Originaltitel: Ng poon__ Herstellungsland: China-Hongkong__ Erscheinungsjahr: 2024__ Regie: Donnie Yen__ Darsteller: Donnie Yen, Francis Ng, Michael Cheung Tin-fu, Kent Cheng, Mason Fung, Lau Kong, Julian Cheung, Shirley Chan, Michael Hui, Locker Lam, Ming-Chuen Wang, Adam Pak, Ray Lui, Mark Cheng, Sisley Choi, Yu Kang, … |
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Im Januar 2023 hatte ich die Gelegenheit, in Kuala Lumpur an der malaysischen Premiere des „Wuxia“-Streifens „Sakra“ teilzunehmen, bei welcher auch dessen Lead und Co-Regisseur Donnie Yen persönlich anwesend war, bevor ich in derselben Kalenderwoche 2024 dann Hongkong besuchte sowie ich mir wiederum genau zwölf Monate danach im Rahmen eines Kambodscha-Urlaubs nun den dramatischen Action-Thriller „the Prosecutor“ (Originaltitel: „Ng poon“) in einem netten Phnom Penher Kino angesehen habe: Seines Zeichens eine in der erwähnten chinesischen Sonderverwaltungszone angesiedelte, lose auf einem realen Justiz-Fall basierende $38,5-Millionen-Produktion von und mit dem besagten (inzwischen bereits 61 Kerzen auf seiner B-Day-Torte aufweisenden) Genre-Recken…
Eröffnet wird in 2017: Fok (Yen) ist ein ebenso beherzter wie erfolgreicher Polizist, der sein Team gerade bei einem Einsatz gegen einige einen Deal über die Bühne bringende Waffen-Händler anführt, als die Situation plötzlich eskaliert und ein wildes Feuergefecht entbrennt, bei dem er ein beeindruckendes Repertoire an Skills zur Schau stellt. Nahezu im Alleingang ist es ihm möglich, die meisten der Baddies auszuschalten – jedoch zieht er sich am Ende eine Verletzung im Bereich der Wirbelsäule zu; das Leben einer Kollegin durch einen Sprung aus mehreren Metern Höhe rettend, welcher jeden „normalen Menschen“ mit Sicherheit getötet (oder zumindest auf ewig gelähmt) hätte. Es ist ein durchaus furioser, u.a. mit Ego-Perspektiven und anderen „inszenatorischen Spielereien“ aufwartender Einstieg…
Zwar vermag der Drahtzieher des illegalen Geschäfts verhaftet zu werden – allerdings gelingt es jenem aufgrund bestimmter Gegebenheiten sowie entsprechender Argumentationen seiner Anwältin im Folgenden, vor Gericht einer Verurteilung zu entgehen. Ernüchtert und verärgert darüber, dass so etwas immer wieder vorkommt, entschließt sich Fok dazu, seine Dienstmarke „an den Nagel zu hängen“ und stattdessen ein Jura-Studium anzufangen, um auf diesem Wege für Gerechtigkeit zu sorgen – während sein Protegé Wai (Michael Cheung Tin-fu) die Leitung seiner Einheit übernimmt. Eine flotte „Uni-Bücherwälz-Lern-Montage“ später schreiben wir daraufhin stracks das Jahr 2024 – in welchem Fok seinen neuen Arbeitsplatz als „ältester Rookie“ der Hongkonger Staatsanwaltschaft antritt…
Fok’s Vergangenheit als Cop offeriert ihm eine gewisse Sicht auf Dinge, über die seine Kollegen so nicht verfügen. Sein erster Fall ist ein relativ simpler, wie es scheint: Einem jungen Mann namens Kit (Mason Fung) wird das Schmuggeln von Drogen vorgeworfen – wobei jener aber behauptet, er hätte seine Adresse bloß fürs Zustellen der betreffenden Lieferung angegeben, ohne zu wissen, was eigentlich in dem Paket drin ist, um mit dem dafür von einem Kumpel (Locker Lam) erhaltenen Geld ihn und seinen Großvater Ma (Lau Kong) finanziell zu unterstützen. Da er aus ärmlichen Verhältnissen stammt, vertreten ihn die beiden Anwälte Lee (Shirley Chan) und Au (Julian Cheung) „pro bono“ – welche ihm kurzerhand empfehlen, sich schuldig zu bekennen, um so auf ein mildes Urteil zu hoffen…
