Originaltitel: Hounds of War__Herstellungsland: USA/Malta__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Isaac Florentine__Darsteller: Frank Grillo, Robert Patrick, Rhona Mitra, Leeshon Alexander, Matthew Lane, Lee Charles, Eskindir Tesfay, Mike Möller, Yvonne Mai, Joey Ansah u.a. |
In unserem Interview mit Mike Möller, das wir 2014 anlässlich seines Regie-Debüts „Street Gangs“ mit ihm geführt haben, gab der deutsche Martial Artist an, dass er gerne mal mit Isaac Florentine („Savate“) arbeiten würde. Er kannte den Regisseur zu diesem Zeitpunkt bereits näher, stand im regen E-Mail-Austausch mit ihm und durfte ihn und Scott Adkins am Set von „Ninja“ besuchen. Er schloss seine Ausführungen zu Florentine mit: „Wenn irgendwann das richtige Projekt zur richtigen Zeit kommt, werden wir bestimmt auch einmal zusammenarbeiten.“
Jetzt ist es soweit: „Hounds of War“ führt Mike Möller und Isaac Florentine zusammen. Und Mike hat eine durchaus große Rolle abbekommen. Er darf zum einen Hauptdarsteller Frank Grillo gut aussehen lassen und zum anderen selbst ordentlich austeilen. Worum geht es?
Ryder ist sauer. Jahrelang hat er für die amerikanische Regierung jeden noch so schmutzigen Job erledigt. Doch heute liegt er auf dem Dach eines Hauses und legt mit einem Scharfschützengewehr auf den Präsidenten der Vereinigten Staaten an. Ein Schuss bricht und der Präsident sackt zusammen.
„Hounds of War“ springt nun sechs Monate in der Zeit zurück und zeigt auf, was Ryder zu diesem wahnwitzigen Anschlag bewegte.
Actionthriller von Isaac Florentine mit Frank Grillo, Robert Patrick und Mike Möller
Im weiteren Verlauf der Story erfahren wir von einem blutig ausufernden Einsatz und Verrat, der bis in die höchsten Kreise reicht. Das ist alles nicht neu, wird hier aber mit Schmackes und mit Sinn für Spannung erzählt. Und obschon das Drehbuch von Jean Pierre Magro früh verrät, wer hier der eigentliche Fieswicht ist, schadet diese Entscheidung dem Streifen und seiner Spannung null. Denn die scheinbar simple Story legt nicht sofort all ihre Karten offen auf den Tisch.
So schleichen sich, sobald die Handlung wieder in der Jetztzeit angekommen ist, zahlreiche undurchschaubare Momente unter. Die halten das Interesse am Film mühelos aufrecht und werden auch schlüssig, aber etwas naiv wirkend, aufgelöst. Zudem hat der Film einen sehr coolen Moment, wenn Ryder erklärt, er wolle nicht die offensichtlichen Lumpen stellen, sondern das System dahinter zerlegen. Tough!
Der Verlauf der Story sorgt dafür, dass sich „Hounds of War“ in seinem Verlauf leicht wandelt. Vom geradlinigen Actioner zum Thriller wird. Das dürfte bei manchem Actionfan für ein langes Gesicht sorgen, denn der wie die Feuerwehr loslegende Actioner setzt im Finale lieber auf Heist-Movie-Elemente denn auf einen fetten Showdown mit durch die Luft sirrenden Projektilen. Mich persönlich störte dies null, da ich voll im Film investiert war und mich von ihm in seinen beiden Stadien hervorragend unterhalten fühlte.
Doch keine Angst, vor dem Finale darf es einige Male ordentlich rumpeln. Das Herzstück bildet dabei eine direkt zu Beginn sehr lang zelebrierte Actionszene. Diese bebildert den handlungsauslösenden schiefgehenden Einsatz, der Ryder so auf die Palme bringt. In einem ehemaligen Hotelkomplex wird eine Menge geballert und mehrere Charaktere dürfen ihre Martial-Arts-Fähigkeiten auspacken. Blut spritzt, die Lage eskaliert munter vor sich hin und Gut wie Böse beißt ins Gras. Das einzige Manko an der Szene: Die Explosionen haben – den ganzen Film hinweg – keinerlei Wucht, muten gar unfreiwillig trashy in ihren Verpuffungen an.
