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Der weisse Büffel

Originaltitel: The White Buffalo__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1977__Regie: J. Lee Thompson__Darsteller: Charles Bronson, Jack Warden, Will Sampson, Clint Walker, Slim Pickens, Stuart Whitman, Kim Novak, John Carradine, Shay Duffin, Cara Williams, Douglas Fowley, Clifford A. Pellow, Ed Lauter, Richard Gilliland, Martin Kove, Ron Thompson, Cliff Carnell u.a.

Der weisse Büffel Banner

Der weisse Büffel

Mediabook Cover D von „Der weisse Büffel“.

Obschon das Weiß vieles Schöne aus dem Reiche der Natur noch veredelt und verfeinert, so als verleihe es ihm etwas ganz Eigenes und Besonderes – wie bei der Marmor, Kamelien und Perlen; […] und obschon es auch für die menschliche Rasse etwas Herausragendes hat, weil es dem weißen Manne den Anspruch auf die ideelle Herrschaft über jeden dunkelhäutigen Stamm verleiht; […] – trotz all der hier aufgehäuften Anklänge an alles, was anmutig und ehrenvoll und erhaben ist, lauert doch in der innersten Vorstellung von diesem Farbton etwas Ungreifbares, das die Seele stärker in Panik versetzt als jenes Rot des Blutes, das soviel Furcht erregt.

– Moby-Dick

Weiß ist nicht nur der Schnee, der in J. Lee Thompsons mystischem Western „Der weiße Büffel“ unentwegt auf Sioux-Land fällt. Auch die Alpträume des Gunslingers Wild Bill Hickock (Charles Bronson) sind vollständig weiß ausgekleidet. Das Letzte, was Hickock sieht, bevor es ihn schweißgebadet aus dem Schlaf reißt, sind die schwarzen Augen des Büffels, vergraben im grellen Licht endlosen weißen Fells.

Im Kampf gegen die inneren Dämonen

Letztmals ging Charles Bronson 1973 im Italo-Western „Wilde Pferde“ derart auf Tuchfühlung mit der Tierwelt. Dabei handelte es sich bereits um einen sentimentalen Abgesang auf den Wilden Westen, besungen von einem Einzelgänger auf der Suche nach innerem Frieden. Nun, da Bronson von der Pferderanch zur Büffeljagd gewechselt ist, ändert sich das Fundament ebenso marginal wie der Darsteller sich je änderte, der Ausdruck hingegen ist durchaus ein völlig anderer. Wo „Wilde Pferde“ einen romantischen Naturalismus walten ließ, um seine Parabel auf die Freiheit zu transportieren, betont durch die Wahrhaftigkeit echter Pferde auf echtem Land, da entsteht diesmal mit verklärender Wirkung ein übernatürliches Ebenbild von Herman Melvilles weißem Wal in Form eines Western-Mythos.

Richard Sale schrieb nicht nur das Drehbuch, sondern auch die zugehörige Romanvorlage. Man könnte sie nun auf konkrete „Moby-Dick“-Einflüsse abklopfen, aber der stark mythologisierte Ansatz von „Der weiße Büffel“ ist sicherlich nicht vollständig zu bewerten, ohne einen Blick auf den Produzenten geworfen zu haben. Dino De Laurentiis saß schon bei „Wilde Pferde“ im Sattel und verhalf seinem Star Bronson anschließend mit „Ein Mann sieht rot“ (1974) zur Blaupause für dessen gesamtes Spätwerk. 1976 wagte er sich an eine Neuverfilmung von „King Kong“. Eine zwölf Meter hohe mechanische Konstruktion sollte das uramerikanische Symbol für den Trick- und Effektfilm schlechthin wiedererwecken.

