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Tiger Raid

Originaltitel: Tiger Raid__ Herstellungsland: GB-Irland__ Erscheinungsjahr: 2016__ Regie: Simon Dixon__ Darsteller: Brian Gleeson, Damien Molony, Sofia Boutella, Rory Fleck Byrne, …

Das Tribeca-Filmfestival-Postermotiv.

Das Tribeca-Filmfestival-Postermotiv.

Ein alternatives Postermotiv.

Ein alternatives Postermotiv.

Zum Trailer (engl. OV) geht´s hier!

Basierend auf Mick Donnellan´s Theaterstück „Radio Luxembourg“, handelt es sich bei der irisch-britischen Co-Produktion „Tiger Raid“ um einen dramatischen Psycho-Thriller aus dem Jahr 2016, mit welchem Simon Dixon sein Regie-Debüt vorlegte und dessen Titel sich auf die sogenannte „Tiger Kidnapping“- oder „Tiger Robbery“-Vorgehensweise bezieht, im Zuge derer meist eine Verschleppung oder Geiselnahme begangen wird – allerdings nicht mit der Absicht, Geld zu erbeuten oder zu verlangen, sondern vielmehr um jemanden dazu zu erpressen, eine genau vorgegebene weitere kriminelle Tat (á la ein Raub, Mord oder Anschlag) zu verüben. Die Ausführung des eigentlichen Ziels wird demnach einem anderen aufgezwungen – woraufhin der dann wiederum anschließend (in Anbetracht des selbst Getanen) vor dem Dilemma steht, ob er denn nun die Behörden informieren soll oder nicht. Ihrerzeit hatte die IRA diese Taktik häufiger angewandt – und bis heute greifen verschiedene Gruppierungen und Organisationen auf individuell angepasste Varianten zurück…

Joe (Brian Gleeson) und Paddy (Damien Molony) sind zwei „Private Contractor“ (oder anders ausgedrückt: Söldner), die am Anfang des Films in einem Militär-Laster durch die nächtliche Wüste eines Krisen-gebeutelten Landes im Mittleren Osten fahren. Sie sind im Auftrag ihres Bosses Dave unterwegs – haben bislang aber noch nie als Team agiert. Während Paddy schon länger in diesem „Geschäft“ tätig ist, stieß Joe erst vor kurzem dazu – u.a. nachdem ihm Dave „aus etwas Ärger herausgeholfen“ hat. Stunden später erreichen sie (im strahlenden Sonnenschein) ein gepflegtes, ummauertes Anwesen (samt Villa und Pool): Gut ausgebildet, verschaffen sie sich rasch Zutritt, töten einen Sicherheitsmann und warten auf die Ankunft einer dort lebenden Frau (Sofia Boutella als Shadha), welche sie sogleich überwältigen und an einen Stuhl fesseln, bevor Joe ihr die Nase bricht und ein „Beweisfoto“ an Dave verschickt, damit der ihren einflussreichen Vater kontaktieren kann. Im Folgenden ist Warten angesagt – bis eine überraschende Feststellung das Ganze mit einem Mal hochgradig „verkompliziert“…

Im Sommer 2014 in Jordanien gedreht, bieten mehrere Aufnahmen offener, weiter Flächen (karge Berge, staubige Täler, ein großer See mit einem einzelnen Schatten spendenden Baum am Ufer etc.) dem Publikum im Einstiegsakt einen markanten Kontrast zu den „räumlich begrenzten“ Locations des fortschreitenden Verlaufs. Dennoch entfaltet sich das zentrale Geschehen auch bereits in dieser Phase primär in der Enge einer Lkw-Kabine, in der sich die Männer die Eintönigkeit mit allerlei Gesprächen vertreiben, im Rahmen derer sie Witze und persönliche Anekdoten erzählen, die mal amüsanter, mal verächtlicher Natur sind sowie nicht immer der Wahrheit entsprechen: In ihnen geht es u.a. um Ansichten, erworbene Erfahrungen und Frauen – also klassische „Machismo-Themen“, mit denen man sich (gerade in einem Kontext wie diesem) „zu positionieren“ versucht. Sympathien bringt ihnen das zwar nicht ein – doch es etabliert ihre Charaktere dienlich. Unverkennbar herrscht eine gewisse „Angespanntheit“ sowie noch kein „gefestigtes Vertrauen“ untereinander…

Dass beide ihr „Handwerk“ beherrschende Profis sind, zeigt sich anschaulich, als sie auf einen Checkpoint stoßen und die dort zugegenen Kämpfer ebenso schnell und effizient ausschalten wie sie am nächsten Tag das Grundstück sichern, auf welchem sie Shadha erwarten. Als sie dabei auf einen Security-Guard treffen, wird der prompt erschossen, nach draußen getragen sowie von Joe mit einem Beil zerhackt. Statt auf blutige Details konzentrierten sich Dixon und sein Cinematographer Si Bell („Electricity“) nicht nur in dieser Szene stärker auf die Mienen Paddys und seines hier währenddessen u.a. relativ locker über Pferderennen plaudernden Partners. Ihre kühle Abgeklärtheit und Gleichgültigkeit in Bezug auf Gewalt ist erschreckend. Ein simpler, aber effektiver „Kniff“ bildet in diesem Zusammenhang die Entscheidung, Joe und Paddy jeweils mit einem Streifen „Kriegsbemalung“ im Gesicht zu versehen: Ohne Skimasken zu tragen, erzeugt der betreffende schwarze Strich rund um ihre Augen einen durchaus „unbehaglichen“ Eindruck Schrägstrich Look…

