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Screamboat

Originaltitel: Screamboat__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2025__Regie: Steven LaMorte__Darsteller: Tyler Posey, David Howard Thornton, Jared Johnston, Brian Quinn, Jesse Kove, Anthony E. Williams, Brian Scolaro, Sarah Kopkin, Jesse Posey, Tommy Bechtold, Amy Schumacher u.a.

Oswalt, Micky Maus und das Ding mit dem Copyright

Screamboat Poster

„Screamboat“ behauptet „Steamboat Willie“ zu veralbern.

Am Anfang war ein Hase. Oswalt hieß er und erblickte 1927 das Licht der Welt. Walt Disney und sein Chefzeichner Ub Iwerks hatten ihn für Universal entwickelt und erste erfolgreiche Cartoons mit ihm entworfen. Doch als Universal Disney auszubooten versuchte, beendete Walt die Zusammenarbeit und verlor alle Rechte an Oswalt. Einige variierende Pinselstriche machten infolgedessen aus dem Hasen eine Maus: Micky Maus war geboren.

Die freche Maus, die später zum Markenzeichen von Disneys Medienimperium werden sollte, debütierte 1928 in dem wegweisenden Cartoon „Steamboat Willie“. Dieser überzeugte nicht nur durch seine hochwertige Animation, sondern auch durch den – nicht ganz – erstmaligen Einsatz der Tontechnik, wofür Disney eine eigene Produktionstechnik entwickelt hatte.

Da sich Geschichte gerne wiederholt, verlor Walt Disney, beziehungsweise dessen Nachkommen, im Jahr 2024 erneut das Copyright an einer seiner Schöpfungen. Eigentlich hätte das nach amerikanischen Recht schon viel früher passieren müssen, aber Disney hatte sich mehrfach erfolgreich dagegen gewehrt. Nun ist „Steamboat Willie“ gemeinfrei und es darf, ganz im Sinne der Poohniverse-Macher, die dies mit „Winnie the Pooh: Blood and Honey“ und dessen Fortsetzung erfolgreich vorexerziert hatten, ordentlich Schindluder mit der Vorlage getrieben werden.

Ein Billigslasher namens „The Mouse Trap“ war der erste Versuch, vor allem Micky Maus doch deutlich umzudeuten und ihm mörderische Triebe anzudichten. Viel Gegenliebe erfuhr das Werk aber weder durch Kritik noch Zuschauer. Weitere Produktionen tauchten in der Gerüchteküche auf. Etwa „Mickey’s Slayhouse“ oder „The Dark Domain: Mickey Vs Winnie“.

Als jedoch News aufploppten, die Produzenten von „Terrifier 2“ und „3“ würden sich an eine Verhohnepiepelung von „Steamboat Willie“ wagen und Art-the-Clown-Darsteller David Howard Thornton würde als Micky-Maus-Wiedergänger mitwirken, war die Neugier geweckt. So sehr, dass der Film sogar in Deutschland seinen Weg ins Kino fand. Wo er allerdings, bei aller Liebe zu Trash- und schlechten Filmen, nichts zu suchen hat.

Steamboat Willie in garstig

Es ist eine normale Nacht in New York. Dichter Nebel wabert über dem Hudson River. Trotzdem legt die Staten Island Ferry wie gewohnt ab. Die Fähre transportiert einen bunt gemischten Haufen an Fahrgästen, von denen die meisten nach einem anstrengenden Tag einfach nur in ihr Zuhause in Staten Island wollen.

Was sie nicht ahnen: Bevor die Fähre ablegte, erwachte in ihren Eingeweiden ein blutrünstiges Wesen namens Steamboat Willie zu neuem Leben. Ein grausamer Überlebenskampf bahnt sich an.

Schaut in den Film hinein

Wenn Walt Disney das wüsste…

Tja, wo fängt man bei dem Film „Screamboat“ am besten an? Vielleicht bei der Wahrnehmung, dass der Streifen deutlich in zwei Teile zerfällt. Der erste Teil nimmt dabei den größten Part der Laufzeit ein. Er etabliert die Bedrohung Willie mittels altbekannter und extrem ausgelutschter Horrorklischees. Des Weiteren führt er die total egale, unendlich viel Schwachsinn labernde Opfermasse ein und versucht vergebens, ein oder zwei als Helden aufzubauen. Üble Schauspielleistungen und sinnfreie Wortkotze satt machen dies fast im Handumdrehen zunichte.

