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Fist of the Warrior

Originaltitel: Jin shouzhi__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Siyu Cheng__Darsteller: Tony Jaa, Chen Duo-Yi, Junjia Hong, Philip Keung, Michael Mao, Bo Peng, Xing Yu, Bolin Yu u.a.
Tony Jaa in "Fist of the Warrior" DVD Cover

Tony Jaa auf Rachefeldzug in „Fist of the Warrior“. Die wahre FSK-Freigabe ist ab 18!

Mit „Ong Bak“ hievte Tony Jaa den Kampfsport Muay Thai auf die Landkarte von Martial-Arts-Filmfans. Mit dem grandiosen Brecher „Revenge of the Warrior“ machte er ihn sexy. Doch der große Durchbruch als neuer Actionstar wollte sich nicht einstellen. Jaa selbst verhob sich mit den Fortsetzungen zu „Ong Bak“ und verließ seine Heimat Thailand in Richtung Hollywood’scher Filmindustrie. Die zeigte einfach nur, dass sie mit Leuten wie Tony Jaa inzwischen nichts mehr anzufangen weiß.

Jaa spielte in großen Actionern wie „Fast & Furious 7“, „xXx: Die Rückkehr des Xander Cage“ oder „The Expendables 4“, war hier aber nur eine Randfigur. Und selbst als Co-Star musste er sich in „Monster Hunter“ von Milla Jovovich verprügeln lassen. Was zu keinem Zeitpunkt plausibel wirkte. Nur in kleineren B-Produktionen wirkte Jaa nicht gar so verloren. „Skin Trade“ mit Dolph Lundgren und der von vielen Actionfans seltsam unterbewertete Knaller „Triple Threat“ seien genannt. Auch andere gelungene Filme wie „Lethal Warrior“ oder „Master Z“ zehrten von seinem Namen, beschleunigten seine Karriere aber ebenfalls nicht.

Heute geht der Mime stramm auf die 50 zu. Die große Actionkarriere dürfte damit weitgehend abgefahren sein. Doch dann schlugen die ersten Trailer vom für den chinesischen Streamer YOUKU produzierten Actionfilm „Striking Rescue“ auf. Diese versprachen ein Prügelfest sondergleichen. Würde der gerne übersehene Actionheld als Rächer seiner ermordeten Familie wieder zu alter Form auflaufen? In Deutschland passte man den Titel vorfreudig (und auf einen Wiedererkennungswert hoffend) an Jaas bislang besten Streifen an und nannte den Film „Fist of the Warrior“.

Schaut in den Actionfilm hinein

Tony Jaa is back!

„Fist of the Warrior“ startet wahrlich furios. In zwei direkt aufeinanderfolgenden Actionszenen brennt hier die Luft. Tony Jaa schießt einen seiner Trademark-Moves nach dem nächsten ab. Ellenbogen schlagen auf Schädeln ein, harte Kicks donnern ungebremst in Fieswicht-Visagen, athletische Moves treffen zielgenau, Knochen krachen, Kauleisten brechen: Der Meister ist zurück! Die zweite Actionszene rund um einen Überfall auf eine Wagenkolonne wird über lange Zeit gar als Plansequenz gereicht.

Chaos pur, platzende Bloodpacks, abgehackte Extremitäten, quietschende Reifen, von Tony Jaa überfahrene Lumpen und Hektik, Hektik, Hektik. Wer sich als Tony-Jaa-Fan bezeichnet und angesichts dieses Doppelwhopper-Einstieges nicht breit grinsend vorm TV hockt, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Blöd nur, dass sich Regisseur Siyu Cheng nun gezwungen fühlt, eine Geschichte zu erzählen. Das ist per se nicht verkehrt, allerdings hat er zuletzt mit „Land Shark“ bewiesen, dass Geschichtenerzählen nicht zwingend seine Stärke ist. Sobald er loslegt, fühlt man das Bestreben von Regie und Drehbuch, „Fist of the Warrior“ nicht zu simpel ausfallen zu lassen. Doch dabei verheben die Macher sich gründlich.

Eines der größten Probleme für den Rachefilm wird dabei, dass Siyu Cheng den Grund für die Rache seines Hauptcharakters Bai An zu emotionslos reicht. Bai An erklärt mehrmals, dass seine Familie getötet worden sei. Auch andere Charaktere erklären das. Kurze Flashbacks zeigen die Morde. Aber sie sind dem Zuschauer egal. Man hat keinerlei Bezug zu diesen Vorgängen. Es fehlen Szenen, die Bai An mit seiner Familie interagieren lassen, die Nähe zwischen den Figuren andeuten. Bai Ans Frau und Tochter sind einfach nur Gesichter, die schnell wieder verschwinden, mehr nicht.

