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Riverbend

Originaltitel: Riverbend__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1989__Regie: Sam Firstenberg__Darsteller: Steve James, Margaret Avery, Tony Frank, Julius Tennon, Alex Morris, Vennessa Tate, T.J. Kennedy, Linwood Walker, Norman Colvin, Keith Kirk, John Norman, Jim Ponds, Doug Sivad, Tyrees Allen u.a.
Riverbend

Trotz Steve James in der Hauptrolle und Sam Firstenberg als Regisseur ist “Riverbend” eher Rassismusdrama als Actionfilm

Kurz nach Alan Parkers vielbeachtetem „Mississippi Burning“ wollte Drehbuchautor und Produzent Samuel Vance mit „Riverbend“ seine filmische Vision zu Rassismus in den Südstaaten und der Bürgerrechtsbewegung der 1960er umsetzen. Steve James war auf der Suche endlich mal eine Hauptrolle zu spielen und hatte mit Regisseur Sam Firstenberg bereits den Antirassismus-Actionfilm „Night Hunter“ gedreht, sodass sich das Trio recht schnell zusammenfand.

Der Direktvergleich zu „Mississippi Burning“ geht in Sachen Budget und Möglichkeiten natürlich schlecht für „Riverbend“ aus, auch wenn er im Gegenzug schwarze Selbstermächtigung zeigen will, nicht die Erlösung durch weiße FBI-Agenten. Dafür greifen Vance und Firstenberg allerdings zur ganz groben Keule, gerade bei der Beschreibung der Zustände im titelgebenden Kaff im Jahr 1966. Sheriff Jake (Tony Frank) ist eine dicke, verschwitzte Karikatur, die keinen Satz ohne rassistische Beleidigung herausbekommt, schwarze Frauen vergewaltigt und schwarze Männer einfach so abknallt, etwa weil sie ein Verfahren gegen ihn anstrengen, so wie der Gatte von Bell Coleman (Margaret Avery), dem er auf offener Straße in den Rücken schießt. Der Rest der weißen Bevölkerung schweigt größtenteils dazu.

Die drei schwarzen Soldaten Major Samuel Quentin (Steve James), Sergeant Tony Marx (Julius Tennon) und Lieutenant Butch Turner (Alex Morris) sollen derweil vor ein Kriegsgericht gestellt werden – sie haben sich, wie man später erfährt, geweigert in Vietnam Zivilisten umzubringen, obwohl von der militärischen Führung so gewollt. Das fängt die Stimmung der Zeit durchaus ein, als schwarze US-Amerikaner daheim um ihre Bürgerrechte kämpfen mussten, von Uncle Sam allerdings massenhaft an die Front geschickt wurden. Muhammad Ali begründete seine Kriegsdienstverweigerung damals auch mit den Worten: „No vietnamese ever called me nigger.“ Da das Trio in „Riverbend“ keine Chance auf einen fairen Prozess sieht, überlistet es seine Bewacher und geht während des Gefangenentransports stiften.

Auf ihrer Flucht kommen die Soldaten nach Riverbend, zum Haus von Bell, wo sie nur kurz Zwischenstation machen wollen. Als sie auf das Leid der dortigen schwarzen Bevölkerung aufmerksam werden, überredet Samuel seine Kumpane die Zivilisten militärisch zu schulen und etwas zu unternehmen…

Schaut euch den Trailer zu „Riverbend“ an

Riverbend

Veteran Samuel Quentin (Steve James) und Witwe Bell Coleman (Margaret Avery) kommen sich näher

„Riverbend“ ist eine eigenwillige Mischung, die einerseits in erster Linie ein ernsthaftes Rassismusdrama sein will, andrerseits aber auch das Videothekenpublikum bedienen möchte. So sind nicht nur Hauptdarsteller und Regisseur (die zuvor schon „American Fighter“, „Night Hunter“ und „American Fighter 2“ gemeinsam drehten) Lockmittel für die einschlägige Zielgruppe, sondern Werbesprüche auf dem VHS-Cover konstruieren zudem Action-Phantasien von drei Ledernacken im Kampf gegen den korrupten Sheriff. Doch genau diese Klientel schaut eher in die Röhre: Es gibt zwei Nahkampfszenen mit okayer Choreographie, einmal in einem Pavillon, einmal beim Duell zwischen Samuel und dem Widerling im Hinterhof, bei dem sich der schwarze Muskelmann erwartungsgemäß gegen den weißen Fettsack durchsetzt. Hinzu kommen ein paar Schusswechsel, ordentlich inszeniert von Firstenberg, aber es bleiben kleine Akzente ohne allzu große Schauwerte. Immerhin gibt es noch eine Action-Style-Trainingsmontage beim Fitmachen der Schwarzen von Riverbend, aber sehr viel mehr gibt es für die Genrefans nicht.

