Originaltitel: Cannonball!__Herstellungsland: USA/Hongkong__Erscheinungsjahr: 1976__Regie: Paul Bartel__Darsteller: David Carradine, Bill McKinney, Veronica Hamel, Gerrit Graham, Robert Carradine, Belinda Balaski, Judy Canova, Archie Hahn, Carl Gottlieb, Mary Woronov, Diane Lee Hart, Glynn Rubin, James Keach, Dick Miller, Stanley Bennett Clay, Paul Bartel, John Herzfeld, Allan Arkush, Roger Corman, Don Simpson, Joe Dante, Martin Scorsese, Sylvester Stallone u.a. |

In dem Auto-Actionkomödie „Cannonball“ spielt David Carradine die Hauptrolle, Sylvester Stallone hat einen Gastauftritt
Nachdem „Death Race 2000“ für Produzent Roger Corman („Black Belt“) und seine Firma zum vollen Erfolg wurde, schob dieser in den Folgejahren gleich eine ganze Reihe ähnlich gelagerter Auto- und Blechschadenfilme hinterher, darunter „Cannonball“, der die vielleicht größten personellen Überschneidungen mit dem Vorjahreshit (etwa Hauptdarsteller und Regisseur) besitzt.
Dieser Film spielt nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart und behandelt ein illegales Cross-Country-Rennen nach realem Vorbild. Hauptfigur ist Coy ‘Cannonball‘ Buckman (David Carradine), ein erfahrener Rennfahrer, allerdings im wahrsten Sinne des Wortes auf Bewährung: Bei einem seiner letzten Rennen kam seine Beifahrerin zu Tode, weshalb er nur unter der Auflage freikam nicht mehr hinters Steuer zu steigen. Allerdings hat sich Coy die für ihn zuständige Gesetzeshüterin Linda Maxwell (Veronica Hamel) als Freundin angelacht und plant hinter deren Rücken die Teilnahme an besagtem Rennen. Sein Bruder Bennie (Dick Miller) glaubt nicht nur fest an seinen Sieg, sondern hat auch eine bedeutsame Summe drauf gewettet, womit schon mal die Hauptfigur, deren Vergangenheitstrauma und nahestehende Charaktere schon mal etabliert wären.
Teilnehmen kann jeder und zwar mit jedem Vehikel, weshalb man in schneller Folge die weiteren Racer kennenlernt. Dazu gehören ein deutscher Rennprofi in einem entsprechenden Wagen, ein Damentrio in einem Van, ein braver Familienvater mit Familienkutsche und ein Surferpärchen mit Daddys ausgeborgtem Sportwagen. Der schlitzohrige Beutell (Stanley Bennett Clay) tritt in einem Wagen an, den er für ein Ehepaar überführen soll, Coys Kumpel und Bewunderer Zippo (Archie Hahn) sitzt in einer Karre an, der eins zu eins mit Coys Vehikel identisch ist, und Coys skrupelloser Rivale Cade Redman (Billy McKinney) lässt sich von dem Countrysänger Perman Waters (Gerrit Graham) sponsoren, den er allerdings nebst Mutter beim Rennen chauffieren muss.
Doch schon zum Startschuss fangen die Probleme an: Die Polizei hat Wind von dem Rennen bekommen und macht Jagd auf die Teilnehmer. Coy muss Linda mitnehmen, weil die ihn sonst verpfeifen würde. Und fair spielt kaum ein Fahrer in dem Rennen…
Schaut euch den Trailer zu „Cannonball“ an
„Cannonball“ ist ein weiterer Beweis dafür, was für eine Talentfabrik die Corman-Schmiede war. Für die Kamera verantwortlich war Tak Fujimoto („The Sixth Sense“), ein Produktionsassistent ist der spätere Regisseur Chuck Russell („Eraser“), in Gastrollen treten Joe Dante („Piranha“) als Mechaniker sowie Martin Scorsese („The Audition“) und Sylvester Stallone („F.I.S.T.“) als Mafiosi auf. Corman selbst spielt den Staatsanwalt, der spätere Produzenten-Zampano und Jerry-Bruckheimer-Buddy Don Simpson („Flashdance“) dessen Stellvertreter. Simpson schrieb zudem das Drehbuch gemeinsam mit Regisseur Paul Bartel, der wiederum eine launige Nebenrolle als klavierbegeisterter Gangsterboss hat, bei dem Bennie in der Kreide steht. Den gibt Dick Miller („Truck Turner“) als Zocker, dessen Schlitzohrcharme sich schnell ins Unsympatisch-Mörderische wandelt. David Carradine („McQuade – Der Wolf“) als Held ist solide, aber mehr auch nicht, sodass unter den Hauptdarstellern andere Akzente setzen, vor allem Gerrit Graham („City Commando“) als selbstverliebter Countrybarde und Stanley Bennett Clay („Die Unbestechlichen“) als gewiefter, aber etwas notgeiler Racer.
