Originaltitel: F1: The Movie__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2025__Regie: Joseph Kosinski__Produktion: Jerry Bruckheimer u.a.__Darsteller: Brad Pitt, Damson Idris, Javier Bardem, Kerry Condon, Tobias Menzies, Kim Bodnia, Sarah Niles, Will Merrick, Joseph Balderrama, Abdul Salis, Callie Cooke, Samson Kayo, Liz Kingsman, Lewis Hamilton u.a. |

Mit „F1“ versucht das „Top Gun: Maverick“-Team um Produzent Jerry Bruckheimer und Regisseur Joseph Kosinski dessen Erfolg zu wiederholen
Obwohl „F1“ eigentlich eine Produktion für Apple TV+ ist, ließ der Streamingdienst sich das Prestigeprojekt zwischen 200 und 300 Millionen Dollar kosten und bringt es zumindest für eine Weile in die Kinos. Dabei sieht das Ganze fast nach einem Versuch aus, den Erfolg von „Top Gun: Maverick“ zu replizieren, sind die Positionen Regie, Drehbuch und Produktion doch identisch besetzt.
Nun hatte Blockbuster-Experte Jerry Bruckheimer („Bad Boys: Ride or Die“) schon dereinst auf „Top Gun“ den ähnlich gestrickten Rennfahrerfilm „Tage des Donners“ folgen lassen, insofern wiederholt sich die Geschichte. Tom Cruise war hier zwar nicht erneut am Start, doch Brad Pitt verkörpert einen ähnlichen Typus. Er ist Sonny Hayes, ein altgedienter Rennfahrer, der wie eine Art moderner Söldner durch die Lande zieht und seine Kenntnisse bei jeder Art von Rennen anbietet. Aktuell holt er beim 24-Stunden-Rennen von Daytona die Kohlen aus dem Feuer, fährt das Team in seiner Schicht zum Vorsprung, den die jungen Kollegen nur noch halten müssen. Der vernarbte, tätowierte, gealterte, aber muskulöse Körper wird mit Eisbädern gekühlt und wachgemacht, die Siegestrophäe fasst er aus Aberglauben nicht an. Nach dem Sieg soll es zur nächsten Herausforderung, einem Geländerennen, gehen, womit der Auftakt die Figur Sonny Hayes gut zusammenfasst.
Zu Sonny Hayes gehört auch noch eine Vorgeschichte, denn früher fuhr er in der Formel 1 – mit Senna und Schumacher, wie eine Figur es ehrfürchtig ausspricht. Nach einem schlimmen Unfall auf der Strecke in den 1990ern stieg er jedoch aus, ohne je einen Sieg dort errungen zu haben. Aus dieser Zeit kennt er noch Ruben Cervantes (Javier Bardem). Der frühere Kollege hat inzwischen seinen eigenen Rennstall namens Apex GP – vielleicht aber nicht mehr lange. Denn bei drei Saisons ohne einzigen Sieg darf der Aufsichtsrat den Verkauf anordnen. Es bleibt noch eine halbe Saison, neun Rennen, und nach dem Verlust eines Fahrers soll Sonny es richten. Der weigert sich natürlich erst, aber weil die Gesetze des Sportfilmgenres es so wollen und „F1“ sonst viel zu schnell vorbei wäre, entscheidet er sich bald um.
Sonnys Teamkollege ist das Nachwuchstalent Joshua Pearce (Damson Idris), dem es allerdings noch an Feinschliff mangelt. Die Autos sind ebenfalls verbesserungswürdig, aber Kate McKenna (Kerry Condon), die erste weibliche Technikchefin der Formel 1, bastelt gerade am entsprechenden Upgrade. In diese Gemengelage stößt der vermeintliche Oldtimer Sonny, der sich mit seinem Verhalten nicht nur Freunde macht…
Schaut euch den Trailer zu „F1“ an
Sonny ist Mavericks Bruder im Geiste: Einer, der sich nicht an Regeln hält oder zumindest nur an die, die ihm sinnig erscheinen. Einer, der mit allen Wassern gewaschen ist und jeden Trick kennt, aber auch einer, der lernfähig ist. Natürlich hat auch Sonny sein Bündel zu tragen: Das Trauma des Unfalls von einst, der eigene Jähzorn und das etwas Zuviel an Stolz, das ihn nur zu einem bedingt guten Teamplayer macht.
