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Monster A-Go Go

Originaltitel: Monster A-Go Go__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1965__Regie: Bill Rebane, Herschell Gordon Lewis__Darsteller: Phil Morton, June Travis, George Perry, Lois Brooks, Rork Stevens, Peter Thompson, Robert Simons, Barry Hopkins, Stu Taylor, Lorri Perry, Del Clark, Art Scott u.a.

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Monster A-Go Go Cover

Das Poster von “Monster A-Go Go”

Radioaktiv verstrahlte Astronauten neigen dazu, nach ihrer Rückkehr zur Erde erst mal eine Runde spazieren zu gehen. Am liebsten über eine x-beliebige Wiese im amerikanischen Hinterland. Die Stille ist nach dem Terror eines schiefgegangenen Weltraumeinsatzes wohl einfach zu verführerisch, und wenn die Walgesänge des tiefen Ozeans unerreichbar sind, dann tut’s zur Not auch das Muh-Konzert der heimischen Kuhherde. Nicht hinreichend geklärt ist jedoch, ob es nun wirklich der Astronaut ist, der die Wiesen-Kulisse von Illinois braucht oder ob es nicht vielleicht umgekehrt die öde Landschaft ist, die sich einfach nach einem Farbtupfer sehnt. So oder so, der notorisch klamme Pulp-Regisseur, der hinter der Kamera zwischen den Grashalmen hockt, hat wohl aus monetären Gründen gar keine andere Wahl, als hier und jetzt irgendwo im Nirgendwo diesen seltsamen Film über einen leuchtenden Astronauten zu drehen.

Wir schreiben jedenfalls das Jahr 1962, und der inzwischen allseits berüchtigte, damals aber noch namenlose Bill Rebane wagt sich an seinen ersten Versuch eines Horrorfilms. „Monster A-Go Go“, mit diesem scheußlichen Titel erblickte das fertiggestellte Werk 1965 schließlich das Licht des Projektors, nicht jedoch, ohne dass mittendrin der Geldhahn austrocknete. Herschell Gordon Lewis, der in der Zwischenzeit mit „Blood Feast“ Gore-Geschichte geschrieben hatte, nahm sich der Ruine aus gefilmten Wiesen schließlich an und drehte neue Szenen, um fertigzustellen, was als Double-Feature-Gegenstück für seinen eigenen neuen Film „Moonshine Mountain“ dienen sollte. Man würde nun annehmen, in diesem Stop-and-Go (-Go) liege der Schlüssel für die inakzeptable Qualität, zumal die Brüche im Erzählton, im Schnitt, in der Handlung und der Motivwahl augenscheinlich sind. Aber das wäre wohl zu kurz gegriffen, denn auch die beiden halben Filme ergeben für sich genommen keinerlei Sinn.

Monster A-Go Go

US-Astronauten müssen zunächst ein spezielles Diätprogramm absolvieren, damit sie in die Raumkapsel passen.

Doch rollen wir die Wiese von vorne auf. Da draußen ist es trist, grau und quadratisch (genauer gesagt: klassisch schwarzweiß im 4:3-Format), als sich zwei Komparsen in Polizeiuniform über eine abgestürzte Flugkapsel der US Army beugen, bei der es sich in Wirklichkeit wohl eher um einen angekokelten Pappaufsteller handelt, der kaum größer ist als der Mensch, der angeblich darin gehockt haben soll. Tollkühne Thesen über den mutmaßlichen Ablauf des Absturzes werden gestellt. Da gehen auf Anhieb sämtliche Ed-Wood-Alarmglocken los, und sollten im nächsten Moment Gummitentakel aus dem Off ins Bild ragen, dürfte es nicht weiter verwundern.

Doch zu früh gefreut, liebe Monsterfilmfreunde, derartige Delikatessen des schlechten Geschmacks bleiben euch verwehrt, denn Eyecandy der Marke „glibbriges Tentakelmonster“ wird nicht geboten. Da sind bloß diese begriffsstutzigen Polizisten, die sich am Tatort ratlos den Kopf kratzen, da sind Wissenschaftler, die selbiges über ihrem Mikroskop tun, und, natürlich, da ist das Militär, das vor allem an praktischen Lösungen interessiert ist.

Monster A-Go Go

Let’s do the Twist!

Anstatt aber die Figuren vernünftig zu etablieren, ihre Motivation anhand ihrer Handlungen nachvollziehbar zu machen und dem Zuschauer auf diese Weise näher zu bringen, übernimmt diesen Job ein Off-Erzähler (niemand Geringerer als der Regisseur selbst), dessen Stimme durchgehend diese Färbung eines aufgeregten Vertreters annimmt, der versucht, den Leuten Waschmittel oder Staubsauger zu verkaufen. Man sollte ihm wohl trotzdem aufmerksam Gehör schenken, denn aus den Bildern alleine wird man nicht schlau; da wird von der Wiese ins traute Eigenheim einer sich sorgenden Verwandten des vermissten Astronauten geschnitten, von dort ins Labor und dann gleich hinein in die Monster Vision des Streuners, der es auf ein paar Backfische abgesehen hat, die sich gerade auf seiner geliebten Wiese sonnen (wobei nur eine von ihnen dazu angemessen mit Bikini bekleidet scheint, während die anderen in Gedanken wohl schon in ihrem Herbsturlaub sind). Letzteres Szenario dürfte bereits den Nachdrehs von H.G. Lewis angehören, denn tonal gleitet die Szene in flapsige Spine-Chiller-Sphären ab, wohingegen Rebane zu Beginn noch um einen seriösen Ton bemüht ist, beinahe so, als glaubte er, mit mit Fakten zu jonglieren statt mit Fiktion.