Dummerweise wird schnell klar, dass das Grundkonstrukt des Cross-Country-Rennens nur ein sehr dünner Drehbuchrahmen für jene Schauwerte ist, die im Rahmen des Budgets möglich waren. Damit man ansatzweise weiß, wer sich gerade wo befindet, baut das Drehbuch noch einen von Bennie engagierten Helikopterpiloten ein, der immer mal wieder durchgibt, wer vorne liegt und auf welchem Platz Clay liegt. Hin und wieder begegnen sich einzelne Teilnehmer, was dann zu Überholmanövern, Crashs oder Prügeleien führt, die dann auch die anivisierten Highlights des Films sind. Dazwischen ist jede Menge Füllmaterial angesagt, das die ewig gleichen Running Gags bemüht: Cade ist zunehmend angefressen von der Dauerbeschallung durch Perman, Beutell will die Mädels anbaggern und wird dafür von der Straße abgedrängt, während der Familienvater in mehrerlei Hinsicht ein Betrüger ist. Zum einen lässt er sich und seine (an sich chancenlose) Karre per Flugzeug nach New York bringen, zum anderen wartet dort die ebenso blonde wie strohdoofe Geliebte, mit der er seine Frau hintergeht.
Zudem stottert der Drehbuchmotor von „Cannonball“ bisweilen sehr, denn so manche Szene und so mancher Plotstrang ist nur dazu da, um manche Wendung zu ermöglichen – etwa die Präsenz eines Kamerateams, das aber nur im Finale für einen bestimmten Kniff eine entscheidende Rolle spielt. Manchmal macht die Logik komplett Urlaub, etwa bei einer Massenkarambolage, bei der die Leute trotz meterweiten Sichtfelds immer wieder reinrasen und manche Autos gleich dreimal explodieren. Gleichzeitig soll es aber nur einen Toten und 17 Verletzte gegeben haben, was angesichts der Schäden kaum zu glauben ist. Immerhin spiegelt der Beginn der Szene den Auftakt des Films auf gewitzte Weise. Gewitzt ist auch manche Situationskomik des Films, etwa wenn Beutell das mittlerweile vollkommen verbeulte Auto bei dessen Besitzern in New York abliefert oder das junge Pärchen unter den Augen eines Polizisten einen Ersatzkeilriemen erbeutet – leider überwiegen die bereits erwähnten, schnell ausgelutschten Running Gags anstelle solcher Spaßmomente.
Hauptaugenmerk des von Run Run Shaw mitproduzierten Films sind natürlich seine Krawallmomente: Ein paar solala choreographierte Schlägereien, ein (teilweise im Schnitt getrickster) Sprung über eine nicht fertiggestellte Highwayverbindung und natürlich reichlich Autostunts. Die Vehikel werden von der Straße abgedrängt, gecrasht oder in einem Fall in die Luft gejagt. Das ist Handarbeit ohne Modell- oder sonstige Tricks, aber auch nur im Rahmen der Low-Budget-Möglichkeiten inszeniert, dementsprechend etwas roh und unbehauen sowie überdeutlich als Nummernrevue in den Film gestrickt. Quasi im Fünf-Minuten-Takt ist ein Schauwert angesagt, damit es was zu gucken gibt, dazwischen folgt man den Eskapaden der Rennteilnehmer, die allerdings alle etwas profillos bleiben. Die meisten sind auf eine Eigenschaft reduziert, seien es die verführerischen Mädels im Van, der gewalttätig-skrupellose Cade oder das verträumt-naive Pärchen, das einfach nur aus Spaß an der Freude an dem Rennen teilnimmt und sich als einziger Rennteilnehmer fast stets fair und moralisch verhält – mit entsprechender Pointe.
Die Liste der Namen vor und hinter der Kamera liest sich aus heutiger Sicht beeindruckend, die Stunts von „Cannonball“ sind teilweise schon sehenswert, doch insgesamt kommt Paul Bartels Auto-Action-Comedy nie über den Status einer leidlich unterhaltsamen Nummernrevue hinaus, die einfach ein paar schlitzohrige Pappkameraden auf eine Rallye durch die USA schickt. Von Druck oder Dringlichkeit ist da nie etwas zu spüren, eher von der Freude am Kaputtmachen oder Veralbern, aber so hundertprozentig trägt das den Film nicht.
Frühere deutsche Kino-, TV- und Videoversionen von „Cannonball“ waren ab 16 oder 18 Jahren freigegeben, aber um rund 15 Minuten an Handlungsszenen erleichtert. Erst im DVD-Zeitalter kam der Film in Deutschland ungekürzt heraus und wurde mit der Kinowelt-Veröffentlichung von 2008 auf FSK 12 herabgestuft. Die aktuellste DVD-Veröffentlichung kommt von Pidax und bietet eine Featurette, Trailer, die Super-8-Version sowie Bildergalerien als Bonus. Ihr könnt den Film auch streamen.
© Nils Bothmann (McClane)
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