Glen Powell tritt in die Fußstapfen von Arnold Schwarzenegger. Wobei Edgar Wrights Neuverfilmung des Stephen-King-Romans „The Running Man“ wesentlich werkgetreuer ist: In einer dystopischen Zukunft nimmt der Held an der titelgebenden Spielshow teil, in der er 30 Tage durch die USA gehetzt wird. Jeder überstandene Tag bringt bitter benötigtes Geld für die Familie, eine Niederlage bedeutet den Tod in diesem Menschenjagd-Actionthriller.
| Originaltitel: The Running Man__Herstellungsland: USA/Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2025__Regie: Edgar Wright__Darsteller: Glen Powell, Josh Brolin, Colman Domingo, Lee Pace, Michael Cera, William H. Macy, Emilia Jones, Katy O’Brian, Martin Herlihy, Jayme Lawson, Daniel Ezra, David Zayas, Sandra Dickinson u.a. |
„Running Man“ von 1987 war ein sehr spaßiges Vehikel für Arnold Schwarzenegger, aber eines war der Film sicherlich nicht: Eine sonderlich werkgetreue Adaption des zugrundeliegenden Stephen-King-Romans (geschrieben unter dem Pseudonym Richard Bachmann). Edgar Wright („Baby Driver“) führt nun bei der Neuauflage „The Running Man“ Regie, die ironischerweise in dem Jahr veröffentlicht wird, in dem Kings Roman spielte.
In der dystopischen Zukunft des Films ist Ben Richards (Glen Powell) ein geschasster Malocher, der dringend Medikamente für seine schwerkranke Tochter braucht. Allerdings hat er auch ein Gewissen und daher die Strahlenbelastung in seinem früheren Betrieb angezeigt, weshalb er auf der schwarzen Liste steht. Gegenüber dem zuständigen Mitarbeiter, den David Zayas („The Expendables“) in einer Gastrolle spielt, wird Ben ausfällig, denn jähzornig ist er auch, was seine Chancen auf Wiederanstellung direkt auf null sinken lässt. Seine Frau Sheila (Jayme Lawson) arbeitet als Kellnerin in einem zwielichtigen Etablissement und bringt als Alleinverdienerin Geld nach Hause, doch es wird angedeutet, dass man dort mit wenig schmeichelhaften Aktivitäten besonders viel Trinkgeld verdienen kann, was Ben klar verhindern möchte.
Die letzte Einnahmequelle für den Verzweifelten könnte das Fernsehen sein, wo man als Teilnehmer in entwürdigenden Gameshows noch Geld verdienen kann. Die populärste und gefährlichste davon ist „The Running Man“: 30 Tage werden Kandidaten von Handlangern und fünf besonders ausgebildeten Jägern auf Leben und Tod durch die USA gehetzt. Jeder Tag des Überlebens bringt ihren Familien mehr Kohle, gleichzeitig können auch Zivilisten mit dem Verpfeifen der Gejagten absahnen. Ben verspricht seiner Frau sich nicht für „The Running Man“ zu bewerben, doch die Aufnahmeprüfungen für die Shows sind eh identisch. Wright und seine Co-Autor Michael Bacall („Project X“) etablieren und vertiefen die Charakterzüge von Richards hier: Seine Hilfsbereitschaft, seinen Jähzorn und seine Don’t-Give-a-Fuck-Attitüde.
Am Ende der Tests wird Ben dann allerdings für „The Running Man“ ausgewählt. Produzent Dan Kilian (Josh Brolin) schmiert ihm Honig ums Maul, macht ihn aber auch mit sanftem Druck auf die mangelnden Alternativen aufmerksam. Also bricht Ben sein Versprechen und nimmt an der Show teil, in der Hoffnung zumindest lang genug zu überleben, um ordentlich Preisgeld für seine Familie zu verdienen…
Schaut euch den Trailer zu „The Running Man“ an
Edgar Wrights Neuauflage ist eine über weite Strecken ziemlich werkgetreue Verfilmung der Vorlage, die der Regisseur und Drehbuchautor gleichzeitig für die Gegenwart adaptiert. Also sind die technischen Möglichkeiten zur Dauerüberwachung und zu den Eingriffen in die Menschenjagd elaborierter, nehmen vom Smartphone (hier inklusive App zum Verpfeifen) über Deepfakes bis hin zur Drohne Entwicklungen der letzten Jahrzehnte auf. Doch nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich gibt es Updates, etwa einen Videoblogger, der die Spielshow analysiert und deren Muster offenlegt, analog zu den YouTubern und Influencern unserer Zeit. Gleichzeitig schwingt eine gewisse Retrobegeisterung Wrights mit: Seine tägliche Videobotschaften, die Ben als Teil des Vertrages abliefern muss, nimmt der Gejagte auf einer Art Videoband auf, revolutionäre Botschaften gegen das System werden als Flugblatt verbreitet und alte Röhrenfernseher sind eine der letzten Möglichkeiten zum überwachungsfreien Medienkonsum.