Tony Jaa mit Waffe in "Fist of the Warrior"

Bai An nutzt nicht nur seinen Körper als Waffe.

Man sieht Bai An auch nie großartig trauern. Er wirkt nie richtig verzweifelt. Es kullert keine Träne. Man wird ergo von dem grundlegenden Rachemotiv emotional nicht berührt. Leider steckt auch keine besondere Taktik hinter der zerstückelten Darreichungsform. Erwartet euch also keine spektakulären Enthüllungen, wenn die Ermordung von Bai Ans Familie komplett gereicht wird.

Des Weiteren denkt „Fist of the Warrior“ seine um das Rachemotiv gestrickte Story viel zu kompliziert. Denn um seine Rache zu bekommen, muss sich Bai An fortan durch ganz schön viel Kroppzeugs wühlen, hat er doch keine Ahnung, wer seine Familie meuchelte und warum. Um dies zu erklären, führt das Drehbuch nun einen Wust an Figuren ein. Nur um früh offenzulegen, dass es mit denen letztlich überhaupt nichts anzufangen weiß.

Das wird spätestens in Richtung Finale offenbar, wenn für spezifische Enthüllungen noch einmal komplett neue Figuren aus dem Hut gezaubert werden müssen. Das große Ganze ist so verschwurbelt erzählt, dass „Fist of the Warrior“ nach dem Showdown noch ein weiteres Ende dranhängen muss, um klar zu machen, wer nun eigentlich wirklich hinter allem steckte. Das wirkt schon reichlich ungelenk.

Da ist man für simple Schachzüge wie die Etablierung des kleinen Mädchens Ting geradezu dankbar. Ting ist die Tochter eines erfolgreichen, global agierenden Logistikers, den Bai An als Hauptverdächtigen auf der Uhr hat. Immerhin soll Tings Vater in Drogengeschäfte verwickelt sein und Bai Ans Frau arbeitete einst für ihn. Wer da wie Bai An weiter denkt, könnte auf ähnliche Verdächtigungen kommen.

Tony Jaa auf Motorrad

Bai An nutzt sogar ein Motorrad als Waffe.

Nun will es das Drehbuch, dass Bai An Ting bei der Entführung ihres Vaters durch Konkurrenten rettet. Fortan weicht sie nicht von seiner Seite und versucht mit ihm, Licht ins Dunkel der möglichen Machenschaften ihres Vaters zu bringen. Und das funktioniert gut. Denn die beiden Darsteller haben eine gute Chemie. Blöd ist nur, dass Bai An ab sofort eher unbedarft tapsig neben der aufgeweckten Kleinen herlatscht und selbst eigentlich kaum mehr auf die Kette bringt, als Lumpen zu verdreschen.

Kurzum: Handlungstechnisch ist „Fist of the Warrior“ äußerst problematisch geraten. Hier geht wirklich nicht viel zusammen. Das wäre vermutlich gar nicht so ein gewaltiges Problem, würde Siyu Cheng zugunsten der Handlung nicht sämtliche Action aus dem Film nehmen. Fast 30 Minuten verschwendet er auf seine umständliche Litanei und merkt gefühlt nicht, dass ein Tony Jaa derartigen Bohei nicht braucht.

Nach etwa 45 Minuten Laufzeit bekommt Cheng dann endlich die Bremse gelöst. Denn nun lässt er sein Heldengespann von einer krachenden Actionszene zur nächsten latschen und lässt das lange Schwadronieren. Zwar gibt es immer noch bremsende Handlungsreste, aber Jaa ist nun in seinem Element. Mal macht er auf einem Motorrad sitzend Lumpen platt, mal fliegt der Thailänder durch die Luft und landet ungebremst in den Fratzen fieser Fieslumpen. Es wird geschlagen, getreten und geballert, dass es nur so scheppert.

Immer wieder präsentiert Jaa seine Körperbeherrschung. Und immer wieder lässt der Film das windelweich zu prügelnde Drecksack-Interieur in dicken Trauben auflaufen, damit dem Star der Chose nicht langweilig wird. Jaas Figur ist dabei nicht unverletzlich, kassiert Kugeln und heftige Bumps, die tatsächlich selbst beim bloßen Angucken wehtun. Die Action wurde von Actionregisseur Guo Yulong versiert und dynamisch in Szene gesetzt. Er referenziert sogar auf Jaas „Ong Bak“-Anfänge, wenn er besondere Momente aus leicht anderen Perspektiven wiederholt.

Tony Jaa in "Fist of the Warrior"

Doch freilich langt Tony Jaas Bai An am liebsten mit seinen Extremitäten hin.

