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Crime Zone – Die Hölle auf Erden

Originaltitel: Crime Zone__Herstellungsland: USA/Peru__Erscheinungsjahr: 1988__Regie: Luis Llosa__Darsteller: David Carradine, Peter Nelson, Sherilyn Fenn, Michael Shaner, Orlando Sacha, Don Manor, Francisco Giraldo, Clare Beresford, Diana Quijano u.a.
Crime Zone

In „Crime Zone“ von Luis Llosa kämpft eine Liebespaar in einer düsteren Zukunft für sein Glück

In seinen späteren Karrierejahren entdeckte Produzent Roger Corman („Piranhas“) zwar nicht mehr ganz so viele Regietalente vom Kaliber eines Joe Dante oder eines Ted Demme, förderte aber unter anderem den Peruaner Luis Llosa, der nach vier Corman-Produktionen erst den gut gelittenen B-Reißer „Sniper“ und dann die Hollywoodfilme „The Specialist“ und „Anaconda“ drehte. Der zweite gemeinsame Film von Corman und Llosa ist „Crime Zone“.

Angesiedelt ist das Ganze in einer dystopischen Zukunft, mit Anklängen an Klassiker wie „Blade Runner“, „Die Klapperschlange“ und „RoboCop“, nur eben einige Budgetetagen tiefer. In der Stadt Soleil herrscht die Polizei mit eiserner Hand in den verarmten und verwahrlosten Straßen, was man im Action-Auftakt aus erster Hand sehen kann. Einem gesuchten Verbrecher wird bei seinem Raubzug aufgelauert, es kommt zu einer Schießerei, in der die Cops den Mann trotz Verlusten lebend haben wollen. Das hat jedoch wenig mit Humanismus zu tun, wie man später erfährt: Dem Mann wird öffentlich der Prozess gemacht, die Hinrichtung live übertragen, zur Bespaßung und Einschüchterung der Massen.

In dieser Welt ist der Mensch wenig wert, wie Gesetzeshüter Bone (Peter Nelson) feststellen muss, der zur untersten der vier festgelegten Gesellschaftsschichten gehört. Wegen seiner rebellischen Attitüde wird er entlassen, was fast schon passend ist: Er und seine Kumpels Creon (Michael Shaner) und J.D. (Don Manor) nennen sich selbst die Fuck-Ups. Nicht nur Aufsässigkeit ist verboten, auch Beziehungen und nicht genehmigter Sex ist für die Angehörigen der niedersten Kaste tabu, die lediglich ins „House of Pleasure“, also den Puff, gehen dürfen. Hier trifft Bone auf die Prostituierte Helen (Sherilyn Fenn), von der schnell fasziniert ist, ebenso wie sie von ihm. Ein klassisches Dystopie-Motiv: Die Protagonisten, die gegen die rigiden Regeln des Systems verstoßen, das sie, ihre Freiheit und/oder ihr Leben bedroht.

Ein Leben außerhalb von Soleil scheint für die beiden die einzige Möglichkeit zu sein ihre Liebe zu leben, doch die Hoffnung darauf scheint vergebens, bis der geheimnisvolle Jason (David Carradine) an sie herantritt. Die beiden sollen einen Raub für ihn begehen, im Gegenzug will er ihnen die Flucht und ein neues Leben ermöglichen. Doch nicht alles läuft nach Plan…

Schaut euch den Trailer zu „Crime Zone“ an

Crime Zone

Wer ist Jason (David Carradine) und was hat er vor?

Dass Llosa inszenatorisches Talent besitzt, sieht man „Crime Zone“ an, denn trotz des sichtbar knappen Budgets besitzt der Film durchaus Atmosphäre. Gedreht wurde zwar bevorzugt in Hinterhöfen und Lagerhallen, einige futuristische Karren sind lediglich alte Straßenkreuzer mit zusätzlichen Aufbauten, doch „Crime Zone“ besitzt Flair als Low-Budget-Variante der eingangs genannten Vorbilder. Ein häufig angewendeter Trick ist der, dass Llosa seine Helden gern als dunkle Schatten vor einer gleißend hellen Lichtquelle erscheinen lässt, oft wird zudem mit der Nebelmaschine eine unwirtlich-futuristische Atmosphäre erzeugt. Auch eine Passage auf dem Flughafen kurz vor Schluss gewinnt durch Dauerregen an Dramatik und Flair – jedenfalls mehr als es das Script aus der Feder von Daryl Haney („Freitag, der 13te – Jason im Blutrausch“) liefern kann.