Wie in einem Traum: Der weisse Büffel und der Lauf in die Ewigkeit

Da passt es zusammen, dass auch der Büffel auf seine Art ein uramerikanisches Symbol ist, das hier ebenso als mechanische Konstruktion zum Leben erweckt wird, mutmaßlich in der Hoffnung, dem Publikum nach „King Kong“ die nächste überlebensgroße Sensation präsentieren zu können, was mit einem echten weißen Büffel, so man einen solchen überhaupt hätte auftreiben können, beziehungsweise einem gewöhnlichen Büffel in der Maske, wie ursprünglich angedacht, wohl kaum möglich gewesen wäre. Der schnelle, desorientierende Schnitt während der On-Screen-Momente des Untiers versucht zwar, die Künstlichkeit ein Stück weit zu zerstreuen, ist aber nie darum bedacht, sie vollständig zu egalisieren; einfach, weil man darum wusste, dass die in Proportion und Bewegung übersteigerte Gestalt den mythologischen Unterbau des Films noch unterstreichen würde.

Wie eine entlaufende Karussellfigur mutet sie letztlich an, von der Regie zum geistlosen Monstrum stilisiert, schnaufend im immer gleichen Galopp, keine andere Richtung kennend als die geradeaus, blind und wütend, machtlos, sich gegen die Einschränkungen der eigenen Mechanik aufzulehnen. Das hat der Zuschauer leicht entlarvt, und doch wird er von der enormen Erscheinung, mal auf die Kamera zurasend, mal das Set zerfetzend an ihr vorbei, nicht unbeeindruckt zurückgelassen; wir haben es schließlich trotz aller Künstlichkeit immer noch mit einer gewaltigen physischen Präsenz zu tun, deren erster Auftritt darin besteht, eine magisch leuchtende Eiswand mit einem Knall in tausend Teile zu zersprengen.

Von diesen besonders andächtigen Momenten abgesehen, ist „Der weiße Büffel“ aber auch sonst durchweg von irrealen Bildern durchsetzt. Die Prärie mit all ihren Wäldern, Höhlen, Hügeln und Ebenen, oft im Studio nachgebildet, sie mutet tatsächlich manchmal an wie das Habitat von Melvilles Pottwal. Mal im braunen Matsch versunken, mal von frischem Schnee überzogen, wechselt sie laufend ihre Struktur, ganz wie es einem Seefahrer mit der Wasseroberfläche auf dem Meer gehen würde.

Ein Saloon wird in seine Einzelteile zerschossen, in einer schummrigen Spelunke kommt es zur heißblütigen Konfrontation. An einem Bach entsteht ein Steinschlag. Ein Mann wird bei Starkregen mitten in der Nacht im Wald aus einer Kutsche gestoßen. Kontrastreiche, manchmal fast willkürliche Eindrücke, die sich zu einer fiebrigen Odyssee verbinden. Einmal gelingt der Kamera eine besonders surreale Portrait-Einstellung Bronsons vor einer Wand aus aschfahlen Büffelknochen, die noch weit über den Bildkader hinausragen. Die Regie ist gespickt mit solchen Bildern halluzinatorischer Qualität, beileibe nicht nur in den beiden Traumsequenzen, aus denen der Revolverheld stets schießwütig erwacht wie eine Figur aus einem Cartoon.

Figuren mit historischen Wurzeln

Bronson indes spielt eine historisch überlieferte Figur, ausgestattet teilweise sogar mit präzise recherchierten biografischen Details, eine Figur aber eben auch, die ganz bewusst nicht biografisch aufgearbeitet, sondern stattdessen in Folklore gewickelt wird. Die Sequenz mit Kim Novak bleibt vielleicht die einzige des Films, die nüchtern, häuslich und fast wie ein Theaterstück daherkommt, derweil sie nicht verstreicht, ohne den Protagonisten psychoanalytisch zu sezieren und ihre Potenz als Ikone des Westens in Frage zu stellen.

Auch „Einer flog über das Kuckucksnest“-Indianer Will Sampson verkörpert mit dem Sioux Crazy Horse eine historische Figur und wird mit Hickock über die kulturellen Barrieren hinweg durch das gemeinsame Ziel verbunden, den Büffel zur Strecke zu bringen, wurde doch seine kleine Tochter von dem Ungetüm zu Tode getrampelt, womit dem Zuschauer bei ihm ein handfestes Motiv geliefert wird, in den Krieg gegen die Bestie zu ziehen – im Gegensatz zu Hickock, dessen Ursprünge der Besessenheit nie ganz aufgeklärt werden. Zum Trio wird der Main Cast durch Jack Warden, der Hickocks besten Freund Charlie spielt. Zwischen diesen drei Figuren und ihrem Umgang miteinander ergibt sich schließlich die Quintessenz des Films irgendwo zwischen Feind-, Freund- und Bruderschaft, Vertrauen, Argwohn und Unabhängigkeit, Furcht, Hass und Liebe.

