Originaltitel: Fear Street: 1666__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Leigh Janiak__Darsteller: Kiana Madeira, Gillian Jacobs, Olivia Scott Welch, Benjamin Flores Jr., Sadie Sink, Julia Rehwald, Fred Hechinger, Emily Rudd, Elizabeth Scopel, Ashley Zukerman, McCabe Slye, Randy Havens, Matthew Zuk, Michael Chandler, Lacy Camp, Jeremy Ford u.a. |

Das Trilogie-Finale „Fear Street – Teil 3: 1666“ spielt teilweise im titelgebenden Jahr, teilweise 1994
Zeit für das Finale: Nach zwei Retro-Slashern soll „Fear Street – Teil 3: 1666“ nun die Ursprünge des Hexenfluchs von Shadyside erforschen, wobei sich das Team um Regisseurin und Co-Autorin Leigh Janiak („The Staircase“) nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auch auf das Zu-Ende-Führen der filmischen Gegenwart verlegte.
Besagte Gegenwart spielt im Jahr 1994, siehe Teil 1, wo Deena Johnson (Kiana Madeira) soeben die Überreste der Hexe Sarah Fier wieder vereint hat, nun aber eine Vision von deren Vergangenheit in den Brägen geschickt bekommt. Es geht ins Jahr 1666 (Number of the Beast, ahoi!), wo Sarah Teil einer kleinen Puritaner-Siedlung ist. Dabei wird sie von Deena-Darstellerin Kiana Madeira verkörpert, so wie auch viele andere Schauspieler der Vorgängerfilme zurückkehren. Das spart natürlich nicht nur Aufwand und Kohle bei der Besetzung, sondern erzeugt auch Aha-Effekte in Sachen Familienstammbäume und erleichtert die Anbindung an die neuen Figuren, die zudem nicht über die volle Filmlänge auftreten. Außerdem verdeutlich es, dass diese Rückblende durch Deenas Augen gefiltert ist – später kriegt man kurz die „echte“ Sarah Fier (Elizabeth Scopel) zu sehen.
Im Dorf herrscht der Puritanismus, wobei die Jugend sich auch hier im Wald für Partys trifft, mit Wein und Magic Mushrooms anstelle von Bier und Joints. Es geht auch etwas züchtiger zu, doch auch die Dorfkinder des Jahres 1666 haben halt Hormone und Gelüste. Im Falle von Sarah sind diese allerdings reichlich pikant, denn ihr Objekt der Begierde ist Pastorentochter Hannah Miller (Olivia Scott Welch), welche ihre Gefühle erwidert. Das lesbische Pärchen des Jahres 1666 wird vom lesbischen Pärchen des Jahres 1994 gespiegelt, wobei die Vorzeichen anno 1666 noch einmal ganz andere sind: Sieht die falsche Person das Schäferstündchen im Wald, dann droht nicht nur die soziale Ächtung, sondern der Tod im wahrsten Sinne des Wortes.
Als nach der Party im Wald schreckliche Dinge geschehen, Fäulnis, Krankheit und Tod inklusive, sucht der Mob im Dorf nach Schuldigen, allen voran der religiöse Fanatiker Mad Thomas (McCabe Slye), ein Ekelpaket erster Güte, was nichts Gutes für die Dorfgemeinschaft im Allgemeinen sowie Sarah und Hannah im Speziellen bedeuten kann…
Schaut euch den Trailer zur „Fear Street“-Trilogie an
Wenn man „Fear Street – Teil 3: 1666“ eines sehr deutlich ankreiden kann, dann ist es sicherlich die Tatsache, dass es eigentlich zwei Filme sind. Der 1666-Part nimmt etwas mehr als die Hälfte ein, danach geht es daran den durchlaufenden Trilogie-Plot zum Ende zu bringen – „Fear Street: 1994 – Part 2“ wird sogar als Titel zwischendrin eingeblendet. Vor allem unterscheiden sich beide Parts tonal doch recht deutlich: Die 1666-Handlung ist schon reichlich düster und schwer, der 1994-Part ist dagegen leichtfüßiger. Während man weiß, dass die Vergangenheit kein gutes Ende nimmt, steht in der intradiegetischen Gegenwart das Finale mit Happy End an, in dem es nicht mehr viele Tote gibt, von denen die wenigsten noch dazu wirklich handlungsrelevant sind. Natürlich darf ganz zum Schluss ein Teaser für mögliche Sequels nicht fehlen; vier Jahre später sollte Netflix tatsächlich einen weiteren „Fear Street“-Film nachschieben, allerdings mit neuer Mannschaft.
Der Bruch ist etwas schade, denn in sich sind beide Hälften durchaus stimmig. Die 1666-Episode verlässt das Slasher-Metier und erinnert eher an Folk-Horror wie „The Witch“ oder „Apostle“. Die Teens sind etwas frivoler und selbstbewusster als in den anderen Genrevertretern, ansonsten ist das allerdings merklich grimmiger und derber als man angesichts der Inspiration der Trilogie durch die Jugendbücher von R.L. Stine erwartet hätte. Vor allem zwei Szenen, eine im Schweinestall, eine in der Kirche, sind schon recht starker Tobak. Wieder einmal konkurrieren puritanischer Druck und (jugendliches) Freiheitsbewusstsein, wobei die Antagonisten im besten Fall religiöse Fanatiker sind. In schlechteren Fällen sind sie bigotte Lügner, die selbst triebgesteuert und unmoralisch sind, ihren Zorn aber gern gegen jene Frauen richten, die sich nicht ranlassen wollen – man denke nur an Hexploitation-Filme wie „Hexen bis aufs Blut gequält“ oder „Der Hexenjäger“, an deren Drastik und Freizügigkeit „Fear Street – Teil 3: 1666“ natürlich nicht anschließt.