Kit hört auf seinen Rechtsbeistand – doch lässt der Richter (Michael Hui) keine Gnade walten. Von der Höhe der Strafe entsetzt, erhebt Ma den Vorwurf gegen die Anwälte, sie hätten seinen Enkel falsch beraten; ja gar „reingelegt“. Fok’s Vorgesetzte sind zufrieden – er allerdings nicht. Also beginnt er mit eigenen Nachforschungen – was sein Chef (Francis Ng) nicht allzu gern sieht; schließlich gibt es noch mehr als genug anderes zu tun und ist es nicht Fok’s Aufgabe, „der Gegenpartei“ zu helfen. Sein neuer Mentor Bao (Kent Cheng) steht ihm bei seinen Bemühungen indes aber weiterhin zur Seite – und so nehmen sie „das Drumherum“ mal konkreter unter die Lupe: Suchen bspw. das Gespräch mit Ma und probieren herauszufinden, welchem örtlichen Crime-Netzwerk die Drogen zuzuordnen sind…
„the Prosecutor“ verwebt die nicht offiziell abgesegneten Recherchen Foks mit dem Drama rund um die Schicksale Kits und seines Opas, den fortschreitenden juristischen Schritten (á la das Anstreben eines neuen Prozesses) sowie den aktuellen polizeilichen Ermittlungen Wais, zu denen sich schon bald eine „Schnittstelle“ herauskristallisiert: Nach und nach gerät eine Verbindung zwischen Lee und Au und einigen mächtigen Gangstern (darunter Ray Lui und Mark Cheng) zutage – was in regelmäßigen Abständen für Action sorgt, denn jene haben natürlich etwas dagegen, dass sowohl Vertreter der Polizei als auch des Justiz-Ministeriums nun plötzlich gesteigerte Aufmerksamkeit auf ihre Machenschaften richten; weshalb sie u.a. den brutalen Killer Kim Hung (Yu Kang) „von der Leine lassen“…
Das Skript Edmond Wongs – welcher bereits für diverse Yen-Film-Vorlagen (von „Dragon Tiger Gate“ über mehrere „Ip Man“-Teile bis hin zu „the Monkey King: The Legend begins“) verantwortlich war – liefert dem Star die „Plattform“, sich als redlich-heroischer Kämpfer in Szene zu setzen – das aber in einem für ihn ein Stück weit ungewohnten Umfeld, in dem es nicht vorrangig auf Körper- oder Feuerkraft ankommt. Ein „Tough Guy“ ist Fok dennoch – allerdings nützt ihm das im Gerichtssaal wenig, sofern er es nicht argumentativ rüberzubringen vermag. Er ist idealistisch und ambitioniert, ein Vorbild für andere sowie „im Dienste des Guten“ unterwegs, weigert sich, die „Grenzen des Systems“ so einfach zu akzeptieren, äußert offen Kritik daran und engagiert sich für diese zwei Opfer eben jenes…
Fok weiß, dass Kit unschuldig ist sowie eine bis zu 27-jährige Haftzeit sein Leben zerstören würde – während er zugleich den Herzschmerz und die Wut Mas nachempfinden kann. Um das noch deutlicher zu machen, wird Kit immer mal wieder betrübt, verängstigt oder gar weinend in seiner Zelle gezeigt, gibt es eine Rückblende in seine schwere Kindheit, im Rahmen derer er von seiner Junkie-Mutter misshandelt wird – bis sein Großvater ihn zu sich nahm; welcher seinerseits trotz seiner Armut Fok bei einem Besuch das spärliche Essen, das er besitzt, gastfreundschaftlich mit anbietet sowie einige HK-Dollar, die jener ihm zur Unterstützung zusteckt, aus Stolz ablehnt. Es wäre bloß wünschenswert gewesen, dass man diese melodramatischen Momente mit konkreterer „Substanz“ angereichert hätte…
Themen-Bereiche wie die extreme Kluft zwischen Arm und Reich (inklusive der nicht selten üblen Wohnverhältnisse ersterer) oder die Korruption und Verfehlungen innerhalb gewisser Behörden werden kaum mehr als angerissen – z.B. indem die Baddies auf Yachten oder in teuren Apartments einen (Kontrast-stark) luxuriösen Lifestyle pflegen oder Fok seinem Chef gegenüber bei einer schicken Veranstaltung anmerkt, dass der teure Wein, der gerade serviert wird, ungefähr ein Monatsgehalt vieler entspricht. Wer da gern „Tieferschürfendes“ hätte, dem sei Wai-Lun Ng’s „A Guilty Conscience“ empfohlen. Im Vorliegenden muss man zudem auch ein paar echt preachy-plumpe Dialogzeilen ertragen, im Rahmen derer Fok u.a. die Arbeit der Judikative und Exekutive als „ewig strahlendes Licht“ beschreibt…
