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Ebola Syndrome

Originaltitel: Yibola bing du__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 1996__Regie: Herman Yau__Darsteller: Anthony Wong, Marianne Chan, Edward Corbett, Lo Meng, Lori Shannon, Shing Fui-On, Michael Tam, Wong Tsui-ling, Vincent Wan Yeung-Ming u.a.
Ebola Syndrome Cover

Der berühmt berüchtigte “Ebola Syndrome” ist mehr als eine Mutprobe.

Wie steigt man in eine Kritik zu einem Film wie „Ebola Syndrome“ ein – einem Leuchtturm unter den ganzen Cat-III-Knallern der ehemaligen Kronkolonie Hongkong? Vielleicht mit einer Warnung. Und zwar mit der Warnung, dass diesem Film alles fremd ist, was man gemeinhin als guten Geschmack bezeichnen würde. Und damit mittenrein ins Getümmel.

Kai kniet wimmernd vor seinem Boss. Dessen Frau habe ihn quasi dazu gezwungen, sich seinen Schwanz lutschen zu lassen. Auch der Sex sei ihm aggressiv von der Frau aufgezwungen worden. Blöderweise glaubt der schmierige Boss dem noch schmierigeren Kai kein Wort. Mit einer Schere will er den Sausack entmannen. Doch Kai nutzt eine sich ihm bietende Gelegenheit. Er rammt dem Boss eine Bierflasche in den Schlund, entmannt mit der Schere dessen Henchman und killt den Boss daraufhin mit einem Tisch.

Der Frau schneidet er die Zunge heraus und ermordet auch sie. Die Tochter der Frau übergießt er mit Benzin und will sie gerade anzünden, als er von einem zu dem Schauplatz stoßenden Mann aufgehalten wird. Kai flieht. Südafrika scheint gerade weit genug weg, um den Zugriff der Polizei nicht fürchten zu müssen. Hier ersäuft Kai zehn Jahre lang im Selbstmitleid. Vor allem die Frauenwelt will nichts von ihm wissen. Und allgemein sei die ganze Welt gegen ihn, klagt er immer wieder.

Eines Tages fährt er mit seinem neuen Boss zu einem Stamm Eingeborener. Man will billiges Fleisch für das Restaurant besorgen, in dem Kai in der Küche steht. Bei dem Besuch vergewaltigt Kai eine Frau und erschlägt sie hernach mit einem Stein. Bei dem Akt, bei dem die Frau wunderbar unter ihm zuckte, steckt sich Kai unwissentlich mit Ebola an. Die Krankheit bricht bei ihm jedoch nicht aus, doch er kann sie übertragen. Fortan verbreitet der widerwärtige Kerl die Krankheit munter weiter.

Schaut in den Film hinein

Ein Reigen der Geschmacklosigkeiten

Ich will ficken, verdammt nochmal!

Viel feinsinniger geraten die Dialoge in „Ebola Syndrome“ nicht. Der Film suhlt sich in Widerwärtigkeiten. Es wird gekotzt, gerotzt, gewichst, gespuckt, gehustet, gepisst, geblutet, gestorben und gepöbelt, bis die Schwarte kracht. Frauen werden vergewaltigt, Kinder beiläufig getötet und Opfer zu Burgern verarbeitet, so dass auch der Kannibalismus seinen Platz in der Handlung findet. Und wenn man glaubt, eigentlich alles gesehen oder gehört zu haben, setzt der Film immer wieder noch einen drauf. Da muss man zuschauen, wie lebendige Frösche zerlegt werden und lebendigen Hühnern der Kopf mit bloßen Händen abgerissen wird.

Rund um diesen geschmacklosen Reigen steigt eine Story, die gefühlt absurder kaum sein könnte. Einfach nur grell und abgedreht anmutet und uns an der Seite eines der widerlichsten Helden aller Zeiten durch eine Art Fiebertraum stolpern lässt. Und irgendwie ist das total faszinierend. Es gibt viele Momente, da will man den Film einfach nur abschalten, weil dann doch ein paar Tabus zu viel gebrochen werden. Doch meist ist man aufgrund der nächsten Szene wieder voll drin und kann, wie bei einem Autounfall, den Blick nicht abwenden.

Anthony Wong als Kai in Ebola Syndrome

Anthony Wong spielt sich in “Ebola Syndrome” um Kopf und Kragen.

Der 1996 von Herman Yau („Shock Wave“) auf die Menschheit losgelassene „Ebola Syndrome“ ist auch heute noch eine Grenzerfahrung. Ein Film, der Grenzen auslotet und diese munter niederreißt. Ohne Erbarmen. Zumindest mischt sich immer mal wieder verzweifelter Humor unter, etwa wenn der Ebola-kranke Kai vor der Staatsgewalt flieht und diese SPUCKEND auf Abstand hält. Nur eine der zahlreichen Szenen, bei denen man sich fragt, wie man auf so eine Idee kommen kann.

Getragen wird der ganze Film von Anthony Wong („Exiled“), bei dem man das Gefühl hat, er habe als Regie-Anweisung nur gesagt bekommen, er solle mal so richtig die Sau rauslassen. Denn das macht der Mime mit einer Verve, die wirklich begeistert. Man kann sich richtig vorstellen, wie die Hongkonger 1996 im Kino saßen und bei jedem Zungenschlag des Mimen und bei jeder seiner Anweisungen, wie man ihn sexuell zu befriedigen habe, „iih“ und „ääh“ schreiend im Kino saßen.