Themen und Stilmittel

Der Büffel, beziehungsweise dessen Weiß, ist eine nur allzu leicht dechiffrierte Allegorie auf die gewählten Subtexte des Autoren und des Regisseurs um die gewaltsame Besiedlung Amerikas, die durch die dynamischen Wechselwirkungen im Umgang der drei Männer miteinander allerdings vielschichtig geraten. Bei der Wahl der Stilmittel fällt auf, dass Thompson verstärkt mit Split-Diopter-Linsen arbeitet, wie um den unterschwelligen Rassismus zu überwinden und die Figuren, selbst wenn sie durch die Bildtiefe getrennt sind, auf eine gemeinsame Ebene zu stellen. Widersprüche ziehen sich durch die Verhaltensweisen der beiden Trapper und kollidieren mit den bedingungslosen Grundsätzen des Indianers. Gerade Wardens Figur entpuppt sich hier als Zeitbombe, jederzeit dazu in der Lage, den zwischenzeitlichen Frieden zu sabotieren, was die zweite Filmhälfte fast durchgehend mit einer gewissen Spannung unterfüttert.

Dramaturgisch bewegt sich natürlich alles stringent auf den unvermeidlichen Showdown zu, in dem der Büffel noch einmal zu einem letzten Galopp ansetzen darf. Ablauf wie auch Auflösung bergen wenig Überraschungen, sind aber in perfekter Montage fließend auf den Punkt gebracht und führen nach dem Klimax noch zu einem antiklimaktischen Epilog, in dem das Erlebte noch einmal in folgerichtige Konsequenzen übersetzt wird, die kaum Heldenhaftes übrig lassen.

„Der weisse Büffel“: Mehr als nur ein Western mit Tierhorror-Elementen

Schade, dass „Der weiße Büffel“ bis heute als „Weißer Hai im Wilden Westen“ oft eher verspottet als bewundert wird. Der zugegeben formelhafte Aufbau lässt das Vorhaben, eine anderswo erprobte inhaltliche Rezeptur auf ein neues Genre anzuwenden, natürlich wenig subtil wirken, und die hüftsteife Mechanik des künstlichen Büffels scheint dann auch in die Rhetorik eines plumpen B-Movies zu passen. Dabei hat Thompsons Regie eine Menge atmosphärischer Vorzüge, die er zum Teil auch gerade der herrschenden Künstlichkeit zu verdanken hat.

Die Sets strotzen davon, bergen aber zugleich eine Menge Abwechslung und erzeugen über die komplette Laufzeit eine geisterhafte Stimmung. Die drei (mit Kim Novak vier) wichtigsten Darsteller interagieren vorzüglich miteinander und sorgen gemeinsam für durchdringende Intensität, die in einem packenden, wenn auch vorhersehbaren Finale gipfelt. Da bleibt im Grunde als einzige Unebenheit zurück, dass Bronson und Sampson eigentlich viel zu alt wirken, wenn ihre Gesichter im Abspann über den Lebensdaten der historischen Vorbilder sitzen, die besagen: Ermordet mit 39 bzw. 35 Jahren.

7 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von „Der weisse Büffel“

Limited Collector’s Edition #86

Die Glorreichen Sieben“, „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Rivalen unter roter Sonne“… an namhaften Western mangelt es der Filmographie von Charles Bronson wahrlich nicht. „Der weiße Büffel“ gehört da eher nicht dazu. An den vielen TV-Ausstrahlungen liegt das wohl kaum; auch auf Super-8, VHS und DVD machte sich der Streifen in den vielen Jahrzehnten seit der Kinopremiere anno 1977 nicht gerade rar. Angesichts der alles überstrahlenden Klassiker in Bronsons Vita wird sein Kampf gegen den großen weißen Büffel aber wohl immer eher eine Existenz am Rande gepflegt haben. Mit der deutschen Blu-ray-Premiere gibt es daher nun die Chance zur Wiederentdeckung möglicherweise verkannter Qualitäten.

