Originaltitel: Escape__Herstellungsland: Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Howard J. Ford__Darsteller: Sarah Alexandra Marks, Louis James, Sean Cronin, Sophie Rankin, Ksenia Islamova, Ella Starbuck u.a. |

In „Escape – Fight or Run“ schlagen die Entführten zurück.
Regisseur Howard J. Ford hatte zuletzt mit „Dark Game“ und „River of Blood“ zwei gar nicht mal so üble Streifen auf den Weg gebracht. Alles nichts für die Ewigkeit, aber durchaus unterhaltsame B-Ware. Zudem hat er mit „The Dead 2: India“ einen wirklich starken B-Zombie-Streifen im Repertoire, der immer eine Sichtung wert ist. Da durfte man doch gespannt sein, wie er einen Film inszeniert, in dem zahlreiche entführte Frauen gegen ihre Entführer zu Felde ziehen.
Diese Story erzählt uns Fords „Escape – Fight or Run“. Der beginnt mit einer leicht bekleideten Dame, die in einer Wüste vor einem Kerl davonrennt, der sie mit seiner Karre verfolgt. Einen Stolperer später hat sie sich einen Ast in den flachen Bauch gerammt. Trotzdem sind die Lebensgeister in ihr groß genug, um ihren inzwischen ausgestiegenen Verfolger mit einem Stein zu attackieren. Auf der Ladefläche des Trucks des Typen findet sie zudem eine Spitzhacke, mit der sie dem Lump endgültig die Lebenslichter aushackt.
Dann springt „Escape – Fight or Run“ 24 Stunden zurück und präsentiert uns, wie es zu diesem brutalen Mord kommen konnte. Wir folgen dem zukünftigen Spitzhackengirlie Tamsin und deren Freundin Karla. Die machen Urlaub auf Fuerteventura. Hier wollen sie ihre erste gemeinsame Auszeit seit den Corona-Lockdowns genießen. Am Strand werden sie von einem Typ angesprochen, der im Auftrag des Sausackes Andras nach Frauen Ausschau hält.
Nach Frauen, die Andras als Sexsklaven in alle Welt verkaufen kann. Entsprechend werden Karla und Tamsin sowie sieben weitere junge Damen von den Henchmen des Menschenhändlers entführt. In einem Verlies unter Andras‘ Anwesen werden sie eingekerkert und warten auf ihre Verschiffung. Doch die Frauen kommen irgendwann frei und versuchen alles, um zu entkommen.
Thriller um Menschenhandel mit wirklich dummen Charakteren
Du bist ja noch dümmer, als ich dachte!
Wenn Andras genau diesen Satz gegenüber unserer Heldin Karla loslässt, schreit man auf dem Sofa befreit los. Denn wirklich: „Escape – Fight or Run“ hat in Karla die vermutlich dümmste Figur der jüngeren Filmgeschichte aufzubieten. Was die Frau macht, was sie sagt und vermutlich auch, was sie denkt, hat mit gesundem Menschenverstand nichts gemein.
Das Highlight ist ganz sicher eine Szene, in der Karla – inmitten der Flucht vor einem Häscher von Andras – einer Mitstreiterin minutenlang eine Geschichte erzählt, die ihre Motivation erklären soll. Weder hat die Story etwas mit der Handlung zu tun noch erklärt sie irgendwas. Außer eben die Dummheit des Charakters Karla. Die fragt auch nie nach ihrer verschwundenen Freundin Tamsin. Sie interessiert sich auch kein Stück dafür, was aus Tamsin wurde, obschon sie sie in einer Szene fliehen sah. Und bis in die letzte Filmminute hinein labert sie nur Unrat. Wahnsinn.
Und mit dieser Figur soll man mitfiebern? Meint „Escape“ das ernst? Leider ja. Doch der Film hat noch ganz andere Probleme. Denn irgendwie scheint es Howard J. Ford, der auch das Drehbuch verfasste, daran gelegen zu sein, wirklich alle Charaktere möglichst dumm anzulegen. Die entführten Ladys sind allesamt persönlichkeitsentleerte Instagram-Wannabes, die mit egal noch nett umschrieben sind. Und ihre Entführer sind die letzten, toppendoofen Vollpfosten, von denen keinerlei Bedrohlichkeit ausgeht.
