Originaltitel: Southpaw__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Antoine Fuqua__Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rachel McAdams, Naomie Harris, Forest Whitaker, 50 Cent, Oona Laurence, Clare Foley, Victor Ortiz, Beau Knapp, Miguel Gómez, Skylan Brooks u.a. |

In „Southpaw“ boxt Jake Gyllenhaal nach einem Script von Kurt Sutter unter der Regie von Antoine Fuqua
Als einer der Hauptautoren von „The Shield“ sowie als Creator und Hauptautor von „Sons of Anarchy“ darf Kurt Sutter zu den aktuellen Experten des male melodrama gezählt werden, was auch schon in den Arbeiten Antoine Fuquas, vor allem seinem Copthriller „Brooklyn’s Finest“ und der ersten halben Stunde von „The Equalizer“ anklang. Nun arbeiten die beiden für den Boxerfilm „Southpaw“ zusammen.
Den Aufstieg des Helden Billy Hope (Jake Gyllenhaal) lässt „Southpaw“ aus, zeigt ihn auf dem Höhepunkt seiner Karriere, reicht die nötigen Fetzen in Dialogen und Kommentaren der Berichterstatter nach: Früher ein Waisenkind, jetzt Champion in seiner Gewichtsklasse. Doch den alten Gefilden ist er treu geblieben, seine Kumpels aus dem Waisenhaus beschäftigt er und auch seine Frau Maureen (Rachel McAdams) lernte er dort kennen. Im Ring erweist Billy stets als Tier, doch der aufstrebende Boxer Miguel Escobar (Miguel Gomez) behauptet Billy würde das Kräftemessen mit ihm scheuen. Doch wer die „Rocky“-Saga kennt, der weiß: Wer so hoch fliegt, der droht abzustürzen.
Tatsächlich kommt es bei einem Wohltätigkeitsevent zum Eklat, als Billy und Miguel aufeinander losgehen, ihre der Hood noch verhafteten Bodyguards Waffen ziehen und sich ein Schuss löst, der Maureen tödlich trifft. Ein einschneidendes Erlebnis, das allerdings zumindest juristisch kaum noch Nachhall hat: Man erfährt, dass Billy die Anwaltskosten seines des Verbrechens beschuldigten Kumpels übernimmt, einmal sucht er nach dem wahren Schützen aus Miguels Entourage, um dann die Rachepläne zu vergessen, in welchem Elend derjenige selbst haust, auch wenn die Begrüßung durch die Junkiefreundin an der Tür schon mal in tiefste Klischeegefilde abdriftet.
Der Verlust lässt Billy nicht los, er hört auf zu Boxen, leistet sich Exzesse und verliert nach und nach nicht nur sein Vermögen, sondern auch das Sorgerecht für seine Tochter Leila (Oona Laurence). Das ist der Weckruf für Billy, doch der Weg zurück fällt schwer, nicht zuletzt da sowohl sein Manager Jordan Mains (Curtis ’50 Cent‘ Jackson) und sein Trainer mittlerweile Miguel unterstützen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=TIEJ_5tVYnQ

Jake Gyllenhaal präsentiert sich als Billy Hope mit reichlich antrainierter Muskelmasse
Der Fall des arroganten Boxers, „Rocky II“ und „Rocky III“ lassen schön grüßen, nun erzählt als gritty Drama mit mehr Bodenhaftung als manches „Rocky“-Sequel, aber doch nach bekannter Machart: Es besteht kaum ein Zweifel wem Billy im Finale gegenüberstehen und mit der Südpranke kräftig einschenken wird, allenfalls die Frage, ob es nur ein moralischer Sieg bleibt oder auch einer nach Punkten, bleibt offen. Es sind nicht viele Alleinstellungsmerkmale, die „Southpaw“ in dem Genre mitbringt, das derzeit von Stallone beherrscht wird, der in den letzten Jahren nicht nur die offizielle „Rocky“-Weiterführung „Rocky Balboa“ und die nostalgische Komödie „Grudge Match“ mit verantwortete, sondern auch am offiziellen „Rocky“-Spin-Off „Creed“ werkelt.
Doch es geht hier weniger darum was erzählt wird, sondern eher wie es erzählt wird. Der Einstieg etabliert seinen Helden glaubwürdig, stellt den lädierten Boxer als liebevollen Ehemann und Vater dar, dessen Frau weder in die Klischees des dummen Püppchens oder der schräpeligen Ollen verfällt, doch mit dem Tod von Maureen kommen nicht nur der Held, sondern auch der Film mehr und mehr aus Takt: Ist die Trauer am Grab noch ein stiller, packender Moment, so nehmen die forcierten Abstürze mehr und mehr den Schein einer Seifenoper an, lassen übertriebene Selbstmordversuche ebenso wenig aus wie Waffengefuchtel im trauten Eigenheim und tragen bei jeder Gelegenheit möglichst dick auf.