Wicked Vision knüpft damit an die eigene Bronson-Miniserie aus dem Jahr 2018 an, als auf einen Schlag die Blu-ray-Editionen zu „Ein Mann wie Dynamit“ (1983) und „Das Gesetz bin ich“ (1974) erschienen. Und wieder kommt Bronson im Doppelpack, erhielt doch auch „Kalter Hauch“ gerade erst als Nr. 84 Einzug in die „Limited Collector’s Edition“-Reihe. Eine Besonderheit dürfte „Der weiße Büffel“ aber dennoch aufweisen: Es ist zwar nicht der erste Bronson im Bestand von Wicked Vision, aber vermutlich der erste (fast) lupenreine Western überhaupt im kompletten Programm des Labels.

Die Verpackung

Angesichts des sagenhaft hässlichen deutschen Kinoplakats, auf dem der Büffel eher wie ein gehörntes Alpaka mit Aggressionsproblemen wirkt, das von den schlecht einkopierten Hauptdarstellern nur unzureichend verdeckt wird, verwundert die reiche Auswahl an wirklich schönen internationalen Motiven, die es auf die Mediabooks geschafft haben, doch sehr. Ohne auch nur ein Cover neu zeichnen lassen zu müssen, konnten mit dem verfügbaren Originalmaterial vier verschiedene Mediabook-Motive gestaltet werden, auch wenn eines davon mit gewissen Abwandlungen zweimal verwendet wird.

Zu Recht wohlgemerkt, denn viel schöner kann man den Film eigentlich nicht in ein Poster fassen. Von Cover A ist hier die Rede, das offenbar auf dem japanischen Poster basiert. Das Farbraster mit seinen plastischen Verläufen zwischen schneeweiß, eisblau und tiefschwarz gibt die Atmosphäre des Films im Grunde perfekt wieder, und der Büffel wurde vom Künstler nicht einfach nur würdevoll, sondern majestätisch eingefangen, mitsamt der ungezügelten Energie, die er bei seinen Auftritten verströmt. Im Hintergrundpanorama erstrecken sich noch zwei Szenen, ein herannahender Zug sowie der Überfall auf das Indianerdorf mit brennenden Zelten. Der Name des Hauptdarstellers prangt in recht auffälligen Lettern am oberen Rand, unten wiederum hat man sich das einzige gelungene Element des deutschen Posters, den geschwungenen Schriftzug, geborgt, der farblich halb mit dem Hintergrund verschmilzt. FSK-Logo, Infotafel und Banner befinden sich wie gewohnt nur auf einem beigelegten Deckblatt, nicht auf dem Cover selbst.

Ähnlich sieht es mit dem in Natura zur Ansicht vorliegenden Cover D vor, das auf das gleiche Motiv zurückgreift, dieses aber mit dem englischen Originaltitel „The White Buffalo“ kombiniert, der zentriert in drei Zeilen abgedruckt ist – womöglich einen Tick zu groß, weil die Miniatur-Panoramen dahinter bereits verschinden, doch zumindest der Büffel kommt auch hier absolut perfekt zur Geltung. In Hochglanz gedruckt, ist auch dieses Cover ein absoluter Hingucker, wenngleich die A-Variante leichte Vorteile in Sachen Layout genießt und auch am Spine interessanter ausfällt, setzt sich das Farbenspiel des Covers doch hier fort, während der Spine von Cover D klassisch schwarz gehalten ist.

