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As the Light Goes Out

Originaltitel: Jiu Huo Ying Xiong__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Derek Kwok__Darsteller: Nicholas Tse, Shawn Yue, Simon Yam, Hu Jun, Michelle Bai, William Chan Wai-Ting, Andy On, Patrick Tam Yiu-Man, Liu Kai-Chi, Deep Ng, Kenny Kwan, Jackie Chan, Andrew Lau u.a.
As the Light Goes Out

In dem Feuerwehrmann-Katastrophenfilm „As the Light Goes Out“ hat Jackie Chan einen Cameo

Zu seinen Hochzeiten war das Hongkong-Kino bei Actionfans für seine Authentizität beliebt, für seine spektakulären Fights, seine Heroic-Bloodshed-Epen, für das Handgemachte. Doch je erschwinglicher und dominanter CGI-Tricks überall auf der Welt wurden, so mehr fanden sie auch Einsatz im Hongkong-Kino, das nun auch Katastrophenfilme erschwinglicher wurden. Wo Johnnie To anno 1997 noch großen physischen Aufwand für sein Feuerwehr-Epos „Lifeline“ betreiben musste, da ließen sich Filme wie „Out of Inferno“ oder eben „As the Light Goes Out“ wesentlich einfacher aus dem Ärmel schütteln.

Am Anfang des Films von Derek Kwok („Tiger & Dragon Reloaded“) steht ein Disziplinar-Hearing, unterbrochen von Rückblenden zum Vorfall. Die Feuerwehrleute Sam (Nicholas Tse) und Chill (Shawn Yue) sowie ihr Vorgesetzter Yip Chi-fai (Andy On) sollen sich verantworten, weil Sam und Chill während eines Brands in einer Mehlfabrik einen Befehl ignoriert haben. Um mehr Leute retten zu können, wagten sie sich weiter vor und gingen fast drauf. Damit etabliert „As the Light Goes Out“ seinen zentralen Konflikt zwischen Gehorsam gegenüber Institution Feuerwehr und dem eigenen Verständnis als Feuerwehrmann, dass man möglichst viele Leben retten will. Yip weist jede Verantwortung von sich, Sam tut es ihm zögerlich gleich, während Chill das Ignorieren des Befehls auf seine Kappe nimmt und mit den Konsequenzen leben muss, wobei der Film nur schwammig ausführt, worin diese eigentlich bestehen.

Am ehesten sieht man es daran, dass Sam ein Jahr später vor dem nächsten Schritt auf der Karriereleiter steht, während Chill zwar immer noch Feuerwehrmann, aber von der Gunst des Freundes abhängig ist. Trainiert wird unter dem leitenden Feuerwehrmann Lee Pui-to (Simon Yam), mit Ocean (Hu Jun) stößt ein Neuling zu ihrem Trupp. Derweil steht das Weihnachtsfest an, das niemand den Familien versauen will. Deshalb reagiert Kraftwerksleiter Man Wah-bill (Patrick Tam) reichlich verschnupft auf die Berichte seiner Sicherheitsinspektorin Yang Lin (Michelle Bai), die auf Risiken beim Betrieb des neuen Super-Duper-E-Werks hinweist. Natürlich ist menschliche Hybris der Mitauslöser der Katastrophe, mal wieder glaubt der Vorgesetzte, dass der beschriebene Sonderfall der fatalen Doppelbelastung nie eintreten wird, nur um prompt eines Besseren belehrt zu werden.

Als in einem nahen Weinbaugebiet zu einem Brand kommt, sind Sam und Co. zwar zur Stelle und löschen den Brand, doch der Boden nahe der Gasleitung ist aufgeheizt. Yip verlangt einen Abzug nach erfolgter Arbeit, Sam leistet Folge, doch kurz darauf bricht das Feuer wieder aus und setzt die Leitung in Brand, woraufhin auch im E-Werk das Inferno beginnt…

Schaut euch den Trailer zu „As the Light Goes Out“ an

Natürlich gehen durch den entstehenden Brand irgendwann die Lichter in Hongkong aus, siehe auch den Filmtitel, doch die Größe der Katastrophe kann „As the Light Goes Out“ kaum vermitteln, denn es bleibt bei ein paar Panorama-Aufnahmen vom Erlöschen des Lichts. Die Erfahrungen der Zivilbevölkerung sieht man aber nicht, am Ende informiert allerdings eine Texteinblendung, dass es nicht zu Plünderungen oder großem Chaos kam, weil die Hongkonger Bevölkerung ganz dolle brav geblieben ist. Vielleicht soll es aber festlandchinesischen Vorstellungen der eigenen Bürger entsprechen, denn diesen will Regisseur und Co-Autor Derek Kwok ganz offensichtlich gefallen. Natürlich ist sein Grundkonflikt über individuellen Heroismus in dem nominell kommunistischen Staat dann eigentlich schwer zu erzählen, aber Kwok und seine Co-Autoren Lai Yin-Leung („Ip Man 4“) und Philip Yung („Rigor Mortis“) greifen da in die Trickkiste.

Während alle anderen in der Regel Kantonesisch sprechen, da spricht der verantwortungslose Karrierist Yip meistens Englisch, was manche Wortwechsel schon seltsam erscheinen lässt. Man Wah-bill wiederum weist Yang Lin an, doch gefälligst Kantonesisch sprechen, muss sich von ihr aber anhören, dass der anwesende Inspektor vom Festland Hochchinesisch spricht, was die Ignoranz des Vorgesetzten unterstreicht. An anderer Stelle verweist der Kraftwerksleiter zwar darauf, dass er den Erwartungen und Befehlen seiner Vorgesetzten gerecht werden wollte, wenn er an Weihnachten nicht den Saft abdreht, natürlich gibt es individuelle Heldentaten und richtige Entscheidungen gegen Befehle seitens der Feuerwehrleute, aber offensichtlich wollten Kwok und Co. diese Alleingänge und die Nachteile des Gehorsams nicht zu sehr herausstellen.