Schreiberisch macht „Crime Zone“ nämlich wesentlich weniger her, selbst für B-Verhältnisse. Dabei könnte man die Unoriginalität noch halbwegs verzeihen: Haney bedient sich nicht nur bei Sci-Fi- und Dystopie-Klassikern, die zentralen Motive vom Liebespaar, das sich aus Not in Verbrechen verstrickt, und vom großen Coup, der ein besseres Leben garantieren soll, wurden schon damals seit Jahrzehnten durch verschiedene Genres durchexerziert. Leider bekommt die Geschichte keinen Rhythmus, die mäßig interessante Exposition dauert fast ein Drittel der Spielzeit und oft wirkt die Abfolge der Geschichte eher vom Drehbuch forciert als organisch. Etwa wenn Jason um mehr Zeit bittet und das Duo zu einem weiteren Coup anstiftet, bei dem es sich aber nur um einen simplen Raubüberfall handelt, während sie beim ersten Bruch noch hochsensible Daten stehlen mussten. Einige Plottwists gegen Ende lassen manches klarer erscheinen, wirken gleichzeitig aber reichlich konstruiert. Noch dazu wirkt die Welt von „Crime Zone“ nicht immer schlüssig, da das Drehbuch lauter Sachen anreißt, aber nie ausführt, etwa warum sich viele Reiche der Stufe 4 in Schlafkammern einfrieren lassen oder warum Sex für Niederklassige nur in Form von Prostitution erlaubt ist.

Crime Zone

Helen (Sherilyn Fenn) will dem trostlosen Dasein als Prostituierte entfliehen

So bleibt „Crime Zone“ auch eher zäh und spart über weite Strecken mit entsprechenden Schauwerten. Die wenigen Schlägereien sind mäßig choreographiert, der erste Coup des Paares läuft vergleichsweise einfach, auch wenn die rotierende Flammenkammer ein ganz netter Einfall ist. Erst später geht die Action-Formkurve hoch: Eine Flucht plus Shootout nach dem Überfall sorgt für nettes Geballer, später stehen eine ordentliche Autojagd und kleinere Kampfhandlungen auf dem Plan. Wahrscheinlich aus Budgetgründen sieht man in den Schießereien oft keine Treffer, sondern die Gegner liegen in der nächsten Einstellung tot am Boden, sodass sich Llosa die blutigen Einschüsse dann für die Szenen aufspart, wenn es handlungsrelevante Figuren trifft und die Dramatik höher ist. Hin und wieder patzen Ausleuchtung und Schnitt etwas, doch insgesamt lässt sich an der Action Llosas Händchen für Spektakel ebenfalls ablesen, auch wenn er es hier noch nicht so groß ausleben darf.

Mit Peter Nelson („Silk 2“) hat „Crime Zone“ einen eher mittelmäßigen Schauspieler in der Hauptrolle, der seine Sache weder besonders schlecht noch besonders gut macht. Sherilyn Fenn in ihrer Prä-„Twin Peaks“-Karrierephase ist ganz okay, aber auch weit von einer Karrierehöchstleistung entfernt. B-Star David Carradine („Cannonball“) schüttelt den Part als geheimnisvoller, begrenzt vertrauenswürdiger Auftraggeber dafür locker aus dem Ärmel. Für weitere Akzente sorgt Michael Shaner als durchgeknallter Kumpel mit bösartiger Ader – Shaner kennt man vor allem als Möchtegern-Selbstmörder aus „Lethal Weapon“, sonst eher ein Mann für B-Filme wie „Angelfist“, „Mission Open Fire“ oder den hier.

„Crime Zone“ besitzt durchaus Atmosphäre und einige ganz solide Actionparts, doch Llosas Inszenierung kommt nicht gegen Haneys Script an, das kaum Spannung aufbaut und eher wie eine Abfolge von Szenen denn wie eine richtige Geschichte mit Dramaturgie wirkt. Für das sichtbar knappe Budget hat „Crime Zone“ durchaus Flair, gehört aber für keinen der Beteiligten zu den Karrierehighlights.

In Deutschland ist „Crime Zone“ bisher nur auf VHS bei MGM/UA erschienen, ungekürzt ab 18 Jahren freigegeben. In den USA gibt es ihn auf Blu-Ray im Double Feature mit „Futurekick“, außerdem kann man ihn aktuell beim werbefinanzierten Streamingdienst Plex sehen.

© Nils Bothmann (McClane)

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