Ebenfalls zur Auswahl steht mit Variante B ein motivisch recht schlichtes Artwork, das den rennenden Büffel auf einer Wiese zeigt, während die Portraits von Charles Bronson und Will Sampson vollständig den Hintergrund ausfüllen. Ausgewertet in vielen unterschiedlichen Ländern, trifft es den mythologischen Aspekt der Geschichte leider nicht so gut und weckt somit eher Erwartungen an einen Film wie „Wilde Pferde“ und ähnliche melancholische Western, wie sie heute jemand wie Kevin Costner inszeniert, insbesondere aufgrund des realistisch bzw. naturalistisch-dokumentarisch anmutenden Stils, der das blühende Leben in der Prärie hervorhebt. Handwerklich ist aber nichts auszusetzen an der Zeichnung; auch hier mutet der Büffel ausgesprochen edel an und auch Bronson / Sampson werden sehr gut getroffen.

Cover C wiederum, ebenfalls ein international geläufiges Plakat und wohl auch dasjenige, das in den USA zentral ausgewertet wurde, betont den monströsen Aspekt des Films, indem es seine Hauptattraktion als außer Kontrolle geratene Furie mit verzerrter Fratze inszeniert, die schon etwas Diabolisch-Ziegenhaftes ausstrahlt. Ferner wird durch die massiven Größenunterschiede zwischen dem Untier und Bronson / Sampson überdeutlich an „King Kong“ gemahnt. Der weiße Rahmen um das Motiv ist Geschmackssache, die aus dem Rahmen tretende Klaue und der Schneeball sorgen aber für einen schönen Räumlichkeitseffekt und immerhin ist auf diese Weise auch ein weißer Spine möglich, der dem „weißen Büffel“ natürlich schmeichelt. Über die Gesamtauflage ließ sich nicht viel herausfinden, die ersten 300 Besteller im Labelshop bekommen (bzw. bekamen?) allerdings eine limitierte und nummerierte Sammelkarte dazu.

Der weisse Büffel Mediabooks

„Der weisse Büffel“ erscheint im Mediabook in vier verschiedenen Cover-Varianten.

Das Booklet

Im Inneren der Verpackung begegnet es uns dann doch wieder, das hässliche deutsche Kinoplakat, ziert es doch das eingeklammerte Booklet, das diesmal 32 Seiten umfasst, auf denen sich Stammautor Christoph N. Kellerbach austoben darf. „Der Tod des Grossen Weissen Traums“, tauft er seinen Text und spielt damit auf das Kernthema des Films an, die Entmystifizierung des Heldentums weißer Eroberer des wilden Westens. Die in etliche Kapitel aufgeteilte Reise führt in von den Biografien Wild Bill Hickocks und Crazy Horses zu Autor Richard Sale, dann weiter zu einer Bestandsaufnahme des amerikanischen Westerns der 60er und 70er Jahre bis hinein in die Produktion und den Release von „Der weiße Büffel“, wobei er zu gleichen Teilen im Rahmen der Branche kontextualisiert als auch auf Details zu den Dreharbeiten eingeht.

Die Übergänge gehen dem Routinier gefühlt diesmal besonders flüssig von der Hand. Aufgrund der schieren Menge der Betrachtungswinkel wird wie zumeist eher eine High-Level-Einordnung geboten; wer daraufhin tiefer ins Detail eintauchen möchte, kann sich bei der auf Seite 24 aufgeführten Liste der genutzten Quellen Inspiration holen. Der gesamte Text wird lediglich durch zwei ganzseitige Portraits von Charles Bronson und Kim Novak unterbrochen, was für einen geschmeidigen Lesefluss sorgt. Ins Auge fällt dabei auch das thematisch passende Hintergrunddesign, bei dem sich am unteren Seitenrand rostbraune Canyons erstrecken. Auf den letzten Seiten folgen noch einige Aushangbilder und Behind-the-Scenes-Fotos sowie Abdrucke der Originalplakate mit dem Motiv von Mediabook Cover C.

Das Bild

Hauptfilm samt Extras werden in der klassischen Aufteilung Blu-ray + DVD geboten, wobei die DVD nicht das gesamte Bonusmaterial abdeckt. Wer einen Blu-ray-Player hat, wird wohl ohnehin im Zweifelsfall zur Blu-ray greifen, zumal man damit besonders von der Neuabtastung des Bildes profitiert. Schon auf dem Deckblatt der Edition wird man darüber informiert, dass diese in 2K vom 35mm-Interpositiv vorgenommen wurde. Ein durchgehend homogenes Erlebnis wird dabei schon durch die stark unterschiedlichen Abschnitte des Films verhindert.