Worauf der erste Teil zudem einen feuchten Kehricht gibt, ist eine Story. Was Steamboat Willie will, man weiß es nicht. Was die Figuren außer ihr Überleben antreibt, „Screamboat“ will es nicht verraten. Worauf das ganze Tohuwabohu hinauslaufen soll, ihr ahnt es, wird nicht verraten. Es fehlt jedwede Art von Dramaturgie und Spannung – und erst recht ein Sinn. Schnell macht sich Langweile breit, zumal der anvisierte Comedy-Part des Filmes aufgrund hundsmiserablen Timings und der Abwesenheit jedweden erkennbaren Humors stande pede durchscheitert.

Was im Film hält, ist das Treiben von Steamboat Willie. Der hat Lust am Killen und erzeugt einen enormen Bodycount. Mit den „Terrifier“-Filmen kann sich das Gebotene allerdings nie messen. Dazu verlaufen die Kills zu sehr im 08/15-Slasher-Duktus. Sind also bei weitem nicht derart ausgewalzt und genüsslich zelebriert wie in dem Clowns-Gesplatter. Eigentlich stoßen nur zwei Szenen (Enthauptung und derbes Finish eines Blowjobs) ansatzweise in das „Terrifier“-Horn.

David Howard Thornton als Steamboat Willie in "Screamboat"

David Howard Thornton als Steamboat Willie in „Screamboat“.

Zudem geraten die Effekte arg durchsichtig und sind durchweg etwas billig in ihrer Anmutung. Eine hektische Kamera und arg viel Dunkelheit schlucken zudem einige der Effekte. Und dies so sehr, dass man teils gar nicht erkennt, was da gerade auf der Leinwand abgeht. Dennoch, das stumpfe Hochdrehen des Bodycounts rettet den ersten Teil einigermaßen über die Runden – ohne dass dieser sich irgendwie besonders, unterhaltsam oder gar gut anfühlen würde.

Tja, und dann steigt Teil zwei. Und hier geht das „Screamboat“ dann unter. Es wird nämlich ein elend langer Showdown angestoßen, der Steamboat Willie eine unklare Motivation gibt sowie die Helden heldenhafte Dinge sagen und tun lässt – und dabei unendlich viel Leerlauf produziert. Ewigkeiten wird nach irgendwelchen Signalpistolen gesucht, totgeglaubte Figuren tauchen wieder auf und brubbeln sinnlose Scheiße und der Film findet und findet kein Ende.

Das Schlimmste: Steamboat Willie killt nicht mehr. Mehr noch: Figuren werden mit irgendwas geschlagen, werden von den anderen Helden an Ort und Stelle sehr heldenhaft liegen gelassen und man erfährt nie, was mit diesen Figuren nun eigentlich passiert ist. „Screamboat“ liefert in seinem Finish astreine Arbeitsverweigerung. Nichts funktioniert mehr. Und der vermaledeite Abspann will und will nicht loslaufen. Ist er dann endlich durch, fabuliert er von einer Rückkehr seiner verbliebenen Charaktere und man sitzt einfach nur im Kinosessel und schreit innerlich – und auch äußerlich – einfach nur „NEIN!“.

Opfermasse in Screamboat

Opfermasse für Steamboat Willie.

Den einzigen echten Pluspunkt an „Screamboat“ möchte ich an dieser Stelle freilich nicht unterschlagen. David Howard Thornton macht als Micky / Steamboat Willie viel Spaß. Er wirft sich wieder mit vollem Körpereinsatz in die Rolle und liefert ab. Blöderweise kann man nicht einmal dies richtig genießen, denn rund um Steamboat Willie trafen die Macher um Regisseur Steven LaMorte (der schon „The Mean One“ mit Thornton gedreht und damit eine andere ikonische Figur auf links gedreht hatte) einige derbe Fehlentscheidungen.