Billy trainiert bei Titus ‚Tick‘ Willis (Forest Whitaker) für einen neuen Anfang
Erst mit dem Training bei Boxlehrer Titus ‘Tick‘ Wills (Forest Whitaker) kriegen Film und Held wieder die Kurve, so absehbar der Weg zu Erlösung und Filmende auch ist. Doch Fuqua kann hier das Maximum aus dem Stoff herausholen, zeigt die Besinnung des Helden und die langsame Annäherung an die Tochter wesentlich glaubwürdiger und emotional packender als dessen Absturz. Manchmal könnte das Script sorgfältiger sein, der Tod einer Nebenfigur bleibt Randnotiz, die Billy und Tick allerdings einen Moment der Zwischenmenschlichkeit ermöglicht, in dem Trauer und erlösendes Lachen (aber eben nicht Verlachen) nah beieinander liegen. Formal hat das auch Qualitäten: Gerade die obligatorische Trainingsmontage zu „Phenomenal“ von Eminem hinterlässt Eindruck. Der Soundtrack bietet mit Hip Hop die zum Suhet passende Street Credibility, wobei Eminems zweiter Track für den Film auch das zweite musikalische Highlight ist: Die Beats des im Abspann gespielten „Kings Never Die“ von ihm und Gwen Stefani prasseln wie Boxhiebe nieder, ein zum Boxfilm passender Rhythmus, der von Fuquas Kompentenz als Regisseur zeugt.
Genau diese Kompetenz darf man auch in den Boxsequenzen bewundern, die „Southpaw“ eher dezent einsetzt. Die Eröffnung und ein Kampf bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung sind eher kurz, das Adrenalin spart man für den exzessiven Finalkampf auf, in dem Fuqua die vielleicht realistischsten Boxszenen des aktuellen Kinos liefert. Sicher sind die Kämpfer in der x-ten Runde etwas fitter als ihre Pendants in der Realität, doch wie hier geschlagen, geblockt, ausgewichen und eingesteckt wird, das hat nichts mehr mit den großen Schwingern und großen Gesten von „Rocky“ zu tun, sondern wirkt lebensnah. Die Kamera begibt sich mitten ins Geschehen, der Schnitt ist dynamisch, sorgt aber nie für Übersichtsverlust, was dem finalen Match sichtlich gut tut. Ob das zahlreiche Product Placement bei den verschiedenen Kämpfen nun die reale Boxsituation wiederspiegeln soll oder kräftige Sponsorengelder in „Southpaw“ flossen, das bleibt dann eher eine Randfrage.

Ehefrau Maureen (Rachel McAdams) und Manager Jordan Mains (Curtis ’50 Cent‘ Jackson) beobachten einen Kampf Billys
Zentral dagegen ist die Performance von Jake Gyllenhaal, der mal wieder alles gibt: Mit viel antrainierten Muskelmasse verkörpert er den problembehafteten Champ ziemlich eindringlich, auch wenn seine Darbietung vielleicht nicht ganz die Intensität seiner Leistungen in Werken wie „Prisoners“ und „Nightcrawler“ erreicht. Rachel McAdams („Sherlock Holmes“) ist drehbuchbedingt nur kurz mit von der Partie, kann aber ebenso überzeugen wie Oona Laurence („Lamb“), die gerade für ihr Alter sehr gut spielt. Curtis ’50 Cent‘ Jackson („Spy“) bietet da solide-eintönigen Support, auch wenn Miguel Gomez („The Strain“) kann aus seiner begrenzten Screentime nicht so viel herausholen, während Forest Whitaker („Zulu“) als Trainer auftrumpfen kann und problemlos an Gyllenhaals Seite besteht. Der Rest vom Fest ist eher unauffällig; allenfalls Naomie Harris („Ninja Assassin“) als Sozialarbeiterin kann noch wenige Akzente setzen.
Die Sutter/Fuqua-Kombo ist auf dem Papier eine interessante, doch letztendlich enttäuscht das Script Sutters angesichts seiner „The Shield“- und „Sons of Anarchy“-Arbeit ein wenig: Ein konventionelles Boxerdrama über Aufstieg und Fall, Hybris und Erlösung, dessen Figuren brauchbar geschrieben, aber auch nicht extrem memorabel sind. So ist es dann eher die versierte Inszenierung Fuquas, die vor allem beim Wiederaufstieg des Protagonisten und im schweißtreibenden Finale, die Kohlen aus dem Feuer holt, sowie die Performances von Jake Gyllenhaal und Forest Whitaker. Die Mängel des Films, vor allem die soapartige Darstellung von Hopes Absturz, können sie aber auch nicht ganz wettmachen.
„Southpaw“ startet am 20. August 2015 in den deutschen Kinos und wurde bisher noch nicht von der FSK geprüft.
© Nils Bothmann (McClane)
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Tobis__FSK Freigabe: ungeprüft__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 20.8.2015 in den deutschen Kinos |