Tag- und Nachtszenen, Schneegestöber und Trockenheit, magisches Leuchten und nüchterne Blockhütten, Studiokulissen und Außenaufnahmen, all das sorgt für unterschiedliche Bedingungen, die es schwer machen, ein allgemeingültiges Urteil zu fällen. Durch die Kontraste von dunklen Hintergründen und weißen Flächen (Schneedecke, Büffel) kommt es oftmals zu Blur-Effekten, auch die Körnung wird durch diese Kontraste begünstigt. Bei gleichmäßigeren Lichtverhältnissen wird eine solide Schärfe erreicht. Von einer Offenbarung möchte man nicht sprechen, aber es gelingt recht einfach, in die traumartige Welt des Films einzutauchen.

Der Ton

Auch eine Restauration des deutschen Tons wird auf dem Deckblatt bereits geteasert. Dessen Highlight ist aber ohnehin die überaus prominent besetzte Synchronisation. Wenn Arnold Marquis (Bronson) und Edgar Ott (Sampson) ihren Palaver beginnen, könnte man glatt meinen, Bud Spencer und Obelix würden da Blutsbruderschaft schließen… wobei man sich darüber streiten kann, ob Marquis‘ zweifellos einzigartiges Organ nicht ein wenig zu knarzig und expressiv klingt für den stets introvertiert wirkenden Bronson. Der DTS-HD-Monoton transportiert die Stimmen sowie Musik und Effekte mit der Färbung diverser schnell und heiß abgekurbelter Italowestern jener Zeit, in denen ohnehin jeder Darsteller im Originalton sein eigenes Süppchen kochte. Hier hingegen gibt es auch einen „echten“ englischen Originalton im gleichen Format wie die deutsche Tonspur mit den typischen Unterschieden bei den Klangeigenschaften, die meist in einer leiseren, dynamischeren und organischeren Abmischung liegen.

Alternative Fassungen

Exklusiv auf der Blu-ray findet man außerdem eine „alternative HD-Restaurierung“ des kompletten Films mitsamt aller verfügbarer Tonspuren. Woher diese stammt, bleibt ein wenig unklar; die Unterschiede zumindest für den Laien ebenfalls. Es wäre möglich, dass hier und da einige Filter anders gesetzt sind; man meint manchmal eine leicht abgewandelte Farbgebung und Abweichungen in Körnung und Kontrasten zu erkennen, aber letztlich ähneln sich beide Fassungen doch relativ stark.

Deutlich mehr Unterschiede zur Hauptfassung findet man in der ebenfalls auf Blu-ray enthaltenen dreiteiligen Super-8-Fassung, die noch in den 70er Jahren als Heimmedium erschienen war. Die Gesamtlaufzeit macht hier nur gut die Hälfte der Hauptfassung aus, wobei die Essenz der Handlung weitestgehend intakt bleibt; die Komprimierung des Schnitts auf das Wesentliche darf als gelungen bezeichnet werden. Diese Fassung kommt in einem etwas „quadratischeren“ Format als die Hauptfassung (ca. 1,70:1) und liegt als nicht restaurierte Fassung mit verfälschten Farben und massiven Mängeln in Sachen Schärfe vor, so dass man sich noch einmal so fühlen darf, als hätte man im Keller noch ein altes Band gefunden.