„the Prosecutor“ nimmt die Verhandlungs-Passagen der Story – in denen die Häupter der Richter und Anwälte übrigens alle seitens der traditionell-typischen grau-weißen britischen Perücken geziert werden – ziemlich ernst – komplett mit erläuternden Text-Einblendungen zu Beginn jedes neuen Verfahrens-Abschnitts. Die Sache ist nur, dass die Geschehnisse dort nicht sonderlich aufregend sind – ich würde sagen: Ungefähr auf dem Level einer soliden „Law & Order“-Episode. Daneben wird Hinweisen nachgegangen, werden Unterlagen gesichtet und Diskussionen geführt – etwa darüber, dass die hehre Aufgabe der Staatsanwaltschaft eigentlich ja lauten bzw. sein müsste, die Wahrheit herauszufinden, anstatt sich maßgeblich darauf zu konzentrieren, Verurteilungen der jeweiligen Angeklagten zu erzielen…
An dieser Gewichtung hin zu diesen unweigerlich redseligeren Inhalten Schrägstrich Phasen leidet das Pacing – wobei man die Filmlänge von knapp zwei Stunden generell einen Zacken hätte straffen können. Augenfällig schwebte den Machern mehr als „gängiges Krawall-Kino“ vor – allerdings verfügt das von Wong Erdachte schlichtweg nicht über die Klasse anderer (packenderer) Justiz-Thriller. Derweil sind die brutal-bösen Unterweltler recht klischeehaft geraten, verbleiben Au und Lee (von ihren Charakter-Zeichnungen her) unvorteilhaft „blass“, wirkt einzelnes leicht Humoriges (á la ein „Running-Gag“ mit speziell bedruckten Kaffeetassen) mitunter nicht ganz optimal passend und hat das Publikum verwunderlich oft gelacht, ohne dass ich den Grund dafür anhand der Untertitel nachvollziehen konnte…
In der Lead-Rolle – welche ihn übers Körperliche hinaus auch mimisch/dramatisch gefordert hat – überzeugt Donnie Yen („John Wick: Chapter 4“) nicht unwesentlich dank seines Charismas. Noch immer topfit sowie jünger aussehend, als er ist tatsächlich ist, steht ihm der Part prima. Ich hätte es jedoch lieber gehabt, wenn man Fok minder „makellos“ angelegt hätte: Unbeugsam, von seinem Umfeld geachtet sowie moralisch unanfechtbar, war er mir da alles in allem „zu glatt“. Es ist sogar so, dass er sich fürsorglich um seinen an Demenz erkrankten Paps kümmert. Zumindest markiert es einen netten Touch, dass jener von Donnie’s realem Vater Kylster Yen gespielt wird – und wohlmöglich hat genau das dafür gesorgt, dass man seine zwei Auftritte nicht einfach aus dem Verlauf „herausgetrimmt“ hat…
Um ihn herum hat Yen ein fähiges, ordentlich agierendes Ensemble versammelt – aus dem aber keiner groß in Erinnerung bleibend heraussticht: Neben Mason Fung („Zero to Hero“) als naiver Kit und Lau Kong („Hard Boiled“) als Ma u.a. noch Kent Cheng („Sex und Zen“) als tendenzieller „Comic Relief Sidekick“ Bao, Julian Cheung („the Grandmaster“) und Shirley Chan („Crypto Storm“) als die beiden suspekten Anwälte – bei denen das Drehbuch eindeutig mehr „Interesse“ an Au als an seiner Partnerin Lee hatte – Michael Hui („Rob-B-Hood“) als Richter, mit dem Fok wiederkehrend aneinander gerät, Ming-Chuen Wang („Jiao tou“) als Justiz-Staatssekretärin sowie Adam Pak („Master Z: The Ip Man Legacy“), Ray Lui („Raging Fire“) und Mark Cheng („Legendary Assassin“) als Gangster…