Die Martial-Arts-Szenen stellen natürlich vor allem auf Jaas Akrobatik und seine Auslegung des Muay Thai ab. Und sie wirken wie ein Best of seiner geilsten Moves. In Form einer Axt-schwingenden Mörderbraut oder des distinguiert von Xing Yu („Master Z“) gespielten Drogenlumps Long Tai gibt es zudem auch schillernde Gegner, die nicht so leicht zu Fallobst verkommen. Doch auch abseits des Gekickes hat der Streifen einiges zu bieten. Vor allem im Showdown wird zudem eine Menge geballert, auch wenn man das Gefühl hat, dass selbiger nicht vollends ausgekostet wirkt.

Dennoch platzen hier Bloodpacks, das Blut spritzt (sowohl handmade als auch digital) und sogar das etwa aus Ringo Lams „Undeclared War“ bekannte Blutpulver kommt zum Einsatz – für besonders fett gedachte Blutwolken. Der Blutzoll stimmt also auch. Bei den Opfern von Jaas Händen und Füßen macht man sich zudem ordentlich Sorgen um deren Gesundheit. Immerhin müssen die schon derbe Einschläge hinnehmen und werden durch alle möglichen Möbel und Gegenstände gedonnert.

Auch geben sich die chinesischen Macher wieder reichlich ruchlos: Gleich zwei Kinder werden hier onscreen blutig umgemäht. Diese Kompromisslosigkeit wird dann für die chinesische Zensur kurz vor dem Abspann wieder ein wenig eingefangen, wenn erklärt wird, dass der Rächerheld sich nach den Vorgängen freilich gestellt habe, um verurteilt zu werden. Schon schräg, diese Chinesen.

Darstellerisch kann man Tony Jaa schon seit einiger Weile eine gewisse Ausstrahlung nicht absprechen. Allerdings ist er von der emotionalen Seite der Geschichte merklich überfordert und flüchtet sich häufiger in überspanntes Overacting, bei dem er auch ohne Grund viel schreit. Ihm tut es daher gut, dass die kleine Chen Duo-Yi als Ting ihn ein wenig erdet. Auch wenn sie selbst vom Drehbuch schon heftig als Erklärbär und Zufahrer von logischen Lücken missbraucht wird. Die restlichen Darsteller schwanken zwischen okay und heftig overactet.

„Fist of the Warrior“ dürfte Actionfans gefallen

Der inszenatorisch sehr wertig rüberkommende und entsprechend gut aussehende „Fist of the Warrior“ ist ein wahrlich zweischneidiges Schwert. Während seine Story einfach nicht zupackt, weil sie ihr Rachemotiv zu emotionslos abspult und den darum gewickelten Plot viel zu sehr aufbläst, haut die Action wirklich ordentlich rein und präsentiert ihren Helden, wie man ihn sehen will.

Was Tony Jaa hier abbrennt, erinnert schon frappierend an seine besten Zeiten, auch wenn man leider immer wieder das Gefühl hat, dass manche Szenen nicht so wirklich bis auf den letzten Tropfen Herzblut ausgequetscht wurden. So hätte ich mir einen Fight Jaas gegen zig Lumpen in einem engen Korridor als Plansequenz gewünscht, was vermutlich amtliches Augenfutter ergeben hätte. Ausgerechnet der Showdown ist ebenfalls von dieser Schwäche betroffen und verliert nach blutig derbem Ballerauftakt seltsam an Schwung.

Dennoch: Kann man das sich selbst komplett überschätzende Drehbuch ausblenden, bekommt man von „Fist of the Warrior“ als Actionfan definitiv eine Menge geboten. Gelingt das allerdings nicht, wird es schwierig. Wer nun argumentiert, dass „Ong Bak“ und „Revenge of the Warrior“ ebenfalls einen dicken Haufen auf ihre Story machten, muss die Erwiderung hinnehmen, dass diese Filme mehr aus ihrer menschlichen Abrissbirne Tony Jaa zu machen wussten und seine Actionman-Qualitäten nicht derart bremsten, wie es „Fist of the Warrior“ leider zu oft zugunsten egaler Nebenfiguren macht.

06 von 10

Der Film erscheint am 24. April 2025 als DVD und Blu-ray sowie als 4K UHD im Rahmen eines Mediabooks von PLAION PICTURES. Der Film ist mit einer Freigabe ab 18 ungeschnitten und kommt in feiner Bild- und Tonqualität. Leider gibt es kaum Extras. Trailer und kurze Werbeclips fürs Internet sind alles, was die Datenträger für die Beschäftigung mit „Fist of the Warrior“ nach dessen Genuss bieten. Freilich könnt ihr den Actioner auch streamen.

In diesem Sinne:
freeman

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