Angesichts dieser Ausgangssituation verwundert es nur so semi, dass die wahre Geschichte von Sarah Fier sich etwas anders entpuppt als in den Vorgängerfilmen behauptet. Einiges davon ist angesichts von Vorbildfilmen und realen Hexenprozessen absehbar, anderes dagegen weiß tatsächlich zu überraschen, etwa der tatsächliche Hintergrund des Serienkillerfluchs – „Fear Street – Teil 3: 1666“ spielt über weite Strecken damit, ob Sarah dafür verantwortlich ist oder nicht und wenn ja, was ihre Beweggründe sein könnten. Vor allem geht das Konzept der verschiedenen Zeitebenen in diesem Teil am besten auf: Der 1666-Part lässt die eine oder andere Figur anderer Zeitebenen in ganz anderem Licht erscheinen, vor allem mit Blick auf „Fear Street: 1978“. Die Ausstattung und Atmosphäre der 1666-Episode stimmen auch, es ist eine Studie des Misstrauens und der Missgunst in einer Gemeinschaft. Die übernatürliche Komponente ist hier weitaus weniger gruselig als das, was sich Menschen aus niederen Beweggründen gegenseitig antun.
Im 1994-Part wird dann weniger plump auf den Retro-Verweis-Knopf gedrückt in den Vorgängern. Ein Gespräch über Megadrive-Cheatcodes hier, ein Offspring-Song da, nachdem die ersten beiden Filme das Publikum quasi mit lauter Hits der jeweiligen Ära überfluteten. Hier liegen nun die Karten auf dem Tisch und es kann direkt zum Showdown gehen. Der setzt dann mehr auf Fun, denn hier werden die auferstandenen Killer quasi alle losgelassen, während sich die Protagonistentruppe einige kreative Weisen überlegt, um sie aufzuhalten – ein Trick, der zu einer Art Battle Royale führt, ragt hier besonders heraus.
Mit Mall-Schauplatz und reichlich Neonfarbe ist das optisch wie inhaltlich knallig, tatsächlich eher auf Fun gebürstet, da auch niemand mehr den Löffel abgibt, der dem Publikum am Herzen liegen würde. Auch hier nutzt der Film sein Meta-Retro-Konzept etwas spaßiger und ergiebiger als die Vorgängerfilme, obwohl das Ganze weiter hinten seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Da hatten andere zeitgenössische Filme wie „Happy Deathday“, „Freaky“ oder „Totally Killer“ doch mehr Spaß mit der Slasher-Formel, von der genreprägenden Inspiration „Scream“ ganz zu schweigen, doch an dessen Gewitztheit kommen Janiak und ihre Co-Autoren Phil Graziadei („Honeymoon“) und Kate Trefry („How to Be Alone“) nicht heran.
Kiana Madeira („The Night Before Halloween“) verbindet und trägt beide Parts als Hauptdarstellerin, ist als Sarah Fier hier aber wesentlich memorabler, was aber vielleicht auch daran liegt, dass ihr das Buch hier die besseren Szenen zuschanzt, während sie in der zweiten Hälfte als Final Girl und Scooby-Gang-Anführerin wesentlich eindimensionaler agiert. Benjamin Flores jr. („Transformers: The Last Knight“) bekommt etwas mehr Tiefe als im Erstling und eine schöne Schlussszene (Unterschrift auf dem Gips), bleibt aber auf beiden Zeitebenen eher ein Sidekick. Ähnliches gilt für Sadie Sink („The Whale“), Emily Rudd („One Piece“), Olivia Scott Welch („Panic“), Julia Rehwald („Where’s Darren?“) und Fred Hechinger („Gladiator II“), ihres Zeichens weitere Protagonisten der Vorgänger, hier supporten sie solide in Doppelrollen. Gillian Jacobs („The Contractor“) darf erstmals wirklich in Aktion treten, während weitere Darsteller aus anderen „Fear Street“-Filmen in alten und/oder neuen Parts auf beiden Zeitebenen auftauchen.
Dass „Fear Street – Teil 3: 1666“ in zwei Hälften zerfällt, ist Fluch und Segen zugleich. Fluch, weil die beiden Parts zwar inhaltlich, aber nicht tonal zueinander passen wollen. Segen, weil beide nicht genug Substanz für einen Einzelfilm hätten. Die erste Hälfte ist ein vielleicht nicht wahnsinnig origineller, aber überraschend grimmiger Folk-Horrorfilm, die zweite Hälfte ein bunter Kids-contra-Killer-Spaß mit dem oder anderen originellen Einfall. Als Gesamtwerk bleibt die „Fear Street“-Trilogie dann allerdings Idee und Ankündigung größer als in ihrer Umsetzung: Es sind drei solide, sauber produzierte Werke, die jedoch hinter ihren Möglichkeiten, gerade in Sachen Verzahnung und Genrereflexion, zurückbleiben – da waren die Erwartungen an das Projekt einfach größer.
Als Netflix-Produktion ist „Fear Street – Teil 3: 1666“ aktuell nur dort zu sehen und läuft von der FSK ungeprüft. Der Streamingdienst empfiehlt ihn ab 16 Jahren. Das verwundert, da der harmlosere Erstling (dessen Mordszenen hier fast alle in Rückblenden vorkommen) noch eine Empfehlung ab 18 Jahren erhalten hat.
© Nils Bothmann (McClane)
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