Aber natürlich sind das alles Dinge, die im Verlaufe des Films überwunden werden wollen, während der alte Hase es nochmal allen zeigt, die ihn längst abgeschrieben haben. Sonny ist ein betont cooler Typ, der sich nicht um den Medienzirkus schert und die Fragen eines Reporters nach seinen gescheiterten Ehen, seiner früheren Glücksspielsucht und nach seiner zwischenzeitlichen Beschäftigung als Taxifahrer einsilbig an sich abperlen lässt. Natürlich gibt es die Risse im coolen Panzer, etwa wenn er den jungen Joshua für zu viel Fokus auf Medienarbeit und zu wenig Fokus auf das Rennen kritisiert oder sich eine Liebesgeschichte zwischen ihm und Kate anbahnt.

Jungstar Joshua Pearce (Damson Idris) und der alte Hase Sonny Hayes (Brad Pitt) müssen lernen miteinander klarzukommen. Courtesy Warner Bros. Pictures
Insofern ist Vieles an „F1“ der absolute Sportfilmstandard: Der alte Fuchs wird zum Teamplayer, der Jungstar lernt von ihm und überkommt seine Eitelkeit, und die Frage, ob man nun das entscheidende Rennen gewinnt, klärt sich natürlich auch erst bei der letzten Chance. Sonny ist körperlich eigentlich nicht mehr in der Verfassung, um Rennen zu fahren, aber auch Rocky war bereits im ersten Teil der Reihe angeblich nicht mehr in Form für seinen Sport und stieg trotzdem auch in den Fortsetzungen immer wieder in den Ring. Gewürzt wird das Ganze noch mit dem drohenden Verkauf des Rennstalls und ein, zwei möglichen Intriganten, außerdem ein paar Subplots.
Da ist die Love Story zwischen Hallodri Sonny und der früheren Raumfahrtingenieurin Kate, die sich in der Männerdomäne Rennsport behaupten will, da ist das Bonding zwischen Sonny und JP, wie er seinen Kollegen nennt, da sind ein paar markante Gesichter im Team, wie Rennchef Kaspar Smolinski (Kim Bodnia) oder Mechanikerin Jodie (Callie Cooke), die auch noch ein paar Einzelmomente spendiert bekommen. Sonderlich überraschend ist es nur selten, sodass das Drehbuch von Ehren Kruger („Scream 3“) nur kleinere Überraschungen im Rahmen des Möglichen herauskitzelt. Etwas großzügig ist allerdings die Laufzeit von zweieinhalb Stunden gewählt, für die der Film dann vielleicht doch etwas zu konventionell ist und zu wenig inhaltliche Substanz besitzt.
So kann „F1“ dann eher in kleinen Details wirklich punkten. Der Tonfall ist humorvoll, gerade bei den Clashes von den Teammitgliedern, wobei die Streitigkeiten von Sonny und Kate wenig verwunderlich einen Screwball-Flirtcharakter besitzen. Für Authentizität sorgt Lewis Hamilton nicht nur als einer der Produzenten, sondern auch als er selbst – ebenso wie viele andere Formel-1-Fahrer spielt er mit (und ist natürlich der beste Fahrer der Saison, so viel Eitelkeit muss dann sein). Da sind also oft die echten Profis in den Autos, auf den Siegertreppchen oder bei Events zu sehen. Die Formel 1 unterstützte den Film also in vielerlei Hinsicht, wobei es auffällig ist, wie viele Scheichs beim großen Finale in Abu Dhabi im Bild sind – man wundert sich jedenfalls nicht, dass das Land im Abspann als Förderer des Films gesondert erwähnt wird.
Dafür haben Kruger und Regisseur Joseph Konsinski („Der Spinnenkopf“) die Dramaturgie der Renngeschichte gut unter Kontrolle: Jedes der neun Rennen wird mehr oder weniger ausführlich gezeigt, jedes Mal weiß das Publikum, was die Ereignisse dieses oder jenes Events für das Team und die Hauptfiguren bedeuten. Da gibt es keine flink zusammenfassenden Montagen wie in anderen Sportfilmen, sondern man kann den Verlauf der Saison hervorragend nachvollziehen.

