemlich krachen.

Kalter Hauch

Wie zu High-Noon im Western: Bronson vs. Vincent.

Sascha Ganser (Vince)

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