Originaltitel: Cek Lo Zin Si__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Marco Mak__Darsteller: Jennifer Tse, Sammo Hung, Andy On, Kang Jiaqi, Ellen Chan, Philip Ng Wan-Lung, Ankie Beilke, Lena Lin, Timmy Hung, Anthony Wong u.a. |
1980 gelingt Interpol unter Führung des Agenten Lung ein gewaltiger Schlag gegen den internationalen Drogenhandel. Freilich können sich die Strippenzieher im Hintergrund derartige Eingriffe in ihr Geschäft nicht bieten lassen. Sie engagieren die zwielichtige Madam Rose, die sogleich ihre Armee an Killern auf Lung ansetzt. Bei einem Familienfest schlagen die Killer zu und meucheln die ganze Familie. Lung entkommt knapp mit dem Leben. Auch seine Tochter Macy überlebt das Gemetzel, wird allerdings von Madam Rose entführt.
15 Jahre später ist Lung längst aus dem aktiven Dienst ausgeschieden. Nach wie vor sucht er nach seiner verschollenen Tochter. Da tritt Interpol erneut an ihn heran. Zahlreiche internationale Drogendealer haben sich in einer neuen Organisation zusammengeschlossen, um die dominierenden südamerikanischen Dealer aus dem Markt zu drängen und um den Drogenhandel in ganz neue Dimensionen zu hieven.
Kaum hat sich Lung hinter den Fall geklemmt, da sterben auch schon die ersten Drogendealer, die in der neuen Organisation die Fäden zogen. Einer der Mörder hinterlässt am Tatort ein blutgetränktes Tuch. Der DNA-Test ergibt: Es handelte sich bei dem Killer um Lungs Tochter Macy!
Action aus den Händen von Corey Yuen
1992 brachte der berühmt-berüchtigte Wong Jing den exploitativen „Naked Killer“ als Drehbuchautor und Regisseur auf die Leinwand. Der wegen seiner Melange aus Gewalt und (züchtiger) Sexualität umstrittene Film geriet zu einem großen Erfolg und zog in der Kronkolonie Hongkong viele ähnlich geartete Filme nach sich. Bei manchen hatte freilich auch Wong Jing seine Griffel im Spiel.
Zehn Jahre nach „Naked Killer“ verantwortete Wong Jing die eigentliche Fortsetzung „Naked Weapon“. Der von Ching Siu-Tung dirigierte Film bot ultrastylische Action an einer arg anstößigen Story. Vor allem der beispiellos fahrlässige, verharmlosende und geschmacklose Umgang mit dem Thema Vergewaltigung brachte dem Film einiges an Ärger ein. Beispielsweise verwehrte ihm die deutsche FSK eine Freigabe. Trotzdem traf der Film wieder einen Nerv und erneut hatte er Folgen. Genannt sei beispielsweise der ähnlich stylische „So Close“.
Wiederum zehn Jahre später kehrte Wong Jing wieder zu seiner „Reihe“ zurück. „Naked Soldier“ setzt überdeutlich auf „Naked Weapon“ auf. Kopiert die Grundidee um die Killerorganisation von Madam Rose 1:1 aus dem Vorgänger und packt drumherum eine reichlich egale Story, die erst einen Drogenkrieg antäuscht und dann unversehens nur noch auf das Familiendrama um Lung fokussiert.
Und das gerät insofern total unspannend, dass der Zuschauer dem wenig komplexen Drehbuch wirklich durchgehend meilenweit voraus ist und sofort weiß, dass hinter der Killerin Phoenix die kleine Macy steckt. Natürlich wird Macy irgendwann entsandt, um ihren Vater zu killen. Natürlich lernt sie dabei dessen Familie kennen und erkennt ihren Vater. Nebenbei verliebt sie sich auch noch in einen jungen Kollegen ihres Vaters. Was dir in den Sinn kommt, wenn du an eine klischierte Story denkst, du kriegst es von „Naked Soldier“.
Und das ist in diesem Fall wirklich wenig erquickend. Wann immer Regisseur Marco Mak seinen Actionregisseur Corey Yuen an die Leine legt, wird es richtig zäh. Langweilig gar. Auch weil Wong Jings Drehbuch rund um die Killerorganisation von Madam Rose diesmal richtiggehend brav und bieder gerät. Es gibt diesmal keine Aufreger, es wird nicht menschenfeindlich wie in „Naked Weapon“. Stattdessen bekommen wir ein wenig Zickenkrieg an mal wirklich extrem ausdruckslosen Gesichtern gereicht.
Obendrein sehen die Killer zumeist aus wie Animefiguren. Total kaputte Frisuren thronen hier über vermeintlich coolen Outfits. Alles an diesen Figuren schreit: Mit denen stimmt etwas nicht. Das ist vermutlich ultra hilfreich, um als Killer unauffällig zu killen. Obendrein bleibt Madam Rose als Anführerin so blass und langweilig, dass „Naked Soldier“ sie kurz vorm Showdown einfach aus dem Film kegelt und mit Anthony Wongs („Ebola Syndrome“) Charakter Power einfach eine komplett neue Figur als Superlump aufbaut.
Darstellerisch macht vor allem Sammo Hung („Dragon Squad“) als Lung seine Sache sehr gut. Nachdem er vor allem zu Beginn deutlich aus dem Film herausgenommen wird, darf er ab der Filmmitte deutlich präsenter auftreten und reißt den Film ziemlich an sich. Da kann die extrem blasse Jennifer Tse als Phoenix / Macy kein Stück mithalten. Teilweise filmt die Kamera gefühlte Ewigkeiten ihr Gesicht, ohne dass man als Zuschauer erkennen würde, was uns Frau Tse gerade zu vermitteln versucht. Ihre Figur kommt infolgedessen nie wirklich im Film an und vor allem die Wiedervereinigung mit ihrem Vater entbehrt wirklich jedweder Emotionalität.