Früher ein Rivale auf der Piste, jetzt sein Arbeitgeber: Sonnys alter Freund Ruben Cervantes (Javier Bardem). Photo by Scott Garfield Courtesy Warner Bros. Pictures / Apple Original Films
Wenn „F1“ dann aber ganz bei sich ist, dann in den Rennszenen. Mit Kameras an den Autos, Drohnenflügen, Cockpitsichten und CGI-Unterstützung tut das Team um Regisseur Kosinski und seinem Stamm-Kameramann Claudio Miranda („Oblivion“) alles, um das Publikum mit in die Rennen hineinzuziehen und den Rausch der Geschwindigkeit nachvollziehbar zu machen. Es gibt riskante Überholmanöver und Crashes, aber auch das rüpelige Verhalten von Sonny, der manchmal Safety-Car-Runden provoziert oder andere Fahrer durch Täuschungsmanöver in die Boxengasse lockt, um dem Team Vorteile zu verschaffen. Das ist zwar nur begrenzt sportlich, aber Apex GP besteht aus derart sympathischen Underdogs, dass man Sonny dies verzeiht.
Manchmal wäre es noch schöner, wenn „F1“ das Technik-Gebabbel über Kurvenfahrverhalten und ähnliche Scherze am praktischen Beispiel noch nachvollziehbarer machen könnte, denn trotz der ganzen Zusatzinfos sind die Rennszenen halt in erster Linie dynamische Variationen dessen, was man auch aus Formel-1-Übertragungen im Fernsehen kennt. Dafür hat „F1“ auf der Audioebene einiges auf dem Kasten: Es laufen nicht nur Evergreens wie „We Will Rock You“ von Queen, auch der mitreißende, aber nicht aufdringliche Soundtrack von Hans Zimmer („Gladiator“) gehört ganz klar zu seinen besten Arbeiten der letzten Jahre.
Dass man Sonny seine Tricksereien nicht so krumm nimmt, liegt am Ende des Tages natürlich auch an Brad Pitt („Bullet Train“). Wie der Star den Oldie-Fahrer spielt, der zwar großmäulig und aufmüpfig ist, aber das Herz am rechten Fleck hat, das ist schon sehr launig und einnehmend. Ebenso erfreulich, dass er mit der großartig aufgelegten Kerry Condon („Saints & Sinners“) eine gleichwertige Spielpartnerin gefunden hat, die mehr als nur das Anhängsel des Helden ist. Damson Idris als Jungtalent kann ebenfalls gut mithalten, starken Support leisten Javier Bardem („Dune 2“) als Rennstahlbesitzer, Sarah Niles („Heads of State“) als Joshuas Mutter, Kim Bodnia („Die junge Frau und das Meer“) als cholerischer Teamchef und Callie Cooke („Da scheiden sich die Geister“) als charmante Mechanikerin.

Technikchefin Kate McKenna (Kerry Condon) will sich in der Männerdomäne Formel 1 beweisen. Photo Courtesy Warner Bros. Pictures / Apple Original Films
So ist „F1“ kompetent gemachtes und meist stark gespieltes Sportfilm-Entertainment nach Schema F, das sich vielleicht etwas zu viel Laufzeit für einen Standardplot herausgepickt hat. Aber die Schauwerte stimmen ebenso wie die Chemie zwischen Pitt und Condon, während die Dramaturgie des Mainplots so gut durchgetaktet ist, dass man über einige Klischees und Längen gern hinwegsieht. Den Mega-Erfolg von „Top Gun: Maverick“ wird das Ganze wahrscheinlich nicht wiederholen können, auch wenn es dessen Formel gut verinnerlicht hat.
Warner Bros. und Apple bringen „F1“ ab 26. Juni 2025 in die deutschen Kinos, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Nach seinem Kinorun wird er wahrscheinlich nur bei Apple TV+ im Stream erscheinen.
© Nils Bothmann (McClane)
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