Ursprünglich sollte „the Prosecutor“ eher ein klassischer Thriller werden – bevor auf Wunsch der Produzenten dann aber noch verschiedene Action-Sequenzen in die Geschichte integriert wurden: Eine ersprießliche Entscheidung, meiner Meinung nach, denn jene sind definitiv als die Highlights des Streifens zu werten – sofern man per se kein ausgeprägteres Faible für Gerichts-Krimis besitzt, natürlich. Weglassen hätte man allerdings eine „Ringerei“ zwischen Fok und seinem von Francis Ng („the Warriors Gate“) zusagend portraitierten Chef, welchen er via Vorwürfe zu dieser Eskalation hin provoziert, um den streng nach Vorschrift handelnden Beamten mal „durchzurütteln“; quasi das einstige „Feuer“ in ihm erneut zu entfachen. Das hätte man auch auf anderem, besserem Wege hinbekommen können…
Der in einem wüsten Shootout mündende Einstiegs-Polizeieinsatz macht Laune – erinnert mit seinen „visuellen Mätzchen“ jedoch ein wenig an „Hardcore Henry“ und etabliert Fok auf Anhieb als geradezu „übermenschlich“ geartet. Er rettet dabei nicht nur einer Kollegin (ansprechend: Sisley Choi aus „Endless Battle“) das Leben – sondern im Zuge dessen auch das ihres ungeborenen Babys, wie sich später herausstellt. Eine Weile drauf nehmen es Fok und sein Ex-Cop-Kamerad Wai (keine Notwendigkeit zur Klage: Sänger Michael Cheung Tin-fu bei seinem Genre-Debüt) nach einer flotten Verfolgungsjagd mit einer Gruppe Schlägertypen in einer Gasse auf und rettet Fok Ma im Rahmen eines ähnlich unterhaltsamen Setpieces in einem Parkhaus vor einem auf ihn angesetzten fiesen Killer…
Eine ausschweifende Rooftop-Club-Brawlerei (Fok vs. eine hohe Anzahl an Gegnern) gefiel mir u.a. wegen der Flugdrohnen-Verwendung bei ihrer Bebilderung – gemeinhin gibt es an der Kamera-Arbeit Man Nok Wongs („Big Brother“) nicht wirklich etwas zu beanstanden; obgleich einige „kreative Schwenks“ (und so) zugegebenermaßen nicht unbedingt Not getan hätten. Auf punktuelle CGI-Zusätze hätte man indes ebenfalls ruhig verzichten können – beispielhaft sei da spontan ein Sprung durch das Seitenfenster eines Autos genannt – doch insgesamt war das Stunt-Team rund um Takahito Ouchi („Special ID“) und Kenji Tanigaki („Twilight of the Warriors: Walled in“) jeden in diesen Bereich des Projekts investierten HK-Dollar wert und sind Yen’s Moves weiterhin beeindruckend anzusehen…
Der finale Akt besteht schließlich aus Fok’s Bemühungen, einen plötzlich doch zur Aussage bereiten Zeugen (Locker Lam aus „P fung bou“) quer durch die City noch rechtzeitig zur aktuell schon laufenden Gerichtsverhandlung zu bringen – während die Baddies das mit aller Macht zu verhindern versuchen: Ein altbekanntes Szenario – welches im Vorliegenden aber mit einem knallharten Showdown in einem MTA-U-Bahn-Zug auftrumpfen kann; Grapplings, Punches, Kicks, Feueraxt, Machete, Pistole sowie ein arg cheesy Oneliner inklusive. Als Regisseur hatte Yen „the Prosecutor“ kompetent im Griff – wahrhaft begeistern vermag einen diese mitunter oberflächlich-klischeehafte Kombination aus toller, akzentuierter Action und einem realistischen Justiz-Procedural-Drama/Thriller allerdings nicht…
knappe
Während „the Prosecutor“ gerade u.a. in Australien, den USA sowie diversen asiatischen Ländern im Kino läuft, sind mir bis heute (02/2024) indes noch keine Veröffentlichungspläne für Deutschland bekannt….
Stefan Seidl

(© Mandarin Motion Pictures & Well Go USA Entertainment)
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zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright der „the Prosecutor“ Postermotive und der Pics: Huace Pictures / Mandarin Motion Pictures / Super Bullet Pictures / Tianjin Maoyan Film / Well Go USA Entertainment (US)__ Freigabe: NC15 (Kambodscha) / Not Rated (USA)__ DVD/BluRay: noch nicht |