Die Audiokommentare

Zu den besonders nahrhaften Extras gehören immer die Audiokommentare, von denen es zwei auf die Discs geschafft haben. Einer stammt von Filmhistoriker Paul Talbot und stand bereits auf der amerikanischen Kino-Lorber-Disc von 2023 zur Verfügung. Talbot ist nicht nur Autor einiger Bücher zu Charles Bronson, sondern auch ein selbsterklärter Bronson-Maniac, wie er gleich in den ersten Sekunden klarstellt. Dementsprechend tief reichende Hintergründe zum Film, zum Hauptdarsteller, zu jeglicher Art von Kontext sind zu erwarten. Der Redefluss entspricht in etwa dem Voice-Over einer Dokumentation, inklusive dramaturgischer Pausen etwa beim Übergang zwischen zwei Szenen. Diese geskriptete Form eines Audiokommentars ist sicherlich nicht jedermanns Sache, das durchaus motivierte Auftreten des Sprechers und seine Kompetenz als Spezialist für das Sujet macht dieses Feature aber überaus wertvoll, weshalb es auch sehr schön ist, dass der Kommentar über eine optionale deutsche Untertitelspur verfügt.

Etwas freier und spekulativer geht es im deutschen Kommentar zu. Der harte Kern um Dr. Gerd Naumann, Christopher Klaese und Matthias Künnecke lädt ein weiteres Mal zu einer Gesprächsrunde ein, nur dass sie diesmal noch einen Spezialgast eingeladen haben: Sebastian Haselbeck, Betreiber der „Spaghetti Western Database“, hier also mal auf einem Auswärtsspiel im amerikanischen Western. Es ist nicht so, dass dem Trio nicht auch alleine reichlich eingefallen wäre zu einem Film wie diesem, doch Haselbeck bereichert die Runde durchaus mit einer eigenen Perspektive und einem Wissensschatz, der denjenigen der Gastgeber, so umfangreich er auch bereits ist, noch einmal erweitert.

Der Diskurs bewegt sich dennoch an den klassischen Rändern entlang: Genre-Einordnung (wie viel Western ist in diesem Western?), Bronson-Einordnung (wie typisch ist seine Rolle in „Der weiße Büffel“?), mediale Einordnung (welche Einflüsse lassen sich in der Produktion finden?). Dabei kommen wie gewohnt überaus spannende Schlussfolgerungen zutage, und nach so vielen gemeinsamen Sitzungen möchte man sich am liebsten selbst in die Runde setzen, um die Schlussfolgerungen mitzuformen.

Weitere Extras

Während die Kommentare auch auf der DVD abgespielt werden können, ist die Featurette „Looking Back“ wieder nur auf der Blu-ray enthalten. Das 2004 aufgenommene und 2024 neu editierte Material zeigt ein Interview mit Kim Novak, die in rund 12 Minuten einen kurzen Abriss ihrer Schauspielkarriere liefert. „Der weiße Büffel“, obgleich gegen Ende kurz als Poster eingeblendet, kommt dabei allerdings nicht zur Sprache; vielmehr spricht sie über ihre Erfahrungen etwa mit Otto Preminger („Der Mann mit dem goldenen Arm“) oder Alfred Hitchcock („Vertigo“) und erläutert an einzelnen Beispielen, was sie bei der Zusammenarbeit mit diesen Regisseuren gelernt hat.

Abgerundet wird das Paket durch den englischen Originaltrailer, vier am Stück ablaufende TV-Spots und eine Bildergalerie mit mehr als 70 Bildern. Einem durchaus verkannten Juwel seiner Zeit ist damit fürs Erste hoffentlich wieder Genüge getan.

Sascha Ganser (Vince)

Bildergalerie zu „Der weisse Büffel“

Der weisse Büffel

Alpträume in Weiß.

Der weisse Büffel

Bei Kim Novak kommt Charles Bronson einmal kurz zur Ruhe.

Der weisse Büffel

Tausche Donnerbüchse gegen Vertrauen.

Der weisse Büffel

Eine riesige weiße Wand aus Büffelknochen zeugt vom Verbreitungsdrang weißer Siedler.

Der weisse Büffel

Razzia nach Brosnan-Art.

Der weisse Büffel

Whiskey wurde im Wilden Westen stets mit Blei bezahlt.

Der weisse Büffel

Wurm (Will Sampson) beschwört den großen Manitou, um wieder Crazy Horse werden zu dürfen.

Der weisse Büffel

Ein letzter Ritt.

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Categorised in: Creature Feature, Reviews

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