Ebola Syndrome Splatter

“Ebola Syndrome” ist wahrlich kein Kind von Traurigkeit, was den roten Lebenssaft angeht.

Wong overactet dabei, dass nur so es scheppert. Und er entwirft mit viel Mut zur Hässlichkeit und zum Ekel einen Psychopathen, dem das Drehbuch keinerlei menschliche Momente zugesteht. Und der genau deshalb absolut unberechenbar rüberkommt. Mit seinem Spiel stellt Wong alle anderen Darsteller in die zweite Reihe. Dennoch bemerkt man freilich überdeutlich, dass auch hier vor allem Over- statt Acting stattfindet. Aber es stört bei diesem Film nicht. Bei einem Film, bei dem sogar der Score „overacted“ wirkt und einen schier wahnsinnig macht.

„Ebola Syndrome“ war seinerzeit so heftig, dass ihn nicht einmal die „Category III“-Einstufung – mithin die höchste Altersfreigabe für Filme in Hongkong – im Heimatland vor Kürzungen bewahrte. Dabei erwischte es vornehmlich die sehr grafischen Gewalteinlagen. Diese sind durchgehend handmade umgesetzt und reichen von abgeschnittenen Körperteilen über Zahnstochern im Auge und mittels Schwingtür abgetrenntem Kopf bis hin zu ausgiebigen Onscreen-Obduktionen – mit wunderbarem Logikfehler, was die menschliche Anatomie angeht.

Die Polizei jagt Kai in voller Schutzmontur

Um Kai fassen zu können, muss die Polizei alles an Schutz auffahren, was geht.

Beeindruckend aus Actionsicht gerät eine menschliche Fackel, bei der ein Stuntman gefühlte Ewigkeiten brennend durch die Straßen Hongkongs rennt. Ansonsten spielt Action im eigentlichen Sinne keine rechte Rolle in „Ebola Syndrome“. Trotzdem führt der einen Martial-Arts-Choreographen in seinen Credits. Dessen Arbeit aber kaum auffällt.

Die Regie von „Ebola Syndrome“ findet immer wieder genau die richtigen Bilder, um einem das Gefühl zu geben, sich nach dem Streifen erst einmal richtig duschen zu müssen. Da wird aus dem Rachenraum eines mit Ebola Infizierten gefilmt, wie sich das Virus seinen Weg bis in den Mund des Gegenübers bahnt. In einer anderen Szene kommt Anthony Wongs „Kussmund“ so genüsslich auf die Kamera zu, dass man schreiend aus dem Zimmer rennen will. Großartig. Dass der Film kein sonderlich hohes Budget hatte, sieht man ihm immer mal wieder an. Doch das daraus resultierende Räudige in der Optik hilft dem Film. Die exotischen Schauplätze, wie das Dorf der Eingeborenen, funktionieren erstaunlich gut.

Der Sicko „Ebola Syndrome“ pfeift auf Grenzen und guten Geschmack

„Eboly Syndrome“ ist definitiv ein Film der Marke „Was schaue ich mir hier gerade an?“ Der Film von Herman Yau übt sich mit kindlicher Freude am Tabubruch und zieht genau daraus eine Menge Faszination, der man sich kaum erwehren kann. Dazu gesellt sich eine total absurde Story, die in ihrer Groteskheit trotzdem erstaunlich gut funktioniert und wie der Film gefühlt keine Grenzen kennt. Und mittendrin ist da diese irre Performance von Anthony Wong, die man sich erst einmal trauen muss. Alleine diese irre Szene mit einer in ein Stück Schweinefleisch geritzten Ersatzmumu.

Will man über die Geschmacklosigkeiten hinaus an „Ebola Syndrome“ herumkritteln, könnte man das in vielerlei Hinsicht tun. Der größte Kritikpunkt: Der Film ist einfach komplett maßlos. Und das in einer Art, die einen erstaunlich schnell abstumpfen lässt. Herman Yau und Co. schießen ihre Ekeleinlagen so locker und schnell aus der Hüfte, dass sie irgendwann nicht mehr greifen und eher belustigen, denn wirklich abstoßen. Hier hätten zumindest Ansätze von „Subtilität“ sicher den Ekelfaktor bis zum Abspann hochhalten können. Stattdessen hat man jetzt den Eindruck, dass dem Sicko ausgerechnet in Richtung Finale ein wenig die Puste ausgeht.

7 von 10

„Ebola Syndrome“ ist ein Film, der bei der FSK aufgrund zahlreicher Szenen keine Freunde finden würde. Dementsprechend ging die Busch Media Group mit der unzensierten (also auch mit allen Szenen, die in der Cat-III-Fassung fehlten) Fassung zur Juristenkommission der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft und holte sich deren harmloseres Siegel „keine schwere Jugendgefährdung“ ab. In der Form erscheint der Streifen am 19. Mai 2023 im Mediabook (mit DVD und Blu-ray) und am 2. Juni auf DVD und Blu-ray in der Amaray. Und natürlich könnt ihr den Film auch streamen.

Die Ebola Syndrome Mediabooks-Artworks

Die verschiedenen Artworks der Busch-Media-Group-Mediabooks.

In diesem Sinne:
freeman

Mediabook Blu-ray

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