Als sie den ersten Teil ihrer Mission erfolgreich abschließen, beginnt das Ausharren auf weitere Anweisungen. Es ist just dann, dass eine Gegebenheit ihre Preisgabe erfährt, die einfach alles verändert: Es kommt zu einem offenen Konflikt – mit Shadha sozusagen „zwischen ihnen“ sowie Dave (quasi „einen bedrohlichen Schatten werfend“) konstant „im Hintergrund präsent“. Mit jenem stehen sie (separat) in Funkkontakt – und obwohl der Zuschauer das ihnen Gesagte nie konkret zu hören erhält, wird einem recht zügig klar, dass sie unterschiedliche Anweisungen erhalten. Joe ist Dave gegenüber extrem loyal – Paddy indes weniger. Könnte ihr Auftrag ein in diese Richtung zielender „Test“ sein? Ist an der ganzen Sache wohlmöglich etwas „faul“ – oder hat das, womit sie sich konfrontiert sehen, unabhängig der Mutmaßungen überhaupt nichts mit irgendwelchen „verborgenen Intentionen“ Daves zutun? Losgelöst, ob denn nun Zufall oder Absicht: Ein psychisch wie auch physisch ausgefochtenes „Duell“ entbrennt…

Paddy und Joe sind in mehreren zentralen Punkten abweichender Meinung – u.a. hinsichtlich der Einschätzung ihres Bosses sowie des weiteren Vorgehens. Mit aller Kraft versuchen sie, gegenseitig die Oberhand in dieser misslichen Lage zu gewinnen. „Innere Dämonen“ und „Geister ihrer Vergangenheit“ werden aufgewühlt – was sich zunehmend belastender auf ihre ohnehin „angeknacksten“ seelisch-mentalen Zustände auswirkt und zu irrationalem, nur schwer voraussehbarem Verhalten führt. Neben ihren Schicksalen steht vor allem das Shadhas auf dem Spiel – zu der ich bewusst nicht viel schreibe, um potentielle „Spoiler“ zu vermeiden. Zwischen Angst, Verzweiflung und Toughness schwankend, portraitiert Sofia Boutella („Kingsman: the Secret Service“) sie prima – und das mit einer bloß spärlichen Anzahl von Dialogen sowie des längeren (geknebelt) an einen Stuhl gefesselt. Flüchtig ist überdies noch Rory Fleck-Byrne („the Quiet Ones“) als Joe´s vorheriger Partner Ruby zu erspähen, der kürzlich „unter nicht umfassend klaren Umständen“ getötet wurde…

Als Joe, der ältere Söldner des Gespanns, überzeugt Brian Gleeson („Assassin´s Creed“) – seines Zeichens übrigens Sohn Brendans sowie Bruder Domnhalls – durch und durch: Zum Teil gar nicht mal unsympathisch, hat das Erlebte und Getane „tiefe Spuren“ bei ihm hinterlassen, so dass er sich inzwischen aktiv darum bemühen muss, sich selbst „im Griff zu behalten“ (u.a. leidet er unter bestimmten ihn schwer bedrückenden Flashbacks). Paddy dagegen ist eher reservierter sowie noch nicht so erfahren und „abgestumpft“ wie Joe – nichtsdestotrotz gefährlich und „unangenehm“ für gewisse Leute in seiner Nähe. Es geht ihm darum, die Situation unter Kontrolle zu bekommen – eine vernünftige Lösung zu finden. Ebenfalls gut dargeboten von Damien Molony („Kill your Friends“), dürfte das Publikum mehr „zu seiner Seite hin“ tendieren – schlichtweg da er in dieser Konstellation „das geringere Übel“ dieser zwei brutalen, widerwertigen Gestalten ist. Gleeson und Molony verfügen über eine ergiebige „Chemie“ untereinander – ihre Interaktionen sind reizvoller wie intensiver Natur…

Das von Dixon, Donnellan und Gareth Coulam Evans co-verfasste Skript wartet mit qualitativ ordentlichen Dialogen und einigen brauchbaren „Twists“ auf, gelegentlich eingebundene schwarzhumorige Beigaben reichern die ansonsten düstere Atmosphäre einträglich an und der erzeugte Suspense-Grad weiß zufrieden zu stellen. Solide in Szene gesetzt sowie mit einem anständigen Score Dean Valentines („Viking“) unterlegt, „schwächelt“ der Film aber leider ausgerechnet in seinem finalen Drittel, welches einen Zacken „zu gehetzt“ anmutet und die vorangegangene Charakter-Entwicklung nicht präzise genug zu einem Abschluss bringt – bevor man dann in eine überraschend stylish arrangierte Credits-Sequenz entlassen wird. Kurzum: „Tiger Raid“ ist ein durchaus sehenswerter, dramatischer, zeitweise echt ungemütlicher, eine Menge von seinen kompetenten Leads profitierender Kammerspiel-artiger Psycho-Thriller u.a. über Loyalität, Schuld, Sühne und Erlösung, der in erster Linie ein besser ausgearbeitetes Ende verdient hätte…

Während der Film in England bereits auf DVD erhältlich ist, sind mir bis heute (11/2022) indes noch immer keine Veröffentlichungspläne für Deutschland bekannt…

Stefan Seidl

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Copyright der Poster-/Covermotive und Pics: Dixon Baxi Evans / Samson Films / Cinepeak / Altitude Film Distribution (GB)__ Infos zur britischen VÖ:__ Freigabe: 18__ Geschnitten: nein__ DVD/BluRay: ja/nein__

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