„The Running Man“ greift auch Buzzwords auf, darunter Überwachung, die Schere zwischen Arm und Reich oder überteuerte Medikamentenpreise, fühlt sich dadurch tagesaktuell an, bleibt gleichzeitig unkonkret. Wer da nun die Strippen zieht, ob Fernsehen und Regierung nur zusammenarbeiten oder eine Einheit sind, das wird nie so richtig ausgearbeitet. Vieles davon bleibt Projektionsfläche, egal ob es nun kleinkarierte Duckmäuser bei Arbeitsvergabestelle sind, der flamboyante Moderator Bobby Thompson (Colman Domingo), der auch Lügen mit Verve erzählt, oder der arrogante Kilian, der seine eigenen Regeln nach Gutdünken auslegt, modifiziert und bricht. Kilian ist sicherlich ein hassenswerter Sack, der Konzepte wie Wahrheit und Realität für überflüssig hält, sondern für den allein die Unterhaltung zählt. Aber damit passt er auch in diesen Film, der zwar Medienmanipulation, Konzernmacht und soziale Spaltung zwar anklagen will, aber letzten Endes auch nur im Dystopie-Baukasten kramt und vor allem Unterhaltung ohne allzu klare Positionierung bieten möchte.
Doch so wenig „The Running Man“ dann letzten Endes mit seiner Zukunftsvision zu sagen hat, so stimmt das Worldbuilding, gerade in Sachen Stimmung und Look. Die Version von 2025 ist weniger comichaft als die von 1987, bleibt näher dran an unserer Gegenwart, aber zeigt den Unterschied zwischen den Wohlhabenden und den Habenichtsen auf. Wenn Ben durch das luxuriöse Interieur des Senders wandelt, mit seinem Guthaben als Gejagter in einem Nobelhotel bleibt oder auf der Baustelle einer schmucken Vorstadt übernachtet, dann bekommt man einen Blick auf das Leben, das bei Sieg winkt, meist dominieren aber ranzige Billighotels, enge Wohnungen und düstere Straßen, wo die Armen mit Missachtung oder Gängelung bestrat werden. Die Überzeichnungen im Vergleich zur Realität sind da, aber auch nicht abwegig. Mit Arnie als Gesicht auf der Währung New Dollar zollt Wright der Erstverfilmung Tribut, mit der Erwähnung der Stadt Derry (vor allem bekannt aus „Es“) dem Kosmos von Stephen King. In die Gestaltung der Zukunft sind einige nette Design-Ideen eingeflossen, vor allem in das Familienheim des Aktivisten Elton (Michael Cera), der die Buden für den Fall eines Angriffs mit tödlich-kreativen Fallen ausgestattet hat.
Der Wright-typische Humor blinkt nur hin und wieder durch, vor allem in der Inszenierung der TV-Welt von „The Running Man“, wo dicke Menschen auf einem Laufband laufend Fragen beantworten müssen und dabei einen Sturz in den Tod riskieren. Oder die Ausschnitte aus der titelgebenden Serie, egal ob es sich um Montagen früherer Jagden handelt oder die Hatz auf Bens aktuelle Co-Kandidaten dargestellt wird. Das wirkt manchmal wie eine weniger satirische, weniger bissige, aber immer noch amüsante Version des Zukunftsfernsehens aus Paul Verhoevens „RoboCop“. Ansonsten ist „The Running Man“ ähnlich wie Wrights voriger „Last Night in Soho“ ein eher ernster Film, was sich auch auf die Ausgestaltung der Jäger bezieht. Diese sind keine grellen Attraktionen wie Fireball, Dynamo oder Buzzsaw, sondern fünf Elitekämpfer, die von dem maskierten Evan McCone (Lee Pace) angeführt werden. Das mag zwar zu dem Konzept passen, dass der Held hier eher gegen ein unmenschlich-anonymes System kämpft, dessen Hintermänner wie Kilian sich lieber verbergen und die Bühne Sprechpuppen wie Thompson überlassen, aber es mindert die Wirkung der Schurkenfiguren. Die fünf Jäger unterscheiden sich kaum von den Heerscharen an Goons, auch das Ableben von Häschern hinterlässt nicht den gleichen Eindruck wie die Tode ihrer Pendants aus dem Arnie-Film.
