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The Creator

Originaltitel: The Creator__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Gareth Edwards__Darsteller: John David Washington, Madeleine Yuna Voyles, Ken Watanabe, Ralph Ineson, Allison Janney, Gemma Chan, Sturgill Simpson, Marc Menchaca, Robbie Tann, Veronica Ngo, Amar Chadha-Patel, Leanna Chea, Ian Verdun, Michael Esper, Karen Aldridge, Mackenzie Lansing, Charlie McElveen u.a.

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Cover

Das Poster von “The Creator”.

Ein Kind, das die Welt bedeutet. Je nach Erzählrahmen kann durchaus das Schicksal der gesamten Menschheit auf seinen kleinen Schultern lasten, gestützt durch einen starken Beschützer im Hintergrund, den Fackelträger in der Dunkelheit, der dafür sorgt, dass die Bestimmung schlussendlich erfüllt werden kann. Hier erwacht einmal mehr ein uraltes Motiv nicht nur des Science-Fiction-Kinos zum Leben, sondern ein universeller Schlüssel zum Verständnis allen Erzählens. Denn hinter der Unschuld verbirgt sich immer die Blüte der Zukunft.

In „The Creator“ steht dieses Motiv ganz im Dienste einer philosophischen Betrachtung zum Thema künstliche Intelligenz. Die fällt zwar weniger tiefsinnig aus als man sich wünschen würde, hat dafür aber doch zumindest den Anspruch, tief berührend zu sein. Mit einem überdimensionalen Emotionsfänger hascht Gareth Edwards schon gleich im Prolog nach den Herzen der Zuschauer, als er eine von KIs herbeigeführte Nuklearkatastrophe im Herzen Amerikas rekapituliert, die Millionen Menschenleben gekostet haben soll. Dass er die zugehörigen Aufnahmen in den ausgeblichenen Look der 50er Jahre taucht, einer Zeit also, die von einer durchdringenden Furcht vor dem postnuklearen Zeitalter bestimmt war, ist sogleich das erste Indiz, dass es beim Entwurf der dystopischen Zukunft weniger um Authentizität geht als um das möglichst effektive Aufkochen von Emotionen.

Es ist wohl kein Zufall, dass „The Creator“ kurz nach „Oppenheimer“ in den Kinosälen landet, denn gesellschaftliche Ängste kreisen heute mehr denn je über dem gewaltigen gestrandeten Leib des Globus. Der Filmtitel folgt wirkungsvoll als mächtige weiße Tafel auf den Weitwinkel eines sich ausbreitenden Atompilzes. Zerstörung und Erschaffung, nur einen Schnitt voneinander getrennt. Dann Eindrücke sich windender Maschinen in der Schrottpresse, semantische Spitzfindigkeiten zu dem feinen Unterschied zwischen „tot“ und „aus“, kurzum, die Suche nach der Schnittstelle zwischen perfekter Imitation menschlichen Lebens und Imperfektion der Menschlichkeit ist eröffnet. Subtil geht anders, hier wird mit aller Kraft an den Tränenkanälen gezerrt.

The Creator

John David Washington als Spezialagent in einem Krieg mit verschwommenen Fronten.

Aber: Es funktioniert. John David Washington und Gemma Chan mit Babybauch in einer Oase des Friedens miteinander interagieren zu sehen, das hat, obgleich es nur Minuten dauert, wenn überhaupt, einen Geschmack von Ewigkeit an sich. Die Chemie ist so perfekt ausbalanciert, dass sich Gareth Edwards viele Regieminuten einspart, in denen er sonst den emotionalen Unterbau noch weiter hätte stabilisieren müssen. Ein Augenschlag nur, und die Wege der Liebenden dürfen sich trennen, ohne dass man in den folgenden zwei Stunden auch nur einmal an der Motivation des Protagonisten zweifeln würde. Das ist durchaus effizient zu nennen.

Und das Artdesign hilft tatkräftig dabei mit, das zur Melancholie des Aussterbens passende Ambiente zu erschaffen. Mandarinenfarbene Streifen an einem nächtlichen Himmel, über den ein monolithenhafter Scanner Schneisen zieht, während am Boden die Synergien von Naturvölkern und hochentwickelten Computertechnologien für eine malerische Idylle sorgen. Wenn man dieser Produktion zu etwas gratulieren sollte, dann ist es seine trotz spektakulärer Schauwerte an SciFi-Indies erinnernde Effizienz, die eine direkte Brücke zu „Monsters“ legt, mit dem sich der Regisseur einstmals für Hollywood bewarb. „The Creator“ ist prall gefüllt mit Schönheit, die einzig zu jenem Zweck geschaffen scheint, von der Auslöschung bedroht zu werden. Der Selbstzweck der architektonischen Linien, die durch den Wildwuchs der Wälder streifen, ist zum Greifen spürbar, aber zu einlullend, als dass man ihn dem Film zum Vorwurf machen könnte. Was hier mit 80 Millionen Dollar erschaffen wird, während so manch andere Produktion in diesem Jahr das vierfache Budget zur Verfügung hatte, um es mit proletenhafter Trash-Ättitüde zu verschleudern, ist nichts geringeres als ein Augenöffner. Dazu noch Hans Zimmers Soundtrack als nahtlose Versiegelung süßwarmer Vernichtung, angereichert mit dem elektronischen Knistern von Radioheads „Everything in Its Right Place“. Man bangt wahrlich um den Verlust von etwas Wunderschönem.

The Creator

Das Produktionsdesign lebt von der Symbiose aus Technologie und Natur.

