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Weekend in Taipei

Originaltitel: Weekend in Taipei__Herstellungsland: Frankreich/USA/Taiwan__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: George Huang__Produktion: Luc Besson u.a.__Darsteller: Luke Evans, Kwai Lun-Mei, Sung Kang, Wyatt Yang, Pernell Walker, Lu Yi-Ching, Patrick Lee, Zach Ireland, Alain Figlarz, Tjarett Young, Virginia Chien u.a.
Weekend in Taipei

In der Luc-Besson-Produktion „Weekend in Taipei“ tritt Luke Evans gegen Sung Kang an

Vor allem in den 2000ern und frühen 2010ern standen Produzent Luc Besson und seine Firma EuropaCorp für bunte, laute Actionware, mal eher klamaukig wie die „Taxi“-Reihe, mal ernst wie die „Taken“-Filme, ehe der Flop der ambitionierten Megaproduktion „Valerian“ die Firma beinahe versenkte. Mit „Weekend in Taipei“ kehren Besson und seine Schmiede zu diesen Zeiten zurück.

Natürlich half monetäre Unterstützung durch Institutionen der titelgebenden taiwanesischen Hauptstadt bei der Finanzierung des Unterfangens, während Taipeh in schönsten Postkartenbildern eingefangen wird, obwohl hier der halbseidene Firmenboss Kwang (Sung Kang) residiert. Der macht sein Geld offiziell allein mit seinem Fischerei-Imperium, doch auch da droht Ärger im Paradies, weil gerade Klagen wegen unlauterer Fischereimethoden anhängig sind. Das schmeckt Kwang so gar nicht, der dermaßen reich ist, dass seine Frau Joey (Kwai Lun-Mei) auch mal eben zum Ferrari-Shopping ins Autohaus gehen kann, wobei die gelangweilte Gattin bei der Probefahrt einen derben Bleifuß und extreme Fahrkünste beweist.

In den USA sucht DEA-Agent John Lawlor (Luke Evans) nach Beweisen gegen den Industriellen, die über Verstöße gegen das Fischerei-Recht hinausgehen. Als sein Kollege einen Undercovereinsatz verkackt, endet das mit einem Restaurantbrand, diversen toten Kwang-Handlangern und schweren Verletzungen des besagten Kollegen, aber die Undercoverarbeit war doch nicht für die Katz, denn Lawlor stellt eine Riesenmenge Drogen sicher. Dies und die Tatsache, dass ein Informant in Taipeh Beweise gegen Kwang in Aussicht stellt, sollten eigentlich Grund zum Feiern für den DEA-Agenten sein, doch dummerweise wird er wegen der Eskalation beim Undercovereinsatz in Zwangsurlaub geschickt. Allerdings ist es ja eine alte Action-Regel, dass sich Supercops von solchen Kinkerlitzchen nicht abhalten lassen und ihre beste Arbeit sowieso manchmal ohne Marke erledigen.

Also bricht John zum Wochenendurlaub in Taipeh auf und aktiviert zwei Agentenkumpel, während sich Joeys 14-jähriger, ausgesprochen ökobewusster Sohn Raymond (Wyatt Yang) als der Informant entpuppt. Das sieht sein krimineller Stiefvater gar nicht gern, weshalb er seine Schergen ausschickt. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass sich John und Joey von früher kennen…

Schaut euch den Trailer zu „Weekend in Taipei“ an

In gewisser Weise wirkt „Weekend in Taipei“ tatsächlich so, als sei die produktive Phase von EuropaCorp nie vorbei gewesen. Es ist unkomplizierte Action mit französischer Produktionsfirma, einem britischen Star in der Hauptrolle, genug US-Genre-Appeal und fernöstlichen Einflüssen, letzteres hier noch verstärkt durch Drehort und Teile des Casts. Dummerweise macht das nicht automatisch einen „The Transporter“ aus „Weekend in Taipei“, denn trotz der Geschwindigkeitsvorlieben von Joey hat der Film arge Tempoprobleme. Eigentlich würde sich die Prämisse für eine atemlose Hatz anbieten, doch das Drehbuch, das Regisseur George Huang („The Buddy Factor – Unter Haien in Hollywood“) gemeinsam mit Besson schrieb, zerdehnt das Ganze mit (bisweilen reichlich) kitschigen Hintergrundgeschichten zu John, Joey und Kwang, die sowohl im Dialog erzählt als auch in Rückblenden gezeigt werden, was „Weekend in Taipei“ schon mal schwer ausbremst.