Sämtliche weitere Actionszenen sind in ihrer Laufzeit deutlich kleiner skaliert, weniger aufwändig und mehr auf Martial Arts fokussiert. Hier haut Isaac Florentine gemeinsam mit seinem Action-Choreografen und Second Unit Regisseur David Wald aber dennoch auf die Pauke. Wald bringt mit Florentine tolle Fights auf den Weg, die auf realistische Move-Sets setzen und entsprechend zackig und direkt rüberkommen. Natürlich darf ein Mike Möller auch mal abheben, ansonsten ist aber auch er sichtlich dazu angehalten, vor allem Power-Moves abzufeuern.
Das fühlt sich alles schön wuchtig an und hat Druck unterm Pony. Interessant sind kurze Momente, in denen dann die Cutter des Streifens Jump-Cuts in den Bewegungsabläufen setzen, was die Action noch schneller wirken lässt. Weitere „Undisputed“-Highlight-Reels sollte man sich jedoch nicht erwarten, dafür aber Fights, die vielen aktuellen amerikanischen B-Movies mühelos eine lange Nase drehen. Und sogar Frank Grillo („King of Killers“) darf hier aussehen, als könne er richtig gut hinlangen. Auch weil sich etwa Mike Möller mal ordentlich von ihm herumwerfen lässt.
Frank Grillo macht derweil als Darsteller einen guten Job. Er hat seine triviale Rolle im Griff und geht glaubwürdig als Held der Chose durch. Die bereits erwähnte Wandlung des gesamten Filmes kommt auch ihm und seiner Figur entgegen. In weiteren Rollen überzeugen Robert Patrick („Dark Asset“) und Rhona Mitra („The Last Ship“). Mit Mark Strange („Avengement“) und Joey Ansah („The Old Guard“) sind zudem zwei versierte Martial Artists aus Großbritannien am Start. Blöderweise überleben beide die erste Actionszene nicht, in der zudem nur Ansah austeilen darf. Schade.
Inszenatorisch liefert Isaac Florentine hier mit seinem Kameramann Ericson Core („Point Break“) einfach nur ab. Beide haben ganz offensichtlich einen Narren an dem wunderschönen Schauplatz Malta gefressen und zelebrieren ihn in herrlichen Bildern. In der Action bleibt „Hounds of War“ immer übersichtlich und wirkt trotz flotten Schnittes nie unübersichtlich oder hektisch. Klasse fand ich zudem den Score. Der erinnerte mit seinen mahlenden Themen immer mal wieder an Guy Ritchies aktuellen Stammkomponisten Christopher Benstead. Das beste Stück haben die Komponisten Vlad Vilnyy, Evgenii Wick und Nick Ostwind für das Aufrüsten vor dem schiefgehenden Einsatz geschrieben. Das haut richtig rein.
„Hounds of War“ ist Isaac Florentines Visitenkarte für groß budgetierte Action
Für mich ist „Hounds of War“ in Sachen Story-Entwicklung, dem Unterhaltungsgrad sowie seinem Look und Feel Isaac Florentines bislang mainstreamtauglichste Arbeit. Mit diesem Film dürften auch Filmfans glücklich werden, die mit den bisherigen Arbeiten Florentines im Verbund mit dem neuesten Martial-Arts-Star „XYZ“ nichts anfangen konnten. „Hounds of War“ holt seinen Regisseur aus der Nische und empfiehlt ihn für höhere Weihen.