Aber: nomen non semper est omen. Wo es inhaltlich um einen Erschaffer geht, sind von außen weniger Erschaffer, sondern vielmehr Bastler und Popkultur-Staubsauger am Werk. „The Creator“ mag auf einem Originaldrehbuch basieren und keiner wie auch immer gearteten Vorlage folgen, dennoch scheint er vollumfänglich auf bereits etablierte Bausteine zu vertrauen, selbst was seine angesprochenen Stärken angeht. Der Monolith am Himmel verkörpert zwar eindrucksvoll eine der größten Ängste der digitalisierten Gesellschaft, diejenige vor der ausweglosen Durchleuchtung, er ist aber letztlich ein Schatten des Schiffs aus „Arrival“ (2016) oder des Flugkörpers aus „Nope“ (2022). Das Nebeneinander von Technik und archaischer Stammeskultur wurde in den letzten Jahren bereits von der Videospielserie „Horizon“ durchexerziert. Steven Spielbergs „A.I. – Künstliche Intelligenz“ (2001) schuf die Schablone für das Design der Androiden, das zwischenzeitlich auch in kleineren SciFi-Filmen wie „Ex Machina“ (2015) oder Videospielen wie „Detroit – Become Human“ (2018) weiterentwickelt wurde: Ein perfekt nachgebildetes Gesicht als Spiegel einer Seele voran, die offen gelegten Bauteile des Körpers dahinter als verräterisches Anzeichen von Simulation. Das Konzeptdesign von Neil Blomkamps Filmen legt sich auf den metallenen Oberflächen der Maschinen und Geräte nieder, nicht zuletzt auch der sozialphilosophische Aspekt seiner Welten. Und allgemein wirkt der gesamte Krieg zwischen Mensch und KI wie eine Vorstufe zur Utopie von „Star Wars“, in der dank C-3PO und R2-D2 längst erreicht ist, worum hier noch bitter gekämpft wird: Die Akzeptanz aller Lebens- und Aktivitätsformen.

So fühlt man sich vom Fortgang der Ereignisse mit zunehmender Laufzeit unterfordert, folgt doch längst nicht nur das Design, sondern auch das Handeln der Figuren ebenso wie der dramaturgische Aufbau lediglich ausgehobenen Pfaden wie das Wasser in einem Flussbett. Das Skript versäumt es, Überraschungen auszustreuen, alternative Wege zu beschreiten und unverbrauchte Diskurse anzustoßen. Nicht nur Washington und sein kleiner Co-Star Madeleine Yuna Voyles bedienen Archetypen, auch in Nebenrollen finden etwa Allison Janney, Marc Menchaca und Amar Chadha-Patel sehr beschränkte Herausforderungen vor. Dennoch gelingt es ihnen allen, reizvolle Nuancen einzubringen und Altgedientes frisch wirken zu lassen, wobei besonders Voyles in ihrem Schauspieldebüt zwei, drei Momente überwältigender Menschlichkeit gelingen, einschließlich einer letzten Sequenz kurz vor dem Abspann. Das verhindert zwar nicht, dass man die fehlende Originalität kritisch hinterfragt, es hilft aber dabei, die Kröte zu schlucken.

Denn die schnörkellose Auseinandersetzung mit philosophischen Grundfragen hat sicherlich auch ihre Vorteile. Wie schon in „Rogue One“ beleuchtet Gareth Edwards die Motivation der Kriegstreibenden gleichmäßig von allen Seiten und schafft aus der Distanz eine gewisse Nachvollziehbarkeit, die seine Erzählung greifbar und die Ereignisse plausibel wirken lässt. Dass hier und da auch mal ein gut gesetzter Gag die Stimmung auflockert, trägt sicherlich zusätzlich dazu bei, die Handlung bei aller Dramatik im Kern humanistisch wirken zu lassen. Einer jeden Kultur dürften sich die getroffenen Aussagen universell erschließen, womit der Film seinem Anspruch gerecht wird, von der Welt zu handeln und für die Welt gemacht zu sein; mehr jedenfalls als ein „Avatar“, der Ähnliches unter Rückgriff auf eine Parabel mit dem Namen „Pandora“ versuchte und an seiner Banalität scheiterte.

The Creator

Alfie (Madeleine Yuna Voyles) muss mit ansehen, wie die Welt vor ihren Augen untergeht.

Letztlich ist „The Creator“ aber keineswegs das neue Science-Fiction-Meisterwerk, das all unsere liebsten Klassiker der 70er und 80er in den wohlverdienten Ruhestand schickt. Gareth Edwards vertraut zu sehr auf erzählerische Allgemeinplätze und bedient sich allzu auffällig bei den Konzepten, die das Genre in den letzten 20 Jahren gebildet hat, so dass es schwer fällt, einen eigenen Antrieb in dieser nur allzu vertrauten Zukunftsvision zu finden. Wenn es Respekt zu bekunden gilt, dann sicherlich für die effiziente Weise, mit der sich ein vergleichsweise geringes Budget in visuell spektakuläre Bilder verwandelt, die praktisch alle teuren Blockbuster der vergangenen zehn Jahre ziemlich billig aussehen lassen. Hier leuchten noch einmal die Wurzeln des Regisseurs auf, der wohl nicht vergessen hat, was ihm zu seiner Karriere verholfen hat. Aus Bildern allein jedoch werden keine großen Filme geboren.

Gute
6 von 10

Schaut in den Trailer

Obgleich die Vermarktung bereits durch die Streiks beeinträchtigt wurde, startete „The Creator“ Ende September 2023 weltweit fast zeitgleich in den Kinos. Über spätere Heimkinoauswertungen ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht viel bekannt.

Sascha Ganser (Vince)

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Copyright aller Filmbilder/Label: 20th Century Studios__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein (Deutschland)__Blu Ray/DVD: Nein/Nein (voraussichtlich ab 2024)

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