So sieht die Kostümierung von Thornton schon turboräudig aus. Steamboat Willie erinnert in keinster Weise an Micky Maus. Er erinnert an Gewölle, das von einer Katze ausgekotzt wurde. Maximal seine Hose und die ikonischen Schuhe gemahnen an das Vorbild. Eine vollkommene Schnapsidee ist zudem, dass man Steamboat Willie nicht einfach menschengroß präsentiert, sondern die Maus deutlich kleiner als die menschlichen Protagonisten sein soll.

Dabei hatte man offensichtlich keine Idee, wie groß Willie nun tatsächlich sein soll. So ist er mal kindsgroß, mal geht er Charakteren nur bis zum Knie und mal ist er kleiner als ein spezielles Körperteil, in der nächsten Szene hält er selbiges mühelos in einer Pfote. Hier gibt es keinerlei sinnhafte Kontinuität.

Blutiges Gematsche im Steamboat Willie Spoof

Es spritzt zumindest eine Menge Blut im Film.

Und bei der technischen Umsetzung der Größenunterschiede landet der der Film dann einen formvollendeten Brettschiss. Denn die Rückprojektionen und Handpuppeneinsätze sind einfach nur gruselig schlecht umgesetzt. Und die Interaktionen zwischen Willie und seinen Opfern sind vollkommen unglaubwürdig angerichtet – sprich das Compositing funktioniert so gar nicht. Und wie der Rest des Streifens saufen auch alle Szenen um Willie immer wieder in der dunklen Inszenierung ab. Viel von Thorntons Mimik geht so komplett verloren.

Ein weiterer großer Fehler ist das Verschenken von Tyler Posey („Wahrheit oder Pflicht“). Der aus der TV-Serie „Teen Wolf“ bekannte Mime wird in „Screamboat“ ausnahmslos beim Funken präsentiert, klatscht in diesen kurzen Szenen aber alle anderen Darsteller mühelos an die Wand. Dazu muss er nicht einmal spielen, was nur unterstreicht, was für eine Resterampe an Darstellern in dem Film vor sich hin dilettiert.

„Screamboat“ schlägt schnell Leck

Wer meinte, es ginge nicht schlechter als „Winnie the Pooh: Blood and Honey“, wenn es darum geht, ikonischen Kinderfiguren einen garstigen Dreh zu geben, der darf sich bei „Screamboat“ gerne mal ein Auge holen. Würde Willie nicht in kleineren Details aussehen wie Micky und gerne mal eine lustige Weise pfeifen, man wüsste gar nicht, wo die Ankopplungen an den Cartoon „Steamboat Willie“ versteckt sein sollen. Zumal die Fähre keinerlei Ähnlichkeit mit dem Dampfboot im Cartoon hat. Weiträumiger kann man die Möglichkeiten der Vorlage gar nicht verschenken.

Doch auch das Drumherum passt kein Stück. Nach der Geschichte muss man mit der Lupe suchen, die Darsteller sind durch die Bank eine Katastrophe, die aufgesagten Dialoge lassen einen förmlich erschaudern und lange Zeit hält nur das mal derbe, mal seltsam gerusht wirkende Gekille den Film überhaupt am Laufen. Zudem ist der lustig gemeinte Streifen auch noch gnadenlos unlustig und hat allgemein ein unglaublich mieses Timing.

Biegt der Film dann auf die Zielgerade ein, fällt er komplett auseinander. Hier bekommt man dann noch derber zu spüren, wie egal einem die Figuren und der ganze Film wirklich sind. Und „Screamboat“ versucht nicht einmal, ein echtes Splatter-Inferno oder ähnliches zu zünden, um den Zuschauer wenigstens mit einem verzückten Gorebauer-Lächeln aus dem Saal zu schmeißen.

Wenigstens macht David Howard Thornton Spaß in seiner Rolle. Und auch ein animierter Erklärbär-Cartoon macht Laune – lässt einen aber auch schnell denken, dass es vermutlich sinniger gewesen wäre, sich „Steamboat Willie“ zehnmal hintereinander anzusehen als „Screamboat“ einmal am Stück.

02 von 10

Sunfilm hat den Film am 08. Mai 2025 in die deutschen Kinos gehievt. Hier läuft er uncut mit einer Freigabe ab 18.

In diesem Sinne:
freeman

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