Entsprechend gerät vor allem der Mittelteil des Filmes zur einzigen Qual. Denn nach durchaus flottem Beginn, in dem die Lumpen ihre Beute ausspähen und sie einkassieren, hockt man irgendwann einfach nur noch vor (Gangster) oder in (Ladys) dem Verlies und labert Müll. Gefühlte Ewigkeiten wiederholen nun alle Charaktere zig Male, was man bereits weiß. Weder wird es sleazig noch exploitativ oder sonst irgendwie unterhaltsam. An einem weiteren Schauplatz werden weitere Charaktere (Eltern der Entführten und einige Ermittler) eingeführt, die kein Stück zünden. Eher im Gegenteil: Deren Gelaber streckt „Escape – Fight or Run“ zusätzlich.
Ist die Flucht der Ladys dann endlich angeschoben, werden die Gesichter bei den Zuschauern immer länger. Man spürt jetzt erst recht, wie egal einem die Damen sind. Gelangweilt schaut man dem Gerenne und den dabei getroffenen, teils furchterregend bekloppten Entscheidungen zu und wünscht eigentlich allen Charakteren einen schnellen und furchtbaren Tod. Leider passiert nicht einmal das. Die vollkommen planlos abgewickelte, titelgebende Flucht reißt nichts.
Ein wenig Aufmerksamkeit versucht Ford zumindest über die transportierte Härte zu generieren. Finger werden abgebissen, Pimmel abgeschnitten, Genicke durchtrennt und Messer in alle möglichen Körperteile getrieben. Alles weitgehend handmade und sauber umgesetzt. Das Problem ist nur, dass es eben andauernd Charaktere erwischt, die einen sowieso nicht jucken. Wie soll das also jemals intensiv rüberkommen?
Wo der Film ebenfalls keinen Stich macht, sind seine Schauspieler. Diese sind durch die Bank einfach nur katastrophal. Vor allem die Damen im Cast spielen furchterregend schlecht und brutal hölzern. Doch auch die Herren Bösewichter haben keinerlei Ahnung, was sie da machen. Zumindest versuchen sie, immer mal wieder böse zu gucken. Das muss hier reichen!
Der deutsche Verleiher Tiberius versuchte auch gar nicht erst, diesem Umstand mittels einer lebendigen Synchronisation entgegenzuwirken. Vielmehr verbrach man einfach eine richtig billige Synchronisation, die liebloser kaum sein könnte.
Zumindest sieht „Escape – Fight or Run“ ganz nett aus. Die Bilder von den Kanaren – Teneriffa doubelte Fuerteventura – sind angenehm sonnendurchflutet. Das ausführlich bespielte Wüstensetting funktioniert prima und hätte es verdient, dass in ihm eine geilere Flucht steigt. Der Soundtrack hingegen rangiert unter egal.
„Escape – Fight or Run“ löst Fluchtreflexe aus
Der britische Actionthriller „Escape – Fight or Run“ macht so gut wie nichts richtig. Die Geschichte ist richtig schlecht erzählt, die darin herummäandernden Figuren sind eine Katastrophe, die Schauspieler sind noch viel schlimmer und die Dialoge lassen einen schier verzweifeln. Es fehlt komplett an Spannung, das Timing ist scheiße und verdammt schnell macht sich Desinteresse breit. Selbst die technische Umsetzung hat beispielsweise im Bereich Anschlussfehler einige lachhafte Problemherde. Am Ende könnte man sich noch halbwegs an den zahlreichen derben Szenen erfreuen, die wirken aber beständig wie draufgepappt und lassen einen letzten Endes auch nur ratlos mit den Schultern zucken.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt am 8. Mai 2025 von Tiberius Film. Streamen könnt ihr den Streifen bereits seit Anfang April.
In diesem Sinne:
freeman
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