In weiteren Rollen erleben wir unter anderem einen langweiligen Andy On („Abduction“) sowie zahlreiche Damen und Herren, die entweder nur gecastet wurden, um gut auszusehen, oder um sich einen abzuhibbeln und den Zuschauer mit Overacting zu nerven. Glücklicherweise kann ich aber einräumen, dass der abgebrannte Humor nicht zu infantil gerät – eine lächerlich doofe Basketballszene sei mal komplett außen vor.
Dass dieses ganze Gebräu nicht zur Vollkatastrophe gerät, verhindert ein Mann: Corey Yuen („Lethal Lady“). Der besorgte die Actionregie und bekommt hier wirklich einiges zu tun. In hoher Frequenz – einzig im Mittelteil lahmt die Action mal deutlich – gehen die Actionszenen auf den Zuschauer hernieder. Yuen bemüht sich dabei um eine ausgewogene Mischung aus Gunplay und Martial-Arts-Einlagen.
Bei den Martial-Arts-Szenen wird einige Male auch beherzt an den Seilzügen gezogen. Entsprechend leichtfüßig geraten dann auch die Einlagen. Allerdings wird es nie übertrieben. Nur ein Fight einer Killerin gegen einen Muay Thai Fighter ist eine einzige, erstaunlich wuchtlose Flugnummer geworden. Drumherum geht es zwar akrobatisch, aber immer noch halbwegs geerdet wirkend zur Sache. Das Tempo ist hoch, die Bebilderung ist dynamisch und in manchen Szenen wirken die Choreographien so tänzerisch wie zu den besten Zeiten des Hongkong-Kinos.
Die besten Szenen ballen sich dabei im Finale, wenn zum einen Sammo Hung mit seiner Filmadoptionstochter gegen verschiedene Lumpen ran muss und er dabei seine Tochter sogar als Schlaginstrument nutzt. Und zum anderen, wenn Phoenix / Macy gegen ihre Intimgegnerin antritt und beide im Spagat in einer eigentümlichen Apparatur hängend aufeinander eindreschen.
Neben den Handkanten kommen immer mal wieder auch Hieb- und Stichwaffen zum Einsatz. In einer Whirlpoolszene dürfen die sogar splattrige Folgen haben, wenn mittels CGI verdeutlicht wird, dass da gerade eine Wirbelsäule der Länge nach halbiert wird. Insgesamt sind die CGIs aber wenig gelungen, kommen dafür aber durchaus oft zum Einsatz. Auch zahlreiche Glasbruchszenen stammen deutlich sichtbar aus dem Rechner. Genau wie eine große Explosion zu Beginn des Filmes, die extrem hässlich aussieht.
Die Gunplayeinlagen sind insgesamt hübsch umgesetzt und zeitigen immer blutige Wirkung. Zwar setzte man dabei dankenswerterweise auf handgemachtes Geschmodder, nutzte aber kein Fake-Blut, sondern eine Art Pulver. So entstehen zwar immer hübsch wabernde Blutwolken, denen man aber ansieht, das sie eben aus Pulver bestehen und nicht aus einer Flüssigkeit. Wer „Undeclared War“ von Ringo Lam kennt, dem ist der Effekt vertraut, denn auch hier wurde mit diesem Pulver gearbeitet.
Abseits der Action ist der Streifen sauber in Szene gesetzt. Der Versuch, einen gewissen Style zu etablieren, scheint dabei überall durch. Gerade im Vergleich zu etwa „Naked Weapon“ scheint Wong Jing aber diesmal nicht allzu viel Geld locker gemacht zu haben, denn bis auf die teils etwas arg schrillen Outfits hält sich der Film mit echtem Hochglanz deutlich zurück.
„Naked Soldier“ entwickelt keinen rechten Impact
„Naked Soldier“ bietet ein Handlungsgebräu, das nie zu zünden vermag: Ein gewaltiger, nach seiner Einführung sofort egal werdender Drogenkrieg trifft hier auf Comic-Killer und ein halbgares, wenig überzeugendes und gänzlich vorhersehbares Familiendrama. Das wird an dürftigen Dialogen, ebensolchen Schauspielleistungen und bar jedweder Spannung gereicht. Entsprechend mühselig geraten die Momente zwischen den Actionszenen.
Und obschon diese ebenfalls nicht frei von Mängeln sind, wird man zumindest als Actionfan von dem Film ordentlich bedient. Irgendwie fehlt es zwar durchgehend an Härte, die Inszenierung aber fetzt und hat auch wundervoll schlitzohrige Momente zu bieten. Highlight bildet dabei ein gänzlich gewaltloser Essstäbchenfight am Mittagstisch zwischen Lung und seiner Adoptivtochter.
Kurzum: Kann man Fünfe auch mal gerade sein lassen, kommt man als Actionfan mit Herz für das chinesische Kintopp hier vermutlich gut zurecht. Ein Highlight ist uns mit dem nach über zwölf Jahren auch in unseren Breiten endlich veröffentlichten Film bislang aber nicht entgangen.
Die deutsche Blu-ray zum Film erscheint am 22. November 2024 von dem Label TG Vision. Der Film ist ungeschnitten und hat eine Freigabe ab 18 erhalten.
In diesem Sinne:
freeman
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