Wesentlich schlimmer als die Gefallsucht gegenüber Festlandchina ist allerdings der Verlass auf Kollege Computer, wenn es um die Schauwerte geht. Die Feuer sind teilweise mit CGI aufgemotzt, oft stammen sie einfach direkt aus dem Rechenknecht, ebenso wie Rauchschwaden und giftige Dämpfe. Leider ist das alles die bestenfalls semi-gute Preisklasse, weshalb die Feuerbrünste und Dämpfe selten bedrohlich oder imposant wirken, sondern eben einfach nur wie draufgepinselter Computer-Klumpatsch. Im Falle des Rauchs mag das inhaltlich sogar passen, wird dieser doch als gefährlichster Feind des Feuerwehrmanns mit menschlichen oder dämonischen Eigenschaften beschrieben, doch gut sieht das Ganze trotzdem nicht aus.

Hin und wieder gibt es dann noch handgemachte Stuntarbeit, etwa bei Kletterpartien in einem zusammenbrechenden Raum, doch traditionelle Schauwerte dieser Art sind leider reichlich rar gesät, zumal die Action auch in Sachen Kameraarbeit und Inszenierung unschön bieder und unspektakulär bleibt. Der graue Farbfilter, mit dem Kwok seinen Film besonders trist aussehen lässt, verstärkt diesen Eindruck nur noch, ebenso wie der schwache Sinn für Rauminszenierung, sodass man oft nicht ganz nachvollziehen kann, welche Feuerwehrleute sich gerade wo im Gebäude befinden.

Einen Cameo hat Hongkong-Legende Jackie Chan („Ride On“) als er selbst in einem Feuerwehrwerbespot, in dem „Armageddon“-mäßig die Felsbrocken auf die Stadt herabregnen und er als heldenhafter Ersthelfer und Brandbekämpfer überinszeniert wird. Das CGI ist in diesen Szenen noch übler als im Restfilm, was aber vielleicht eine bewusste Entscheidung im Dienste der erwähnten Überinszenierung ist. Schauspielerisch liefert hier aber nur Simon Yam („Iceman: The Time Traveler“) als Feuerwehrveteran mit Hang zum Rauchen eine memorable Performance. Nicholas Tse („Raging Fire“) und Shawn Yue („Invisible Target“) als Freunde mit belastetem Verhältnis bleiben überraschend blass, Andy On („Abduction“) als karrieregeiles Rumpelstilzchen und Patrick Tam („Master Z: The Ip Man Legacy“) als feiger Manager overacten sich einen Stiefel zusammen und Michelle Bai („Operation Red Sea“) wird vom Film komplett stiefmütterlich behandelt. Hu Jun („Let the Bullets Fly“) zieht sich solide aus der Affäre, aber das war es dann auch.

Kwok und seinen Co-Autoren wollten wohl in erster Linie einen Film über Freundschaft, Loyalität und Verantwortung erzählen, aber auch das gelingt ihnen kaum. Meist passiert dies, indem die Figuren sich gegenseitig ein Schnitzel ans Ohr labern und lange, gestelzte Reden zu erwähnten Themen schwingen, gern auch mitten im Rettungseinsatz. Das wirkt nicht nur aufgesetzt, sondern drückt den Spannungsfaktor in den Spektakelszenen auch noch derbe nach unten. Zumal dem schreibenden Trio eh nur die abgestandensten Klischees des Katastrophenfilms eingefallen sind: Bei Feuersbrünsten gehen natürlich primär diejenigen drauf, die moralische Schuld auf sich geladen haben – manchmal immerhin mit Wiedergutmachung in Form eines Selbstopfers. Chill hat einen Sohn, der natürlich – Zufall lass nach – genau an jenem Tag mit seiner Schulklasse eine Führung im Kraftwerk macht, mit zwei Kumpels in dessen Fluren verlustig geht und nochmal extra gerettet werden muss.

Und auch die Konstruktion des Katastrophenszenarios schmeißt alles an die Wand, was geht: Neben der Brandkatastrophe droht noch ein Taifun (der aber nur im Dialog erwähnt wird), das Weinanbaugebiet zeichnet sich nicht nur durch seine Nähe zur Gasleitung, sondern auch noch durch ölhaltigen Boden, eine entflammbare Sickergrube und mit Feuer hantierende Anwohner aus, dass man es ja fast an Zurückhaltung grenzt, dass die Autoren nicht noch einen verfluchten Tierfriedhof hinzugefügt haben.

So ist „As the Light Goes Out“ in erster Linie ein Reminder, dass die goldenen Zeiten des Hongkong-Kinos weitestgehend vorbei sind: Das Pathos, das früher dramatisch oder cool inszeniert wurde, wirkt hier nur noch einschläfernd, die Inszenierung ist dröge statt energiegeladen und die handgemachten Schauwerte sind in der Unterzahl, während man oft auf mäßige CGI-Tricks setzt. Dass letztere bei den Hong Kong Film Awards für die besten visuellen Effekte nominiert waren, spricht in dem Zusammenhang leider Bände.

Eine physische Veröffentlichung gibt es von „As the Light Goes Out“ in Deutschland nicht, eine deutsche Synchro auch nicht. Netflix bot ihn eine Weile im O-Ton mit verschiedenen Untertiteln (auch deutschen) an, doch dort wurde er kürzlich aus dem Programm genommen. Es kann natürlich sein, dass Netflix ihn in absehbarer Zeit wieder aufnimmt.

© Nils Bothmann (McClane)

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