Natürlich gehen dadurch einige Ecken und Kanten von Isaac Florentine verloren. So hat er schon weit spektakulärere Action abgeliefert und zugunsten des Unterhaltungsfaktors gerne mal auf Logik, Physik oder Ernsthaftigkeit gepfiffen – was immer charmant-unterhaltsam rüberkam. Dennoch ist dieser Film meines Erachtens ein wichtiger Schritt für seinen Regisseur – egal wie nachhaltig er letzten Endes aufgrund des ohnehin darbenden Genres ausfällt. Das Beste: „Hounds of War“ ist obendrein ein enorm kurzweiliges Vehikel mit schönen Bildern, guten Darstellern und feiner Action. Wobei letztere gerne noch zahlreicher auf den Zuschauer hernieder gehen hätte dürfen.
In diesem Sinne:
freeman
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„Hounds of War“ kommt nicht an Florentines Großtaten heran
Nach seiner späten Berufung als Actionstar ist Frank Grillo ausgesprochen umtriebig im Genre, veröffentlicht mehrere Titel im Jahr. So führte ihn das Arbeitspensum auch mit Isaac Florentine zusammen, mit dem er „Hounds of War“ drehte.
Es beginnt unvermittelt: Eine Spezialeinheit, aus der Ferne dirigiert von Colonel Hart (Robert Patrick), sucht nach einem Verdächtigen, dem ehemaligen Elitesoldaten Ryder Hart (Frank Grillo). Das vermeintliche Versteck ist leer, der Gesuchte hat nur eine Nachricht hinterlassen. Ryder legt derweil mit einem Scharfschützengewehr auf den US-Präsidenten Lane (Matthew Marsh) an, der gerade auf Staatsbesuch in Malta ist, und drückt ab. Eine kleine Überraschung, dass die wahrscheinliche Hauptfigur, gespielt vom Star des Films, ein Attentat verübt, doch der folgende Film ist der Erklärung dafür gewidmet.
Die Handlung springt also ein halbes Jahr in die Vergangenheit. Ryder ist einer jener Profis im Ruhestand, die noch einmal für eine letzte Mission zurückkehren, in diesem Fall an der Seite seines Bruders. Der Bruder hat eine schwangere Freundin, was den Gesetzmäßigkeiten des Action- und Kriegsfilms folgend natürlich ein Todesurteil für ihn ist. Also entpuppt sich die Black-Ops-Mission, eine unsanktionierte Jagd auf den Terroristen Khalid (Sinclair Mifsud), auch als Falle, bei der die gesamte Söldnertruppe bis auf Ryder draufgeht. Verantwortlich ist Hart, der einen Kuhhandel mit dem Terroristen im Sinn hat, erst eine Bedrohung kreiert und den Übelwicht dann darauf aufmerksam macht.
Dementsprechend sinnt Ryder auf Rache an den Verantwortlichen, allen voran Colonel Hart. Er sucht seine Ex-Freundin Selina (Rhona Mitra) auf, die nicht nur medizinisch beschlagen ist, sondern auch über ein Hauptquartier in einer Bar und ein paar Handlanger verfügt, um seinen Plan in die Tat umzusetzen…
Dank Steuervergünstigungen ist Malta derzeit ein beliebter Drehort, von Hollywoodproduktionen wie „Jurassic World – Ein neues Zeitalter“ bis zu B-Movies wie „Accident Man 2“. Dementsprechend spielen große Teile der Handlung von „Hounds of War“ dort, mit kleinen (meist eher vergessenswerten) Abstechern an andere Schauplätze wie London, zumindest behaupten dies die Ortseinblendungen. Wahrscheinlich war es die Hauptaufgabe für den wenig beschlagenen Drehbuchautor Jean Pierre Magro („Just Noise“) einen internationalen Polit-Actionfilm zu schreiben, der trotzdem möglichst viel auf Malta spielt. Wobei die politischen Ansprüche von „Hounds of War“ eher gering sind, es geht halt um Dunkelmänner in Geheimdienstreihen, die so gut wie gar nicht erläuerte Geschäfte mit einem generischen Terroristen machen, der aber keine bedeutende Rolle mehr spielt, nachdem man Ryders Team ausgelöscht hat.