Monster A-Go Go

Die schauspielerische Darbietung als Leiche ist eine gemeinhin unterschätzte Kunst.

Diese ambitionierte Verbissenheit kennt man so auch von Ed Wood, doch was sich bei ihm durch beständiges Strampeln in einen Butterklotz höchster Trash-Vergnügen verwandelte, das sorgt in „Monster A-Go Go“ lediglich für zähflüssige Soße. Charaktere werden viele eingeführt, keiner jedoch so richtig. Einer tritt sogar in einer Doppelrolle auf, ohne in einer davon Eindruck zu hinterlassen, die meisten wiederum kehren nach der (immerhin zwei Jahre dauernden) Halbzeit verständlicherweise nicht mehr aufs Feld zurück und müssen gegen neue Darsteller getauscht werden, was zu unvorteilhaften Improvisationen im Drehbuch mit auffälligem Bruch in der Mitte führt. Was sich bei einem Hitchcock zum Geniestreich entwickelt, muss ja noch lange nicht bei jedem Wald-und-Wiesen-Regisseur funktionieren…

In Sachen Story befinden wir uns immer noch in den 50er Jahren, die ja regelrecht überbevölkert waren von schießwütigen Generälen und Mad Scientists, sich darum streitend, wie man wohl am besten mit einer atomaren Bedrohung aus dem Weltall umgeht. Schon zu Beginn seiner Karriere hinkte Rebane also dem Zeitgeist zehn Jahre hinterher, ein Umstand, den er in den folgenden zwanzig Jahren nicht mehr korrigieren konnte oder wollte, womit er quasi zum Archivar für jüngere Horrorfilmgeschichte avancierte. Dennoch ist der Filmtitel nicht das einzige Indiz dafür, dass wir inzwischen doch bereits in den 60ern angelangt sind. Wohl nichts zeugt mehr von der Gegenwart als die völlig fremdkörperartige Tanzsequenz, die es wohl nur deswegen in den Film geschafft hat, weil Rebane einen Narren am Twist gefressen hatte und ihm bereits zuvor zwei Kurzfilme widmete.

Monster A-Go Go

Das Wandern ist des Monsters Lust.

Ästhetisch erinnern Rebanes Aufnahmen manchmal ein wenig an Jack Hill (“Foxy Brown“), der in jener Dekade besonders umtriebig war und einige Exploitation-Kracher vorzuweisen hatte. „Monster A-Go Go“ fühlt sich aber an wie eine völlig bedeutungslose Replika von Science-Fiction-Heulern wie „Schock“, der man nicht einmal die Bedeutung beimessen würde, ein Verbindungsstück zu sein vergleichbaren Werken späterer Jahrzehnte, etwa zum Melt Movie „Planet Saturn lässt schön grüßen“. Doch der hatte wenigstens eine permanent schmilzende Hauptattraktion zu bieten. Was man dem hochgewachsenen Henry Hite in der Rolle des Astronauten Frank Douglas hingegen aufs Gesicht gekleistert hat, konkurriert mit den niedersten Abgründen, die das bisweilen im Urschlamm watende Zombie-Bahnhofskino jemals hervorgebracht hat. Durch seine schiere Größe und seine bewusste Inszenierung in Aufsicht fühlt man sich bei seinem Anblick wohlig an solch markante Mimen wie Carel Struycken (der Riese aus „Twin Peaks“) oder Michael Berryman (wer ihn einmal zu Gesicht bekam, wird ihn nie wieder vergessen) erinnert, alles in allem ist das aber schon ein wenig mager für einen Streifen, der sich das Monster sogar aufs Etikett geschrieben hat.

Monster A-Go Go

Mal wieder verlaufen?

Mit einem Schlusswort, das direkt aus den Geheimdokumenten der „Twilight Zone“-Archive entnommen scheint, entlässt uns der Sprecher in den wohlverdienten Abspann. Alles in allem dauert der Spaß nicht einmal 70 Minuten, was beweist, dass man sich auch auf kurzer Strecke vortrefflich langweilen kann. Vermutlich ist das die direkte Konsequenz des Umstands, dass hier völlig planlos versucht wurde, ein nicht mehr zu rettendes Projekt auf Filmlänge aufzublasen, nur um nicht gleich einen ganzen Film neu drehen zu müssen. „Monster A-Go Go“ hat immerhin drei einprägsame Bilder zu bieten: 1. den in Aufsicht gefilmten Riesen-Astronauten auf Wiesen-Wanderschaft, 2. das zur knautschigen Maske des Todes erstarrte, jedoch immer noch vital zuckende Gesicht seines ersten Mordopfers und 3. die über Aufnahmen des Weltalls einkopierten tapsigen Schritte der Beinkleider eines Raumanzugs, die quasi symbolisch für Bill Rebanes Anfänge als Regisseur stehen und die Navigationsqualitäten seines Debüts durch die unergründlichen Weiten (um nicht zu sagen: Wiesen) von Schnitt, Dialog und Dramaturgie.

1 von 10

Schaut in den Trailer von “Monster A-Go Go”

„Monster A-Go Go“ ist Teil eines Box Sets namens “Weird Wisconsin: The Bill Rebane Collection”, das vor einigen Monaten über Arrow Video in England erschienen ist. Darin enthalten sind vier Blu-rays mit insgesamt sechs Filmen des Regisseurs sowie einem Dokumentarfilm über sein Schaffen. Enthalten sind außerdem weitere Extras zu jedem einzelnen Film, wie Interviews mit Kritikern oder dem Regisseur selbst, ferner ein 60-seitiges Booklet. Alle Filme wurden komplett restauriert und für High Definition aufbereitet. Besser macht es den Film zwar nicht, aber zumindest das Seherlebnis.

Sascha Ganser (Vince)

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