Tatsächlich soll es eher um Rassismus und Vorurteile gehen, wobei sich „Riverbend“ um Ausgewogenheit bemüht. So haben große Teile der Stadtoberen die Zeitenwende im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung eigentlich akzeptiert, doch nur einer gibt dem Sheriff Widerworte. Gleichzeitig ist Samuels Plan auch nicht unbedingt von Humanismus geprägt: Zur Filmmitte besetzen die nun geschulten Schwarzen die Stadt und internieren alle weißen Einwohner, unabhängig von deren Gesinnung, in der Kirche. Allerdings gibt der Held die Devise aus, dass es nicht zu Toten kommen soll, sondern möchte in erster Linie Medienöffentlichkeit erzeugen. Ein Akt der Verzweiflung im Kampf gegen das System und verinnerlichten Rassismus, was der Film allerdings zu selten herausstellt. Zumal die brisante Thematik manchmal entschärft oder lapidar gelöst wird – etwa beim Finale mit Gruppenkuscheln und seifigem Song, der in die Endcredits überleitet. Da vergisst man beinahe, dass auf Samuel immer noch der Gerichtsprozess mit unklarem Ausgang wartet, dem er sich aber mittlerweile stellen möchte.

Die Belagerungssituation sorgt immerhin für ein memorables Szenario und gelegentlich sogar für Spannung, hätte mit einem zackigeren Script aber noch wesentlich mehr Potential gehabt. So steht alsbald das Militär vor der Tür, es bahnt sich eine Katastrophe an: Die Schwarzen drohen mit dem Tod der Geiseln, das Militär wiederum plant wenig zimperlich deren Befreiung und die Erstürmung der Stadt. Hinzu kommen interne Konflikte: Einige Schwarze wollen Rache am Sheriff oder an der weißen Bevölkerung allgemein für das erlittene Unrecht und sind nicht unbedingt bereit den Rechtsweg zu gehen wie von Samuel angestrebt. Der Sheriff facht die Flammen noch aus einer Gefängniszelle heraus mit seinem Verhalten an, während Tony auf der anderen Seite als Brandbeschleuniger wirkt. Erst will er nichts mit dem „Civil Rights Bullshit“, wie er sagt, zu tun haben, dann lässt er Weiße auf Leben und Tod gegeneinander kämpfen („I’ll show you how we did in Vietnam“) und hat eigentlich stets sich selbst im Sinn, weniger das Gemeinwohl. Dummerweise klingt das alles dann brisanter und packender als es letztendlich umgesetzt wurde, versandet ein wenig in den interessanten Ansätzen.

Riverbend

Sheriff Jake (Tony Frank) ist ein echtes Ekelpaket

So hat das Script auch bisweilen mit der Glaubwürdigkeit zu kämpfen, allen voran bei der Annäherung der trauernden Witwe Bell und des Veteranen Samuel. Erst ist Bell verschreckt ob der fremden Männer auf ihrer Farm, kurz darauf sind sie und Samuel bereits unsterblich verliebt, obwohl der Leichnam ihres Gattens gerade erst kalt geworden ist. Aber da sitzt sie dann am Grab und beichtet dem Verstorbenen, dass sie neues Glück gefunden hat. So ist die Figurenzeichnung manchmal etwas zu holzschnittartig und grobschlächtig für das anvisierte Drama, auch an anderer Stelle, etwa wenn ein Ehrenwort unter Militärmännern mal eben das große Blutvergießen abwendet – da gingen Vance‘ Ambitionen wohl über seine schreiberischen Qualitäten heraus. Wohl auch der Grund, warum „Riverbend“ seine einzige Drehbucharbeit blieb.

Steve James („Ghettobusters“) hat durchaus Charisma als Leading Man, ist zwar nicht außergewöhnlich gut, aber kann den Film schon schultern, der ihm auch mehr Dialoge als Actionszenen zumutet. Margaret Avery war im ähnlich gelagerten „Die Farbe Lila“ zu sehen, muss hier aber relativ undankbar das Love Interest abgeben, das vor allem Leuten ins Gewissen redet, aber nie wirklich als eigener Charakter zur Geltung kommt. Dafür gibt es extraviel von Tony Frank („Ausgelöscht“) zu sehen, der auftritt, als habe es das Overacting erfunden: Eine karikaturhafter Schurke, der mit seinem cartoonhaften und lernresistenten Auftreten sicherlich eine brauchbare Wahl für einen B-Actionfilm gewesen wäre, hier aber eher das ernsthafte Drama torpediert. Julius Tennon („The Woman King“) und Alex Morris („Dark Angel“) in die größten Nebenrollen sind guter Support; der eine aus kumpelhaft-folgsamer Soldat, der andere als Querulant, der immer nur den eigenen Vorteil im Sinn hat.

So hinterlässt „Riverbend“ zwiespältige Gefühle: Die Prämisse mit der Einnahme der Stadt als Zeichen gegen Rassismus hat einiges für sich, die Inszenierung ist kompetent und die Belegschaft geht in Ordnung, aber letzten Endes macht das Script wenig daraus und bemüht sich nicht um sonderlich glaubwürdige Figuren. Da waren die gut gemeinten Ambitionen letzten Endes größer als das schreiberische Können – so bleibt keine ernsthafte Konkurrenz für Filme wie „In der Hitze der Nacht“ oder „Mississippi Burning“.

„Riverbend“ ist Deutschland bisher nur auf VHS bei New Vision erschienen, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.

© Nils Bothmann (McClane)

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