Auch sonst rumpelt das Script eher stockend voran, während der Malen-nach-Zahlen-Plot abgespult wird. Eigentlich bereitet Ryder nur den Coup vor, von dem man bereits einen Teil in der Auftaktszene sieht, gepolstert wird das Ganze durch Füllmaterial, immerhin teilweise aus dem Actionbereich wie bei einer Barschlägerei oder einem Fight gegen betrügerische Geschäftspartner. Dass es sich bei Selina um jene große Liebschaft handelt, mit der es damals nichts wurde, und dass die beiden sich wieder näherkommen, gehört ebenso zu den Standards des Klischeedrehbuchs wie das Schicksal des Oberschurken Hart, bei dessen Ableben man sich direkt an zig andere (bessere) Actionfilme wie „Eraser“ erinnert fühlt. „Hounds of War“ wird zwar von Isaac Florentine („Seized“) zwar mit etwas Tempo inszeniert, schleppt sich aber durch seinen von A bis Z vorhersehbaren Plot ohne große Spannung aufzubauen.
Immerhin kann man an den Actionszenen erkennen, dass mit Florentine ein Könner auf dem Regiestuhl sitzt, der noch dazu auf die Expertise von Kameramann Ericson Core („Point Break“), Stunt Coordinator Russel MacLeod („The Queen Mary“) und Action Choreographer David Wald („The Forever Purge“) zurückgreifen kann. Die Auslöschung von Ryders Team ist ein brauchbares Shootout, könnte hier und da allerdings etwas übersichtlicher und weniger dunkel in Szene gesetzt sein.
Spätere Actionsequenzen sind da deutlich dynamischer, vor allem die Nahkämpfe, in denen Mike Möller („The Last Kumite“) als einer von Selinas drei Handlangern ordentlich zulangen darf. Auch seine beiden Kompagnons Lee Charles („One Shot“) und Eskindir Tesfay („Schneeflöckchen“) besitzen ordentlich Stunt- und Fight-Erfahrung. Zu seinen Hongkong-Style-Wurzeln kehrt Florentine zwar nicht mehr zurück, aber die Fights haben ordentlich Druck. Das Ganze gipfelt dann im finalen Coup, in dem unter anderem Vehikeljagd zwischen einem Krankenwagen und Verfolgerautos absolviert werden muss – schade nur, dass es keinen Endfight oder einen ähnlichen krönenden Abschluss innerhalb des Finales gibt.
Neben Florentine lässt dann auch die Besetzung zumindest teilweise über das uninspirierte Script hinwegsehen. Frank Grillo („Lights Out“) ist ja ein alter Profi darin gealterte Profis zu spielen, agiert als tough-desillusionierter Einzelkämpfer mit Charisma, sodass seine Figur über das holzschnittartige Profil des Drehbuchs hinauskommt. Robert Patrick („What Josiah Saw“) als eiskaltes Ekel von Schreibtischtäter ist ein weiterer großer Gewinn für den Film, Rhona Mitra („Hard Target 2“) zementiert ihr Image als toughe Actionlady mit einer soliden Performance. Der Rest hat darstellerisch kaum etwas zu tun und ist dementsprechend unprominent besetzt.
So bleibt „Ninja – Pfad der Rache“ weiterhin der letzte echte Kracher von Florentine, wenn man „Undisputed IV“ nicht mitzählt, bei dem er gerüchteweise wesentlich mehr als nur der Produzent war. „Hounds of War“ profitiert von seinem sicheren Gespür für Actionszenen ebenso wie von den drei Leads und der hübschen Malta-Location, findet allerdings keinen guten erzählerischen Rahmen dafür: Die Geschichte ist generisch, ausgelutscht und reichlich egal, ein lustlos geschriebenes Mittel zum Actionzweck, doch so häufig rummst es dann leider nicht, um das vergessen zu machen.
„Hounds of War“ ist aktuell kostenpflichtig im Stream bei Plattformen wie Amazon zu sehen und erscheint am 4. Oktober 2024 bei Leonine auf Blu-Ray und DVD, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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