Auch bei der Action leistet Wright zusammen mit Stunt Coordinator Nikki Berwick („Infinite“) und Fight Coordinator Andrej Riabokon („Fast & Furious 10“) gute, aber nicht herausragende Arbeit. Es gibt durchaus memorable Szenen, vor allem der Hinterhalt auf Ben in einem Billighotel, eine Verfolgungsjagd mit Bikern, die das Kopfgeld kassieren wollen, oder die einfallsreiche Flucht aus Eltons Eigenheim. Das ist alles handwerklich sauber gemacht, gerade durch Kameramann Chung-hoon Chung („Uncharted“) dynamisch eingefangen, aber es fehlen der letzte Kick und die richtig spektakulären Einlagen. Aber vielleicht soll dies auch zur Hauptfigur passen, die eher ein Everyman und kein ausgebildeter Kämpfer ist. Daher versucht Ben auch lieber sich zu verstecken und unterzutauchen als alles mit Gewalt zu regeln. Er besorgt sich Verkleidungen, er trickst seine Verfolger aus, er blufft und versucht das Spiel zu gewinnen, obwohl es zu seinen Ungunsten manipuliert ist.
Die Hatz an sich ist spannend, das Risiko gut genug erklärt: Als Hauptpreis für 30 Tage Überleben winkt eine Milliarde ND, aber jeder durchgehaltene Tag bringt Geld, plus Boni für getötete Goons und Jäger. Der bisherige Rekord ist ein Kandidat der ersten Staffel, der 29 Tage schaffte – doch auch hier vermutet man eine Inszenierung seitens Kilians. Dass der cholerische, großmäulige Ben über den längeren Show-Verlauf immer mehr zum Publikumsliebling avanciert, ist einerseits glaubwürdiger als in der auf einen Abend verdichteten Erstverfilmung, andrerseits bleibt das vom Fernsehen eingelullte Volk über weite Strecken eine zu anonyme Masse. Selbst die Nebenfiguren, mit denen Ben interagiert, bekommen vergleichsweise wenig Spielraum, sodass man dem Film das Umschwenken der Zuschauergunst fast weniger abkauft als der Arnie-Variante. Ansonsten besitzt das Ganze genug Tempo und Oberflächenspannung, bis zum Schlussakt. Hier sehen sich Wright und Bacall mit dem Tabula-Rasa-Ende der King-Vorlage konfrontiert, spielen mit den Erwartungen des buchkundigen Publikums, zögern das Finale aber unnötig hinaus. Die letzte Handgreiflichkeit ist als Showdown unterwältigend, es folgen drei, vier Szenen, die allesamt der Endpunkt sein könnten und nie zwingend wirken, wodurch „The Running Man“ im Abgang dann doch einiges an Potential verschenkt.
Mit Glen Powell („A Killer Romance“) in der Hauptrolle setzt sich der Film klar von der Erstverfilmung ab, der trotz seines guten Aussehens und seiner Muckis immer noch als Jedermann durchgeht. Auch die negativen Seiten Bens (vor allem sein Cholerikertum) verkörpert Powell überzeugend und zeigt Ben als einen Mann, der mit dem Mut der Verzweiflung kämpft, aber seine Wut öfter mal in zynische Witze und sarkastische Sprüche packt, ein wenig wie die Paraderollen von Bruce Willis. Josh Brolin („Dune: Part Two“) als Produzentenschurke mit Haifischlächeln gibt trotz limitierter Screentime einen ordentlichen Bösewicht ab. In den Nebenrollen setzen vor allem Michael Cera („Dream Scenario“) als Aktivist mit eigenwillig-interessanter Familiengeschichte sowie Katy O’Brian („Twisters“) und Martin Herlihy („Happy Gilmore 2“) als Bens Mitkandidaten weitere Glanzlichter. William H. Macy („Ricky Stanicky“) dagegen enttäuscht mit seiner besseren Cameo-Rolle, auch Colman Domingo („Tom Clancy’s Gnadenlos“) ist für echten Nachhall zu wenig präsent und Lee Pace („Guardians of the Galaxy“) größtenteils unter einer Strumpfmaske verborgen.
Eine werkgetreue „The Running Man“-Verfilmung von Edgar Wright – das klingt noch etwas spektakulärer als das Endergebnis, in dem sich die Handschrift des Regisseurs eher in Details zeigt. Der Action fehlen die großen Highlights, Worldbuilding und politische Aussage ragen auch nicht gerade im Vergleich zu ähnlich gestrickten Filmen hervor. Doch „The Running Man“ besitzt über die komplette Laufzeit Stil und Tempo, die vorhandene Action weiß zu gefallen und die entworfene Welt mag nicht originell, aber sehr stimmig sein, gerade in ihrer Bebilderung. Das Ende strauchelt etwas, ansonsten ist der Film eine launige Menschenjagd mit kleinen Spitzen gegen fragwürdige Unterhaltungsdefinitionen und die Manipulation von Wahrheit. Ein gelungener Film, aber eben nicht ganz der, den man sich erhofft hatte.
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Paramount bringt „The Running Man” am 13. November 2025 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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| Copyright aller Filmbilder/Label: Paramount __FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 13.11.2025 in den deutschen Kinos |