Weekend in Taipei

DEA-Agent John Lawlor (Luke Evans) muss sich mit Joey (Kwai Lun-Mei) und deren Sohn Raymond (Wyatt Yang) in Sicherheit bringen

Doch auch sonst ist der Actionfilm schlurig geschrieben: Gut und Böse wetteifern wahlweise um ein Geschäftsbuch, einen USB-Stick oder Raymond, manchmal auch eine beliebige Kombination aus den dreien, doch leider fühlt sich das Ganze auch beliebig an. Die Figuren sind Pappkameraden ohne Fallhöhe, weshalb auch die dramatisch gemeinte Hintergrundgeschichte bloße Behauptung bleibt. Johns Agentenkumpel sind reines Kanonenfutter, Kwangs rechte Hand Bolo (Patrick Lee) verschwindet irgendwann sang- und klanglos aus dem Film, wo er doch aufgrund seines Charismas (und seiner Namensähnlichkeit zu Hongkong-Ikone Bolo Yeung) eigentlich einen zünftigen Endfight gegen den Helden verdient hat. Da hilft dann auch die hübsche Oberfläche mit den geleckten Bildern von Taipeh im Stile früherer EuropaCorp-Produktionen ebenso wenig wie das eingängige musikalische Leitmotiv – eine instrumentale Coverversion von „Paint It Black“ von den Rolling Stones.

Ebenfalls nicht ganz klug von Huang und Besson ist es die beste Actionsequenz gleich zu Beginn rauszuhauen, denn der ausgedehnte, stark choreographierte Küchenfight ist das Highlight des Films. Teilweise untermalt von „Ring of Fire“ von Johnny Cash setzt John das komplette Equipment vom Schneidebrett über Woks bis hin zum Abflussgitter im Kampf gegen diverse Schergen ein. Auch die humoristischen Einschübe passen, wenn immer neue Schergen auftauchen, John zwischendurch um eine Pause bittet oder sein Kollege als Running Gag immer weiter lädiert wird. Die wenigen anderen Actionszenen, darunter eine okaye Hotelschießerei mit kurzer, aber cool choreographierter Messereinlage und anschließender Autojagd oder eine Verfolgungsjagd während einer Rückblende, liefern ordentliche Sollerfüllung. Im Finale ist es zudem sehr enttäuschend wie wenig Handlanger Kwang dabei hat und wie schnell John diese abräumt, dafür gibt es einen schicken Stunt (Sprung durchs Autofenster) und einen sauber choreographierten, wenn auch etwas kurzen Final Fight in einem Kino, sodass die beiden Kontrahenten teilweise nur schattenhaft zu sehen sind, während im Hintergrund „House of Flying Daggers“ läuft – noch so eine Verbeugung vor dem Hongkong-Kino, das Bessons Schaffen seit je her beeinflusst.

Weekend in Taipei

Gangsterboss Kwang (Sung Kang) hat viele Handlanger und eine kurze Lunte

Mit Hauptdarsteller Luke Evans hat Produzent Besson nicht nur jemanden ausgesucht, der bereits in seiner eigenen Regiearbeit „Anna“ mitspielte und noch dazu sowohl die körperliche Präsenz als auch das Charisma besitzt, um zu überzeugen – selbst dann, wenn ihm das Drehbuch wenig gutes Material zum Arbeiten gibt. Doch Evans hat es noch besser getroffen als der Rest vom Cast, von dem eh nur drei Leute nennenswerte Rollen haben: Wyatt Yang („Undercover im Seniorenheim“) ist ein okayer Jungdarsteller, die eindimensionale Schurkenperformance von Sung Kang („Fast & Furious 10“) besteht in erster Linie aus dauerndem Eine-Fresse-Ziehen und die Darbietung von Kwai Lun-Mei („Flying Swords of Dragon Gate“) ist auch durchwachsen. Anfangs ist es noch recht gut, wenn sie die Balance zwischen gelangweiltem Trophy Wife und liebender Mutter findet, in späteren Szenen, wenn der Film ihre Hintergrundgeschichte ausrollt, dann wirken die Emotionen eher bemüht gespielt als wirklich überzeugend.

Nun war auch nicht alles aus der EuropaCorp-Hochphase Gold, doch damals hatte die Besson-Schmiede immer wieder ihre Treffer. Von einem solchen ist „Weekend in Taipei“ mit seiner zerdehnten Simpelstory, seinen um Tiefe bemühten, aber flach geschriebenen Figuren und der eher übersichtlichen Actionmenge dann leider entfernt. Immerhin hat der Film einige schicke Bilder von Taiwan, die vorhandene Action kann sich sehen lassen und wenigstens den geilen Küchenfight am Anfang behält man noch eine Weile in Erinnerung.

Leonine hat „Weekend in Taipei” in Deutschland auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Leonine__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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